# taz.de -- Rechte Anschlagsserie in Neukölln: Neo-Nazis weiter aktiv
       
       > Unbekannte beschmieren in Berlin-Britz Schulen und das
       > Burak-Bektaș-Denkmal. Die Zivilgesellschaft ist alarmiert und organisiert
       > Gegenproteste.
       
 (IMG) Bild: Von außen idyllisch, aber leider mit fettem Nazi-Problem: Die Hufeisensiedlung in Berlin-Britz
       
       Berlin taz | Die Unbekannten kamen am Wochenende, drangen in den Schulhof
       ein und beschmierten die Aula der Fritz-Karsen-Gemeinschaftsschule mit
       Hakenkreuzen und rassistischen Schimpfwörtern. Seit dem Vorfall, der sich
       am 12. März ereignete, sind die Anwohner:innen der Hufeneisensiedlung
       in Neukölln-Britz alarmiert. Denn seit Jahren verüben Rechtsextreme in
       Süd-Neukölln Anschläge, um politische Gegner:innen einzuschüchtern.
       
       Die Zivilgesellschaft deutet die Taten so, dass sich die rechtsextreme
       Szene in der Gegend wieder mehr aus der Deckung traut. Grund könnten die
       [1][Teilfreisprüche gegen die Hauptverdächtigen in der Anschlagsserie,
       Thilo P. und Sebastian T.], im Februar sein. „Die Urteile könnten Anlass
       für die rechte Szene sein, wieder etwas offensiver vorzugehen“, vermutet
       Jürgen Schulte von der Anwohner:inneninitiative „Hufeisern gegen
       Rechts“.
       
       In der Hufeisensiedlung in Neukölln gäbe es seit Jahren eine
       [2][Kontinuität rechter Aktivitäten], bestätigt Simon Brost von der Mobilen
       Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus (MBR). Besonders die Kleinstpartei
       „Der Dritte Weg“, zu der auch die Hauptverdächtigen der Anschlagsserie
       gehörten, habe sich in Süd-Neukölln zu einem Auffangbecken organisierter
       und militanter Neonazis entwickelt. Ob die Schmierereien an der Schule
       ebenfalls von dieser Szene verübt worden sind, könne man nicht zweifelsfrei
       sagen, so Brost. „Es müssen nicht zwingend organisierte Neonazis gewesen
       sein.“
       
       Nach Angaben der Polizei kam es bereits eine Woche zuvor, am 6. März, zu
       Hakenkreuzschmierereien an gleich zwei Schulen in der Nähe: der
       Fritz-Karsen-Gemeinschaftsschule und dem Albert-Einstein-Gymnasium. Neben
       Hakenkreuzen seien auch Antifa-Symbole, Allahu-Akbar-Slogans, 666 und
       PKK-Zeichen gesprüht worden, berichtet eine Sprecherin der Polizei der taz.
       Die Symbole würden eher auf Täter:innen ohne gefestigte Ideologie
       hindeuten.
       
       ## Bektas-Denkmal geschändet
       
       Einen eindeutig rechtsextremen Hintergrund hatte hingegen die erneute
       Schändung des Burak-Bektaş-Denkmals am 8. März, das ebenfalls mit
       Hakenkreuzen beschmiert wurde. Mittlerweile ist es das vierte Mal, dass das
       2017 errichtete Denkmal geschändet wurde. „Es reicht ihnen nicht, einen
       Menschen erschossen zu haben, jetzt müssen sie sein Andenken in den Dreck
       ziehen“, verurteilt Schulte die Tat.
       
       Der damals [3][22-jährige Bektaş] wurde am 5. April 2012 von Unbekannten
       auf offener Straße vor dem Krankenhaus Neukölln erschossen. Angehörige und
       Aktivist:innen vermuten eine rassistische Tatmotivation; der Mord wurde
       jedoch nie aufgeklärt. Ähnlich wie bei der Anschlagsserie kritisieren
       Angehörige, die Polizei tue nicht genug, um den Mord aufzuklären.
       
       Um den rechten Umtrieben in ihrem Kiez etwas entgegenzusetzen, organisiert
       die Anwohner:inneninitiative zusammen mit den betroffenen Schulen
       und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen am Donnerstag eine
       Protestkundgebung in der Siedlung (siehe Kasten). „Es ist wichtig, den
       Rechten nicht den Raum zu überlassen“, sagt Karin Wüst von Basta Britz,
       einer Initiative, die seit Jahren eine konsequente Aufklärung rechter
       Straftaten in Neukölln fordert und ebenfalls an der Kundgebung teilnimmt.
       
       Dass sich die Menschen zu einer Reaktion genötigt fühlen, liegt auch daran,
       dass staatliche Organe in Neukölln seit Jahren versagen, rechten Terror zu
       verhindern oder aufzuklären. Immer wieder Ziel von rechten Angriffen ist
       auch die linke Jugendorganisation Die Falken. 2011 brannte das Jugendheim
       in der Gutschmidtstraße nach einem Brandanschlag komplett nieder. Nun hat
       im Februar die Polizei den Objektschutz überraschend eingestellt, berichtet
       Falken-Kreisvorstand Björn Herz der taz. Angesichts der verstärkten
       Nazi-Aktivitäten sei das vollkommen unverständlich, meint Herz. „Noch ein
       brennendes Haus will ich nicht.“
       
       ## Letzte Hoffnung Untersuchungsausschuss
       
       Nach den enttäuschenden Teilfreisprüchen im Februar liegt nun die Hoffnung
       auf dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der endlich Licht in den
       Komplex der Neuköllner Anschlagsserie und den rechtsextremen
       Unterstützerkreis bringen soll.
       
       Trotz der Neuwahlen wird der Untersuchungsausschuss seine Arbeit fortsetzen
       können, wenngleich in leicht veränderter Besetzung, die sich durch die neue
       Sitzverteilung im Parlament ergibt. Voraussichtlich wird in der
       Plenarsitzung am Donnerstag beschlossen, den Ausschuss formell wieder
       einzusetzen. Seine Arbeit wird der Ausschuss vermutlich aber erst nach Ende
       der Koalitionsverhandlungen aufnehmen können, nachdem auch die Mitglieder
       aller weiteren Ausschüsse benannt sind.
       
       Doch auch im Untersuchungsausschuss kommt die Arbeit nur schleppend voran.
       Die Behörden lieferten wichtige Akten nur widerwillig, berichtet
       Ausschussmitglied Niklas Schrader von der Linken. „Wir werden weiter um
       Akten kämpfen müssen.“
       
       22 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Wahmkow
       
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