# taz.de -- Underground-Festival im Berliner Club: Landpartie in der Stadt
       
       > Beim „Down by the River“-Festival im Garten des Berliner Clubs About
       > Blank darf man sich nicht nur am Grün freuen.
       
 (IMG) Bild: Chill-Musik mit Chillera im Grünen
       
       Schön, wenn es mal raus aus der Stadt und runter zum Fluss geht – und das
       Schöne an der Stadt wiederum ist, dass man dafür gar keine langen Wege
       bewältigen muss. Liegt in Berlin alles immer nur ein paar Fahrradminuten
       entfernt.
       
       Wobei man jetzt doch zugeben muss, dass da auch das Metaphorische hilft.
       Runter zum Fluss geht es hier eben mit dem „Down by the River“-Festival,
       Tummelplatz für den musikalischen Underground Berlins.
       
       Nicht zuletzt wegen Corona musste es die vergangenen Jahre pausieren, und
       noch länger ist es her, dass das Festival tatsächlich direkt am Fluss
       stattgefunden hat: auf dem [1][Gelände der Bar 25], einem recht bekannt
       gewordenen Feierplatz an der Spree. Längst ist der Geschichte, heute steht
       da mit dem [2][Holzmarkt ein „Kreativdorf“]. Und das „Down by the
       River“-Festival ist weitergezogen und hat seinen Namen einfach behalten,
       selbst wenn im About Blank, dem jetzigen Festivalort am Ostkreuz, weit und
       breit kein Fluss zu sehen ist.
       
       Raus aus der Stadt ist der Club eigentlich auch nicht, auch wenn die sich
       hier im Wildwuchs aus Brache, Gewerbe und Wohnen städtebaulich in einer
       recht unentschiedenen Gemengelage zeigt. Noch. Passiert man aber das
       Gebäude des Clubs, steht man hinten plötzlich in einem verwunschenen Garten
       mit verschlungenen Wegen.
       
       Bänke laden zum Verweilen ein und dem Spiel der Sonne mit den Schatten der
       Sträucher und Bäume zuzuschauen. Vögelgezwitscher mischt sich mit der Musik
       von der Bühne. Eigentlich erwartet hier sowieso niemand, jetzt die
       musikalisch aufregendste Zeit seines Leben zu erleben. Entspannt schlendert
       man übers Gelände und einigt sich auf Entschleunigung. Ein sonniger
       Nachmittag, die Ahnung einer Landpartie in der Stadt.
       
       ## Sand in der Nase
       
       Wenn man wirklich was mäkeln will: dass der Sand auf den verschlungenen
       Wegen zwischen dem Grün doch arg aufgewirbelt wird und sich dann in der
       Nase sammelt, wenn die Kinder darüber hinwegtoben. Aber bitte: wo sonst
       kann man mit Kindern auf ein Konzert, wo nicht erst eine musikalische
       Krabbelgruppe eingerichtet werden muss?
       
       So toben die Kleinen eben durch den Garten oder hören einfach der
       freundlich dahinträumenden Musik von Chillera zu, ein mit Surf und Dub
       gefütterter Instrumentalrock. [3][Die drei jungen Musikerinnen] kommen
       eigentlich aus Odessa, und in Berlin haben sie zwischenzeitlich einen
       sicheren Platz gefunden. Das eine ist die Musik, dieser im Bandnamen
       bereits angedeutete, entspannte Groove. Das andere die Situation in ihrer
       ukrainischen Heimat mit dem Krieg. Natürlich wird er von ihnen
       thematisiert. Beides muss auch an so einem sonnigen Nachmittag
       zusammengehen.
       
       Danach gibt es einen herrlich windschiefen Do-it-yourself-Pop zu hören, der
       mit exaltiertem Girlgroup-Gesinge und Artrock so zwanglos Reigen tanzt,
       dass man bei den [4][drei Musikerinnen von Halfsilks] schlicht aufhorchen
       muss und eine ziemlich aufregende musikalische Zeit erlebt – wie auch bei
       den vier Musikern von Noj, die ihren gitarrenkreischen Postpunk-Krach mit
       einem toll gelangweilten Rebel-without-a-cause-Jungsblick servieren.
       
       „Endlich mal wieder eine richtig schlecht gelaunte Band“, meint ein
       Bekannter. Auch eine Haltung für einen sonnigen Nachmittag. Außerdem geht
       es im About Blank bereits auf den Abend zu. Und die Zukunft ist mau: Da
       soll bald Schluss sein, Verkehrsminister Volker Wissing von der FDP will es
       so. Für die umstrittene [5][Verlängerung der Stadtautobahn A 100] ist der
       Club im Weg.
       
       ## Schreiend gute Laune
       
       Vor dem Heimweg schaut man kurz auf den Garten und steht draußen. Zwei
       Ecken weiter wird an einer riesigen Baustelle „Raum für New Work“ beworben.
       „Keine Stadt, sondern eine Lebenseinstellung“, steht am Bauzaun.
       
       Die sich den Spruch ausgedacht haben, wissen natürlich auch, dass mit dem,
       was da hinterm Zaun entsteht, genau diese Einstellung herausgescheucht
       wird. Immer mehr Menschen auf den Straßen, unterwegs mit dem „Jetzt muss
       doch was passieren“. Schreiend gute Laune. Bierbikes. Draußen brüllt die
       Stadt.
       
       8 Jun 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Montagsinterview/!5180915
 (DIR) [2] /Spreeufer-fuer-alle/!5602246
 (DIR) [3] https://www.discogs.com/de/artist/5982581-Chillera
 (DIR) [4] https://kitchenlegrecordsberlin.bandcamp.com/album/halfsilks-cupid-operations
 (DIR) [5] /Protest-gegen-Bau-der-A-100-in-Berlin/!5917062
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Mauch
       
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