# taz.de -- Olympischer Streit über Bobbahn: Hauptsache, Spiele!
       
       > In Cortina d’Ampezzo gibt es Proteste gegen Olympia 2026. Nun will
       > Innsbruck mit ins Boot. Obwohl die Bevölkerung dagegen votierte.
       
 (IMG) Bild: Baufortschritt sieht anders aus: Brache in Mailand, wo Olympiabauten für 2026 entstehen sollen
       
       „Lasst uns Cortina zurückerobern!“ In Cortina d’Ampezzo, gemeinsam mit
       Mailand Austragungsort der [1][Olympischen Winterspiele 2026], wächst der
       Unmut. Am Wochenende kamen 400 Menschen zusammen, um gegen den Bau der
       Bobbahn zu protestieren. Die Probleme bei deren Bau lassen es plötzlich
       realistisch scheinen, dass das österreichische Innsbruck dank seiner
       Bobbahn Mitausrichter der Spiele wird.
       
       In der vergangenen Woche begann in Cortina d’Ampezzo der Abriss der
       historischen Eugenio-Monti-Bahn, auf der die Wettkämpfe der Olympischen
       Winterspiele 1956 stattfanden. Diese Bahn wurde 2008 geschlossen und ist
       über die Jahre verfallen. An ihrer Stelle wollen die 2026er-Planer eine
       neue Bahn für die olympischen Bob-, Rodel- und Skeletonwettbewerbe bauen.
       
       Allerdings explodieren die Kosten. Mittlerweile geht man von 80 Millionen
       Euro aus, veranschlagt war nur etwa die Hälfte. „Es gibt kein Geld für die
       Renovierung des Kinos, das Schwimmbad ist seit elf Jahren geschlossen, der
       Radweg ist in einem erbärmlichen Zustand, die Instandhaltung der
       öffentlichen Gebäude lässt zu wünschen übrig, die Gullydeckel sind
       verstopft“, war auf der Demonstration am Samstag zu hören.
       
       Neu sind die [2][Proteste] nicht. Schon im Herbst 2021 hatten sich etwa 40
       Heimat- und Umweltschutzgruppen zusammengetan, um gegen den
       Olympia-Bauboom zu protestieren. Die Obfrau des Heimatpflegeverbandes,
       Claudia Plaikner, hatte schon damals die zu teure Bobbahn kritisiert.
       „Andererseits gibt es weniger Gelder für öffentliche Infrastrukturen, die
       allen zugutekommen“, so Plaikner.
       
       Das Städteduo Mailand und Cortina d’Ampezzo hatte 2019 nicht zuletzt
       deswegen den [3][Zuschlag für die Spiele] erhalten, weil bei einer
       Abstimmung 83 Prozent der Wähler für eine Bewerbung votiert hatten. Die
       schwedischen Konkurrenten von Stockholm und Åre hatten nur 55 Prozent
       Zustimmung erhalten. Abgeschmettert worden war hingegen die Bewerbung
       Innsbrucks. Dort hatten 53 Prozent der Bevölkerung die Idee von Olympischen
       Spielen in ihrer Region klar abgelehnt. Die Stadt zog die Bewerbung zurück.
       
       ## Olympia durch die Hintertür
       
       Mit dem Schwächeln der italienischen Olympiaplaner melden sich aber die
       österreichischen Ambitionen zurück. Dort, genauer: in Innsbruck-Igls, hat
       man eine Bob- und Rodelbahn. Die muss zwar auch dringend erneuert werden,
       aber erst jüngst hat sich der Stadtsenat für eine Sparversion
       ausgesprochen: statt eines großen 50-Millionen-Umbaus nun eine abgespeckte
       Variante von etwa 27 Millionen Euro.
       
       Schon im vergangenen September hatte der stellvertretende Tiroler
       Landeshauptmann Josef Geisler (ÖVP) das Thema wieder aufgebracht: „Wenn die
       Italiener keine Bahn zusammenbringen, gibt es für uns eine neuerliche
       Chance.“ Diesen Gedanken wiederholte nun der Innsbrucker Bürgermeister
       Georg Willi (Grüne): Italien sei doch deutlich zu weit von einem Bahnbau
       entfernt. Und auch Roman Schobesberger, Präsident des Österreichischen
       Bob-Verbandes, merkte an, das Zeitfenster für den Neubau einer Bahn in
       Cortina schließe sich doch wohl nach diesem Sommer.
       
       Auf diesen Zug springen nun auch politische Kräfte in Italien auf. Das Team
       K, eine liberale Gruppe, die im Südtiroler Landtag sitzt, holt die ganz
       große Rhetorik raus. „Eine Chance, um den europäischen Werten der
       Zusammenarbeit und der Sorge um die Umwelt Substanz zu verleihen, wäre die
       Nutzung der Bob- und Rodelbahn in Igls für die Olympischen Winterspiele
       2026“, teilte die Partei mit. Und Luca Zaia von der rechtsextremen Liga
       Veneta, Präsident der Region Venetien, zu der die Berggemeinde Cortina
       gehört, wirbt auch offensiv für eine Integration Innsbrucks.
       
       Doch auch einige der Verbände, die gegen die italienische Olympia-Bobbahn
       opponieren, haben schon signalisiert, dass ihnen eine Verlegung nach
       Innsbruck recht wäre. Dort jedoch regt sich Widerstand. Gemeinderat Mesut
       Onay von der linken Alternativen Liste Innsbruck erinnert an die doch
       eindeutige Ablehnung von Olympiaplänen. „Bürgermeister Willi kann nicht in
       einem Nebensatz sagen, die Bobbahn kann für die Olympischen Spiele genutzt
       werden. Das widerspricht dem Ergebnis der Volksbefragung.“ Was hier geplant
       werde, seien Olympische Spiele durch die Hintertür. Weil Cortina d’Ampezzo
       den Hinterausgang für seine überteuerte Bobbahn wählt.
       
       21 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
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