# taz.de -- Uraufführung im Deutschen Theater: Mit Dirk Nowitzki aus der Krise
       
       > Bei der Berliner Uraufführung von "Dirk und ich" kommen sich Theater und
       > Sport ganz nahe. Oft geht das schief, aber dieses Mal nicht.
       
 (IMG) Bild: Flucht in den Sport: Schauspieler Marcel Kohler bei der Aufführung „Dirk und ich“
       
       Das ist dann wohl so, wenn man ein großer Mensch ist. Es ist dem großen
       Menschen ja anzusehen, dass er groß ist. Deswegen kommt das Wort
       „eigentlich“ ins Spiel. Und weil klar ist, dass es eigentlich alle wissen
       wollen, lautet die Frage, die einem großen Menschen immer wieder gestellt
       wird: „Du bist das bestimmt schon oft gefragt worden, aber wie groß bist du
       eigentlich genau?“ 2,03 Meter. So groß ist Marcel Kohler, der Schauspieler,
       dessen „Dirk und ich“ gerade im Deutschen Theater Berlin zur Uraufführung
       gekommen ist.
       
       2,13 Meter misst Dirk Nowitzki, der in dem Stück zum Begleiter Kohlers
       wird. Basketball auf der Bühne? Sport im Theater? Es geht nicht immer gut,
       wenn sich die Kultur ein Stück vom Ruhm des Sports abschneiden möchte, um
       zu zeigen, dass man auch im Theater weiß, dass es noch andere große Bühnen
       gibt, die Sports zum Beispiel. Wie es gehen kann, zeigt Marcel Kohler bei
       seiner Show über Angstzustände, die sich zu wahren Depressionen auswachsen
       können.
       
       Wer Basketball-Fan ist, einer, [1][der vielleicht durch Dirk Nowitzki] die
       bunte Welt der National Basketball Association kennengelernt hat, der sich
       deshalb die Videos ansieht, in denen die besten Szenen seiner Karriere
       zusammengeschnitten sind, der die Statistiken kennt, weiß: dass der große
       Deutsche insgesamt 31.560 Punkte in der NBA erzielt hat, dass er 2011 die
       Dallas Mavericks als bester Spieler der Finalserie zum Titel geführt hat.
       Der mag sich wundern, was Kohler alles über Dirk Nowitzki erzählt. Weiß man
       doch, wird er sagen.
       
       Doch man ist ja im Theater. Und es soll ja unter Theaterbesuchern durchaus
       Menschen geben, die nicht nächtelang Playoff-Spiele live verfolgen. Solchen
       Leuten erklärt Kohler dann mal eben, was DAZN eigentlich ist, jene
       Streaming-Plattform, [2][die er als Netflix für Sport] bezeichnet. Und er
       schafft es, von Basketball unbefleckten Menschen Tränen in die Augen zu
       treiben, wenn er das Video zeigt, in dem Doc Rivers, der Trainer der
       gegnerischen Los Angeles Clippers, eine Auszeit nimmt, um das Publikum in
       Dirk Nowitzkis Abschiedssaison zu Standing Ovations für den blonden Riesen
       zu bewegen. Was für eine Ehrerweisung!
       
       ## Die Bühne des Lebens
       
       [3][Sport im Theater?] Ja, so kann es gehen. Auch wenn es eigentlich darum
       nicht geht. Es geht um psychische Probleme. Kohler erzählt von einem tiefen
       Loch, in das er gefallen ist. Er kann nicht mehr. Liegt tagelang im Bett,
       hat Angst davor einzuschlafen, weil er denkt, wenn er jetzt die Augen
       schließe, dann wache er nie mehr auf.
       
       Dann holt er sich Dirk Nowitzki in sein Zimmer. Wird zum Fan, als dessen
       Karriere fast zu Ende ist. Schreibt den Basketballer, dem er nie begegnet
       ist, in sein Leben ein und zieht sich all die Videos rein, die diejenigen,
       welche schon immer Nowitzki-Fans waren, in- und auswendig kennen. Ist das
       ein Symptom seiner Krankheit? Oder weist ihm Nowitzki den Weg aus der
       Krise? Haben sie gar etwas gemeinsam? Dirk und er?
       
       Das Theater und die Sportarena sind gewiss ähnlich, der Druck, da bestehen
       zu müssen, vielleicht vergleichbar. Aber da ist noch die Bühne des Lebens,
       der niemand entfliehen kann. Der Supermarkt kann zur Bühne werden, auf der
       man sich beobachtet fühlt, wenn man dies und das in den Einkaufswagen legt.
       Trainieren, an sich arbeiten, Dinge wiederholen, die man nun wirklich kann.
       Ja, das braucht es. Und vor allem die Erkenntnis, dass es schon in Ordnung
       ist, wenn man Selbstzweifel hat. So hat Dirk Marcel Kohler geholfen. Und
       dessen Stück mag vielleicht jemandem helfen, der es sieht.
       Motivationstheater mit Sport. So kann es gehen.
       
       31 May 2023
       
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