# taz.de -- Museum in Hamburg-Billwerder: Mehr als nur Anstrich
       
       > Das Deutsche Maler- und Lackierermuseum zeigt über 900 Jahre Geschichte
       > des Handwerks. Und ist dabei fast ein Kunstmuseum.
       
 (IMG) Bild: Erst landwirtschaftliches Anwesen, dann Wohnhaus: das Museum befindet sich im „Glockenhaus“
       
       Hamburg taz | Dass das Maler- und Lackiererhandwerk eine sehr künstlerische
       Tradition hat, wird bei einem Rundgang durch das [1][Deutsche Maler- und
       Lackierermuseum in Hamburg-Billwerder] schnell deutlich. „Man hat damals
       wirklich das Malen gelernt“, sagt Ulrich Seiss, stellvertretender
       Vorsitzender des Fördervereins des Museums. Filigrane Zeichnungen in
       Ausbildungsunterlagen aus dem Jahr 1600, große Wandgemälde als Vorläufer
       der Tapete und Schränke voller Farbpigmente zeigen, wie die Arbeit von
       Malern früher ausgesehen hat.
       
       Die Geschichte des Handwerks lässt sich auch am Gebäude des Museums
       erzählen. Das Glockenhaus, in dem sich der größte Teil des Museums
       befindet, wurde 1600 erbaut und in den folgenden Jahrhunderten durch seine
       Besitzer angepasst und umgebaut. Das Glockenhaus könne in zwei
       Nutzungsperioden unterschieden werden, sagt Michael Sommersell,
       Vorsitzender des Fördervereins. „In der ersten diente das Gebäude als
       landwirtschaftliches Anwesen. In der zweiten Periode war es ein
       großbürgerliches Wohnhaus.“
       
       1980 wurde das Gebäude restauriert. Dort sind nun Elemente aus beiden
       Nutzungsperioden sichtbar: Kreisförmig angelegte blaue Blumenranken
       verzieren die Decke im ersten Stock. Die Farben sind dunkel, der
       Pinselstrich grob. Die Verzierung wirkt rustikal. Diese Deckenbemalung sei
       aus dem Barock und aus der Entstehungszeit des Gebäudes im 17. Jahrhundert.
       „Es gibt insgesamt nur drei bekannte so bedeutende Decken aus der
       Barockzeit in Hamburg“, sagt Michael Sommersell. Die Seltenheit des Fundes
       sei der Grund gewesen, warum die Decke freigelegt wurde.
       
       Im Erdgeschoss des Gebäudes deuten die in Pastellfarben gestrichenen Wände
       und der feine Stuck auf die [2][Epoche des Klassizismus]. Die Wände dort
       sind „dem Zeitgeschmack der zweiten Nutzungsperiode nachempfunden“, erklärt
       Sommersell. Die ursprüngliche Farbe, an der sich der Restaurator orientiert
       hat, ist noch heute an einer kleinen Stelle erkennbar.
       
       ## Sichtbarkeit fürs Handwerk schaffen
       
       „Im Maler- und Lackiererhandwerk geht es darum, Fläche mit
       Gestaltungstechniken aufzuwerten“, erläutert Ulrich Seiss. Zwar würde heute
       deutlich weniger dekorativ gearbeitet, als es in der langen Tradition des
       Handwerks üblich war, für Restaurationsarbeiten sei es dennoch wichtig, das
       Wissen von damals auch an künftige Maler- und Lackierergenerationen
       weiterzugeben.
       
       Auch deshalb empfängt das Museum häufig Berufsschulklassen. „Beruf ist
       identitätsstiftend“, findet Seiss. Er betont häufig, wie wichtig er es
       deshalb findet, dass dem Handwerk eine größere gesellschaftliche
       Wertschätzung zukommt. Das Museum schaffe auch gegenüber Laien Sichtbarkeit
       für das Handwerk und zeige, auf welcher Tradition es aufbaut.
       
       Diesen Gedanken hatte Joachim Germann, früherer Obermeister der Maler- und
       Lackiererinnung auch bei der Eröffnung des Museums 1984. Viele Utensilien
       stammen noch aus seiner Sammlung. Seitdem bekomme das Museum die Exponate
       von Berufsschulen oder Betriebsauflösungen. Unter ihnen findet sich alles,
       was wichtig ist, um von der 900 Jahre alten Geschichte des Handwerks zu
       erzählen: Briefe und Pokale aus der Zeit der Zünfte, Schablonen und Rollen
       zur Bemalung der Wände und Tafeln mit Schriften aus Zeiten vor
       Computerschreibprogrammen.
       
       Für die weitere Entwicklung des Museums hat Seiss große Pläne.
       Perspektivisch möchte er Workshops anbieten, in denen Teilnehmer:innen
       selber Farbe mischen oder Schablonen für Tapeten herstellen können. Einen
       kleinen Vorgeschmack darauf bietet die [3][lange Nacht der Museen] (22.
       April). Dabei wird das Deutsche Maler- und Lackierermuseum auch mitmachen.
       
       10 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.malermuseum.de/
 (DIR) [2] https://www.ndr.de/geschichte/ndr_retro/Stil-und-Form-Klassizistische-Gebaeude-in-Norddeutschland,kulturimnorden140.html
 (DIR) [3] https://www.langenachtdermuseen-hamburg.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mona Rouhandeh
       
       ## TAGS
       
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