# taz.de -- Evangelischer Kirchentag in Nürnberg: „Olaf, tu doch endlich was“
       
       > Bundeskanzler Scholz tritt beim Kirchentag auf. Und muss Kritik an der
       > Politik der Ampel-Koalition bei Klima, Krieg und EU-Asylreform aushalten.
       
 (IMG) Bild: „Fossiler Kanzler“: Klimaaktivistinnen suchen beim Kirchentag den Klimakanzler Scholz
       
       Nürnberg taz | Ein paar Plakate, einige Zwischenrufe: Der kurze Auftritt
       von Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstag beim evangelischen Kirchentag in
       Nürnberg wird nicht nur mit Applaus quittiert. Insgesamt ist das Publikum
       dem ersten konfessionslosen Kanzler aber eher gewogen: In der vollbesetzen
       Frankenhalle im Messezentrum in Nürnberg gibt es einigen Zwischenapplaus.
       Teenies sind enttäuscht, dass sie keine Scholz-Selfies bekommen.
       
       Viel Zeit mit dem Bundeskanzler ist insgesamt auch nicht vorgesehen: In
       einem schnellen 45-Minuten-Podium unter dem Titel „In bewegten Zeiten
       gemeinsam gestalten“ spricht Scholz mit Zeit-Journalistin Tina Hildebrandt
       in rapidem Tempo über Klimaschutz, Krieg in der Ukraine und Kirche. Auch
       zum gerade [1][beschlossenen verschärften EU-Asylrecht] äußert sich Scholz
       nach Nachfragen aus dem Publikum: Der „Gesinnungsethiker“ in ihm stelle
       sich jeden Tag die Frage: „Was schulden wir uns einander als Menschen?“
       Dazu gehöre für ihn selbstverständlich der „Schutz des Asylrechts für
       Menschen, die vor politischer Verfolgung fliehen müssen“, sagt Scholz.
       
       Bei der am Donnerstag beschlossenen Verschärfung des Asylrechts ginge es um
       Solidarität unter den EU-Ländern. Es müsse ein „Solidaritätsmechanismus“
       etabliert werden, in dem Staaten wie Deutschland Flüchtlinge aus den
       Grenzstaaten übernehmen, dort dafür aber alle registriert werden. Die
       EU-Innenminister*innen hatten sich in ihrer Einigung auf Verfahren an der
       EU-Außengrenze verständigt, die dem [2][eigentlichen Asylantrag
       vorgeschaltet] werden.
       
       Vor allem beim Kirchentag, zu dem auch etliche Menschen kommen, die sich in
       Initiativen für Geflüchtete engagieren, kommt das verschärfte Asylrecht
       nicht gut an. Zuhörer*innen halten Schilder mit der Aufschrifft
       „Barmherzigkeit statt Festung Europa“ hoch.
       
       Und Scholz? Der SPD-Mann verteidigt in Nürnberg die neue Regelung als
       „fair“. Das jetzige System sei weder gut für die Schutzsuchenden, die sich
       auf gefährliche Routen begeben, noch für die beteiligten Länder.
       Gleichzeitig befürwortet Scholz auch die Pläne für Grenzverfahren, die dazu
       führen sollen, dass Menschen ohne Schutzberechtigung in der EU schnell
       wieder zurückgeschickt werden: „Zu diesen Regeln gehört selbstverständlich,
       dass wir Verfahren etablieren, in denen wir prüfen: Kann jemand bleiben,
       weil er Schutzgründe hat oder nicht? Und das wir jemanden, der diese
       Schutzgründe nicht vorbringen kann, auch sagen müssen: Du musst wieder
       zurückgehen.“ Nur so könne man das Asylrecht schützen, sagt der Kanzler.
       
       ## Windkraftanlagen – auch in Bayern
       
       Beim Klimaschutz lobt Scholz die Arbeit seiner Regierung und spricht vom
       „ehrgeizigsten Modernisierungsprogramm“ auf dem Weg zur Klimaneutralität
       2045. Zum Erreichen der Klimaziele brauche es nach Aussagen von Scholz 40
       Fußballfelder Solaranlagen pro Tag in Deutschland und tausende Kilometer
       Stromleitungen von Nord nach Süd. Außerdem, und da konnte sich der Kanzler
       einen Seitenhieb auf das Kirchentag-Gastgeberbundesland nicht verkneifen:
       täglich fünf bis sechs neue Onshore-Windkraftanlagen: „Auch ein paar in
       Bayern wären schön.“
       
       Vor dem Auftritt des Kanzlers hatten Fridays-for-Future-Aktivist*innen vor
       der Messehalle protestiert und gesungen: „Olaf, tu doch endlich was.
       Klimakrise wird sonst ziemlich krass.“ Auf die Frage von Moderatorin
       Hildebrandt, ob Scholz zur Klimaneutralität sagen würde „Wir schaffen das“,
       zögerte der Kanzler keine Sekunde: „Wir werden es hinkriegen.“
       
       ## Waffenlieferungen werden beklatscht
       
       Wie schon andere Politiker*innen auf dem Kirchentag bekräftigt auch
       Scholz, dass Waffenlieferungen an die Ukraine geboten seien – damit das
       Land seine Integrität verteidigen könne: Grenzen dürften nie wieder mit
       Gewalt verschoben werden, so Scholz. Auf Zwischenrufe aus dem Publikum, die
       „Verhandeln, Herr Scholz!“ fordern, erwidert der Kanzler, dass er mit dem
       russischen Präsidenten Putin viel und lange gesprochen habe. Und er das
       auch „demnächst“ wieder tun werde. Allerdings müsse man sich fragen: „Wer
       verhandelt mit wem und worüber?“ Eine Verhandlungsvoraussetzung für einen
       „fairen Frieden“ sei, dass Russland seine Truppen zurückzieht.
       
       Unverändert bleibt für ihn die wichtigste Aufgabe, eine weitere Eskalation
       im Krieg zu verhindern „Es war und ist richtig, dass wir bei allem, was wir
       tun, abgestimmt handeln. Dass wir jeden Schritt überlegen und dass wir
       keine Alleingänge machen. Diesem Prinzip haben wir uns von Anfang an
       verpflichtet gefühlt“, sagt Scholz mantraartig.
       
       Der 38. Deutsche Evangelische Kirchentag wird am Sonntag zu Ende gehen. Am
       Abend wird es ein Gespräch mit Außenministerin Annalena Baerbock und dem
       ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck geben. Auch dort werden die
       Themen Krieg und Klimakrise im Fokus stehen.
       
       10 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Linda Gerner
       
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