# taz.de -- Straßenbahnstrecke zum Ostkreuz: Die Tram kommt – in Zeitlupe
       
       > Der Neubau einer Straßenbahn-Teilstrecke in Friedrichshain zieht sich wie
       > Kaugummi: Die erneute Auslegung der Unterlagen verspätet sich noch mehr.
       
 (IMG) Bild: Noch ist für die Tram nicht der Zug abgefahren
       
       Berlin taz | Der Bahnhof Ostkreuz ist einer der deutschen Bahnhöfe mit den
       meisten Halten: Fern-, Regional- und S-Bahn-Züge stoppen hier. Die
       Anbindung an den Nahverkehr in Form von Straßenbahn und Bus ist dagegen
       ziemlich bescheiden: Auch noch lange nach der Sanierung des Knotenpunkts
       müssen Fahrgäste mehrere hundert Meter bis zu den nächsten Haltestellen in
       der Boxhagener und der Marktstraße laufen. Ändern soll sich das durch die
       Verlegung der Tramlinie 21. Die verliefe dann durch die Friedrichshainer
       Sonntagstraße und führte direkt am Bahnhof vorbei.
       
       Allerdings scheint ein Fluch auf diesem scheinbar simplen Projekt mit rund
       1,2 Kilometern Neubaustrecke zu liegen. War die Inbetriebnahme irgendwann
       einmal für 2016 vorgesehen, steht nun sogar das aktuelle Zieljahr 2026 auf
       der Kippe. Denn die mittlerweile dritte öffentliche Auslegung der
       Planungsunterlagen verzögert sich immer mehr.
       
       Laut Antwort der Senatsmobilitätsverwaltung auf eine Anfrage des
       verkehrspolitischen Sprechers der Linksfraktion, Kristian Ronneburg, wird
       es nun frühestens nach Ende der Sommerferien soweit sein. Auf der Seite der
       Verkehrsverwaltung ist immer noch die Ankündigung zu lesen, die Dokumente
       würden im vierten Quartal 2021 (!) ausgelegt.
       
       Dass die Beteiligung der Öffentlichkeit überhaupt ein drittes Mal notwendig
       wird, liegt daran, dass nach der ersten Auslegung Anfang 2018 fast 900
       Einwendungen eingingen – vor allem unter Bezug auf den Lärmschutz. Wie die
       Verwaltung unter der damaligen Senatorin Regine Günther (Grüne) dann
       feststellen musste, waren viel mehr Menschen von der neuen Streckenführung
       betroffen, als das ursprüngliche Lärmschutzgutachten angenommen hatte.
       Unter anderem, wie es hieß, wegen „zahlreicher Nachverdichtungen durch den
       Ausbau von Dachgeschossen“.
       
       Die zweite Auslegung fand dann Anfang 2021 statt. Leider hatte sie
       rechtlich keinen Wert, denn wie sich später herausstellte, fehlten
       Unterlagen in der Onlineversion. Dass die dritte Runde immer noch auf sich
       warten lässt, liegt auch an zwischenzeitlich aufgetauchten und nun immerhin
       fast gelösten Problemen: Aus Sicht der Feuerwehr hätte es zu wenig Platz
       für Rettungsarbeiten in der schmalen Sonntagstraße rund um die geplante
       Tramhaltestelle gegeben.
       
       Laut der Antwort an Ronneburg hat die BVG nun zwei Varianten mit der
       Feuerwehr abgestimmt – eine „Portallösung mit einer festen Stromschiene“ im
       Bereich der Haltestelle und eine zweite mit einer „fest verspannten
       Fahrleitung mit einer Abschaltautomatik“. Die Senatsverwaltung bevorzugt
       Letzteres.
       
       ## Mobilisierte BürgerInnen
       
       Aktuell prüft die BVG nach eigenen Angaben noch eine Variante der
       Streckenführung, „die den Eingriff in den Baumbestand weiter reduzieren
       kann“. Sollte die Auslegung tatsächlich noch im dritten Quartal dieses
       Jahres erfolgen, wird es aber wohl auch diesmal zu vielen Einwendungen
       kommen – in der Sonntagstraße mobilisiert eine BürgerInneninitiative seit
       Jahren gegen das Projekt.
       
       Linken-Politiker Ronneburg sieht sogar noch ein weiteres Problem aufziehen:
       „Pleiten, Pech und Pannen im Planungsverfahren können dazu führen, dass die
       Altstrecke kurz vor ihrer Stilllegung für viel Geld erneuert werden muss“,
       sagte er dem Neuen Deutschland. Die Altstrecke auf der Boxhagener Straße
       ist nämlich stark abgenutzt und sollte idealerweise bis zur Eröffnung der
       neuen Trasse durchhalten. Laut der Antwort auf seine Anfrage sieht die BVG
       die Betriebssicherheit nur noch für drei Jahre gesichert, „soweit nicht
       Materialermüdungen bzw. andere Faktoren diese Zeitspanne verkürzen“.
       
       Regelrecht aufgebracht ist Jens Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbands
       IGEB. Der taz gegenüber sagte er, er habe in den vergangenen Jahren den
       politischen Willen vermisst, die Neubaumaßnahme wirklich voranzutreiben.
       Gegen die „Not in my backyard“-Mentalität vieler AnwohnerInnen hätte er
       sich ein „entschlossenes Vorgehen der beiden Herrmanns gewünscht“. Er könne
       sich nicht erinnern, dass Monika oder Clara Herrmann, die vorige und die
       aktuelle grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, auf
       einer öffentlichen Veranstaltung Klartext pro Straßenbahn geredet hätte.
       
       Der Bezirk solle sich nicht damit rausreden, dass in diesem Fall die
       Landesebene die Entscheidungen trifft, so Wieseke. Mehr politischer Druck
       könne immer etwas bewegen. Dass die neue Strecke bei vielen AnwohnerInnen
       unbeliebt sei, sehe er auch – „aber es geht um zehntausende Menschen, die
       von einer wesentlich besseren Anschließung profitieren werden.“
       
       2 Jun 2023
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Straßenbahn
 (DIR) Friedrichshain-Kreuzberg
 (DIR) BVG
 (DIR) Verkehrsplanung
 (DIR) Straßenbahn
 (DIR) Straßenbahn
 (DIR) Straßenbahn
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Straßenbahn in Berlin: Ausgerumpelt
       
       In Friedrichshain wurde eine Tramlinie gekappt, weil bei der Neuplanung
       alles schiefgelaufen ist. Aber der Ausbau des Straßenbahnnetzes lahmt
       ohnehin.
       
 (DIR) Straßenbahn zum Ostkreuz: Tram-Planung dreht die vierte Runde
       
       Mit der neuen Trasse zum Bahnhof Ostkreuz ist es wie verhext: Den vielen
       Pannen bei der Öffentlichkeitsbeteiligung gesellt sich nun eine neue hinzu.
       
 (DIR) Verlängerung der M10: Party-Tram nach Moabit
       
       Ab Samstag fährt die Straßenbahn M10 nach Moabit. Das Projekt blieb im
       Zeit- und Kostenrahmen, trotzdem kommt der Ausbau des Tramnetzes nur zäh
       voran.
       
 (DIR) Die Tram soll durch den Görli rollen: Nicht in meiner Grünanlage
       
       Pläne zur Trassenführung der M10 zum Hermannplatz liegen endlich vor. Sie
       sorgen schon mal für Ärger. Erst 2028 soll die Tram nach Neukölln fahren.