# taz.de -- Sharon Stone, Streiks und Campino: Die Grünen und die Ratte Sachzwang
       
       > Grün ist eher ein Gefühl als eine Politik. Und Punk ist nicht erst seit
       > Campinos Frack, sondern schon seit Helmut Schmidt tot.
       
 (IMG) Bild: In so einem Koalitionsausschuss gibt es Sachzwänge, wenn man mitreden will
       
       Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Zur Osterwoche kein „Spiegel“-Titel über Jesus.
       
       Und was wird besser in dieser? 
       
       „Spiegel“-Titel nagelt Grüne ans Kreuz.
       
       [1][Der König kam], sprach im Bundestag und fuhr mit dem ICE. Welchen
       Eindruck hat Deutschland wohl bei Charles III. hinterlassen? 
       
       Dafür müsste ich Hoheit in den Kopf gucken können. Bin sicher, seit Monty
       Python nichts so Lustiges mehr gesehen zu haben.
       
       Dem Koalitionsausschuss [2][ist das Klimaschutzgesetz von 2019 zum Opfer
       gefallen]. Was bleibt noch von grünen Inhalten in der Ampel außer
       Waffenlieferungen an die Ukraine? 
       
       Grün ist eher ein Gefühl als eine Politik. In Kommunen und Ländern haben
       und nutzen Grüne Macht; im Bund läuft ihr moralischer Rigorismus der alten
       Ratte Sachzwang in die Zähne. Rot-Grün wurde abgewählt, nachdem Trittin
       Atomausstieg und Dosenpfand durchgeschädelt hatte. Heute müssen sie sich
       wieder entscheiden, ob sie etwas erreichen – oder einfach gut aussehen
       wollen.
       
       [3][Im Tarifstreit des öffentlichen Diensts] von Bund und Kommunen wird es
       bis Mitte April keine Arbeitsniederlegungen mehr geben, solange wird
       geschlichtet. Hätten ein paar Streiktage mehr diesem Land nicht ganz gut
       getan? 
       
       Ich kann’s kaum abwarten. Was man Anfang 2022 für einen Euro gekauft hat,
       wird Ende 2023 ca. 1,13 Euro kosten. Die Forderung der Gewerkschaften –
       10,5 Prozent, mindestens 500 Euro – bleibt also noch unter dem
       Kaufkraftverlust. In Worten: Es würde für etwas weniger Geld gestreikt. Die
       Arbeitgeber schlagen dagegen fünf Prozent auf zwei Jahre vor, plus
       Einmalzahlungen. Vermutlich, weil Krankenpfleger und Müllfahrerinnen
       schuld sind am Erdgasfiasko und dem Ukraine-Krieg. Dagegen hat man sich bei
       der Post bereits auf ca. eine rote Null geeinigt: 11,5 Prozent auf zwei
       Jahre. Die Frage scheint weniger, ob das ein allseits fairer Abschluss ist,
       und mehr: Wie viel rituellen Radau beide Seiten aufführen, bevor sie es
       zugeben.
       
       Für ihre [4][Rolle in „Basic Instinct“] bekam Sharon Stone 1992 nach
       eigenen Angaben eine halbe Million Dollar. Ihr Mit- und Gegenspieler
       Michael Douglas habe 14 Millionen verdient. Ist die Welt seitdem gerechter
       geworden? 
       
       Ja, sagt Sharon Stone – ein bisschen. Beim Dreh „expliziter Szenen“ sei sie
       die einzige Frau am Set gewesen und habe die Garderobiere zu ihrem Schutz
       mitgebeten. Nach dem Erfolg wollte sie Regie führen – die Studiobosse
       hätten sie ausgelacht. Beides sei heute anders. Bleibt der Gender Pay Gap,
       auch wenn man abzieht: Douglas war ein Megastar, für Stone war es der
       Durchbruch. Kein Produzent wird die Gage einer Newcomerin hochverhandeln,
       doch Stones Beispiele zeigen: Es lässt sich etwas bewegen.
       
       Das Bild von Campino im Frack und mit Franziska Giffey beim Dinner für die
       Royals sorgte für Aufregung. Ist Punk jetzt endgültig dead? 
       
       Ja, seit 2015, da starb Helmut Schmidt. Eine Cola, ein Kaffee, zwei
       Gletscherprisen und ’ne Reyno-Menthol in einer achtminütigen
       „Tagesthemen“-Schalte. Und dann erst mal Moderator Wickert ob seiner
       inkompetenten Fragen zusammenfalten: Das war Punk. Schmidt galt vielen als
       Law-and-order-Ikone, interessant war jedoch, wie er sich dahin flegelte. Er
       war innerlich frei, und wenn Campino das mit seinem Frack für sich sagt:
       welcome.
       
       Am 1. April vor einem Jahr [5][konnte die ukrainische Armee Butscha
       befreien]. Welche Rolle spielen die dort verübten Massaker der russischen
       Streitkräfte für die Wahrnehmung des Krieges? 
       
       Für viele die Enthüllung dessen, was bis dahin geahnt wurde: So ist Krieg.
       Dieser wird allseits „embedded“ berichtet, und wieder können wir nur ahnen,
       wie viele Butschas wir noch sehen werden. Butscha galt als point of no
       return, als moralischer Abgrund, jenseits dessen es keinen Ausgleich mehr
       geben konnte. Auch das ist an Butscha zum Verzweifeln: Es ist ein Grund für
       und gegen den Krieg.
       
       20 Jahre nach dem Ende des Irak-Krieges hat der US-Senat für eine
       Streichung der rechtlichen Grundlage für den Militäreinsatz gestimmt. Ist
       das Hohn oder der Lauf der Demokratie? 
       
       Vorsorge. Auf dieser Grundlage ließ Präsident Trump vor drei Jahren den
       iranischen General Soleimani bei Bagdad per Drohne ermorden. Offenbar hält
       Bidens Administration so etwas für mindestens so möglich wie Trump.
       
       Und was machen die Borussen? 
       
       Nee klar, 0:3 nach 27 Minuten, und im Phoenix-See ist ein russisches U-Boot
       aufgetaucht. Hab den Aprilquark keine Sekunde geglaubt und freue mich aufs
       Bayern-Spiel. Die machen wir fertig.
       
       Fragen: waam 
       
       Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und Realist.
       
       2 Apr 2023
       
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