# taz.de -- Anklage gegen Trump: Der Rückhalt bröckelt
       
       > Die Anklage gegen Trump zeigt: Das US-Rechtssystem funktioniert, die
       > Vorwürfe sind gravierend. Die mediale Aufregung in den USA hat jedoch
       > etwas Zwanghaftes.
       
 (IMG) Bild: Trump vor Gericht am Dienstag in New York City
       
       Donald Trump irrt, wenn er behauptet, die Ermittler machten die USA mit
       ihren Ermittlungen und jetzt ersten Anklagen gegen ihn zu einem
       „Dritte-Welt-Land“. Das Gegenteil stimmt. [1][Dass ein Gericht in New York
       einen Ex-Präsidenten wegen Fälschungen und anderer Straftaten] mit dem
       Zweck der Verschwörung gegen die Wähler angeklagt hat, zeigt, dass die
       Justiz es geschafft hat, unabhängig zu bleiben.
       
       Die Anklage zeigt auch, dass sich die USA seit den 70er Jahren
       weiterentwickelt haben. Damals bekam der Ex-Präsident Richard Nixon, der
       das Land belogen hatte und der bei der Vertuschung von Straftaten erwischt
       worden war, von seinem Nachfolger Gerald Ford eine komplizenhafte
       Begnadigung.
       
       Ein Unterschied zwischen Nixon und Trump ist auch, dass Trump nicht
       zurückgetreten ist, als sein Amtsenthebungsverfahren unvermeidlich wurde.
       Trump blieb und verschlimmerte seinen Fall, indem er seine Anhänger am 6.
       Januar 2021 zu verfassungsfeindlichen Aktivitäten gegen Wahlen aufrief, die
       er verloren hatte. Als Quittung bekam er ein zweites
       Amtsenthebungsverfahren. Sowie ein Zerwürfnis mit seinem Amtsnachfolger.
       
       Aber auch zahlreiche Demokraten und moderate Republikaner irren, wenn sie
       jetzt meinen, die 34 Straftaten, die Trump in New York vorgeworfen werden,
       seien ein „zu schwacher Fall“. Sollte sich bewahrheiten, dass Trump
       Dokumente über Schweigegeldzahlungen gefälscht hat, um die Wähler zu
       manipulieren, ist das schwerwiegend. In den strafsüchtigen USA kommen
       Menschen wegen deutlich geringerer Straftaten für Jahre hinter Gitter.
       
       Es kommt hinzu, dass die Anklagen in New York möglicherweise auch die
       Ermittlungen über andere mutmaßliche Straftaten von Trump beschleunigen.
       Trumps Versuche, die Wahlbehörden in Georgia unter Druck zu setzen,
       zusätzliche Stimmen für ihn zu finden, gehören zu den schwersten Vorwürfen.
       Unbedingt gerichtlich untersucht gehören auch seine Rolle beim
       gewalttätigen Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und seine Mitnahme
       vertraulicher Geheimdokumente aus dem Weißen Haus nach Mar-a-Lago.
       
       [2][Auch die Medien irren], wenn sie glauben, sie könnten mit Trumps
       Anklage in New York wieder an ihre hohen Klickraten aus seiner Amtszeit
       anknüpfen. Viele Medien waren sich nicht zu schade, live zu übertragen, wie
       er in Florida ins Flugzeug stieg, wie seine Maschine abhob, wie sie flog
       und wie sie in New York landete. Sie setzten dieses unterirdische Niveau
       von Berichterstattung fort, als sie Trumps Autofahrt von seinem Turm zum
       Gericht per Luftaufnahm live übertrugen.
       
       ## Nur wenige Fahnenschwenker für Trump
       
       Dennoch halten sich die Sympathiekundgebungen für Trump in Grenzen. Als
       Lippenbekenntnis verurteilen zwar fast alle Republikaner, denen jemand ein
       Mikrofon vor den Mund hält, die Anklagen gegen Trump. Aber selbst in der
       Trump-Hochburg Florida waren die Fahnenschwenker am Straßenrand dünn gesät.
       In Trumps Geburtsstadt New York standen am Morgen seiner Anklagen neben
       Hunderten von Kameraleuten aus aller Welt nur zwei erkennbare
       Unterstützerinnen vor seinem Turm. Als einziges Requisit hatten sie eine
       alte Fahne aus seinem vorletzten Wahlkampf von 2016. Vor dem Gericht setzte
       sich das Bild fort. Nur ein paar Dutzend Trump-Unterstützer erschienen dort
       am Dienstag, um ihm den Rücken zu stärken.
       
       Die Kehrtwende spiegelt sich auch in den Finanzen. Trump sagt, dass er in
       den ersten 24 Stunden nach der Verkündung der kommenden Anklage 4 Millionen
       Doller als Spenden bekommen habe. Das ist eine stolze Summe Geld. Aber im
       Verhältnis zu den Spendengeldern in zweistelliger Millionenhöhe, die sein
       stärkster innerparteilicher Widersacher Ron DeSantis seit März eingenommen
       hat, nimmt sich diese Unterstützung mickrig aus.
       
       Die Zahlen auf der Straße und bei den Geldflüssen zeigen, dass Trump
       allenfalls noch die Zuwendung [3][eines Teils seiner radikalen Basis
       genießt]. Viele gewählte Politiker der Republikaner sowie finanzstarke
       unternehmerische Geldgeber, die 2024 wieder einen republikanischen
       Präsidenten wollen, haben sich von Trump abgewandt. In DeSantis haben sie
       einen gefunden, der politisch mindestens ebenso reaktionär ist wie Trump,
       aber persönlich weniger laut scheppernden Ballast hinter sich herzieht.
       
       5 Apr 2023
       
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