# taz.de -- Seriensequel „Ray Donovan. The Movie“: Ein Wolf schießt sich die Wege frei
       
       > Mit „Ray Donovan. The Movie“ findet die gleichnamige Serie ein spätes
       > Ende. Der Film eignet sich auch für Neueinsteiger.
       
 (IMG) Bild: Noch einmal im Einsatz: Ray Donovan (Liev Schreiber)
       
       Selbstversuch: Sieben Staffeln weglassen. So lange nämlich ist Ray Donovan
       schon auf den Straßen von New York und Los Angeles unterwegs, genauer
       gesagt: Liev Schreiber, der die Serie dominiert, auch wenn die Rolle seines
       Vaters Ray mit Jon Voight sehr prominent besetzt ist. (In Nebenrollen
       spazieren auch weitere große Stars der Siebziger wie Ann-Margret und
       Elliott Gould durch das Bild.). Die erste Staffel der Serie war 2013
       gestartet, war der bis dato größte Zuschauererfolg des neben HBO immer
       kleineren Pay-TV-Senders Showtime.
       
       Die Kritiken waren freundlich, die Erfinderin der Serie, Ann Biderman,
       stieg nach zwei Staffeln aus – aber die Serie lief und lief, wurde kein
       richtiger Klassiker, die Kritik hatte sie, wie das so ist, Jahr für Jahr
       weniger auf dem Schirm. Das Ende nach sieben Staffeln kam 2019 dann aber
       doch etwas abrupt: Die Autoren bekamen nicht die Chance, ein komplexes oder
       bündiges Ende zu finden, und sei es so umstritten wie der letzte
       Restaurantbesuch von Tony Soprano. Die Geschichte hing mit einem
       Cliffhanger, wie es aussah, in alle Ewigkeit in der Luft.
       
       Aus dieser Form von Limbo hat Showtime die Serie dann doch noch erlöst: Es
       gibt nun das Ende als (Fernseh)-Film, Titel sehr passend „Ray Donovan. The
       Movie“. Nicht die erste Wiederauferstehung zum erlösenden Tode, bei
       [1][„Veronica Mars“] und mit enormem Abstand zum Ende auch „Deadwood“ gab
       es das auch. Was dabei entsteht, sind Hybride, hin- und hergerissen
       zwischen Dienst an den langjährigen Fans und der Notwendigkeit, auch einen
       (wie mich), der die Serie nicht kennt, vor Toresschluss noch ins über Jahre
       entstandene Universum zu lassen.
       
       An sich sind wir Letzteres seit Jahren gewohnt: Ob Marvel oder DC, Star
       Wars oder Avatar, die großen Filme sind Abkömmlinge fiktionaler Welten, die
       schon lange und entsprechend voraussetzungsreich existieren. Zwischen
       Fortsetzung und Stand-alone hängen wir als Immer-zu-spät-Geborene meist
       sowieso fest.
       
       Und so kommt man auch in die „Ray Donovan“-Welt als Spätling recht mühelos
       rein. Weil man, vielleicht der wichtigste Grund, das Genre kennt und
       erkennt. Ein einsamer Wolf, von Liev Schreiber virtuos im
       Robert-Mitchum-Modus („no acting required“) gespielt, schießt sich als
       mittelgroßer Gangster die Wege frei und kommt doch vom Trauma, das sein
       Vater (Jon Voight) ist, niemals los.
       
       ## Man weiß hier, dass man vieles nicht weiß
       
       [2][Das Genre: hardboiled]. Das Leben auf den Straßen: gefährlich und
       finster. Der Held: außen hart, innen weich. In Flashbacks wird viel
       Vorgeschichte nachgeliefert, die man, auch ohne die Vorgeschichte zu
       kennen, problemlos versteht. Man weiß, dass man über alle Figuren unendlich
       vieles nicht weiß, also ganz wie bei ersten Begegnungen im richtigen Leben.
       Einzig ein kurzer Subplot baumelt für den Novizen dieses Universums
       wirklich sehr unangebunden herum: Ein Mann wird außer Landes geschafft. Da
       war was, aber was da war, erfahren wir nicht.
       
       In gewisser Weise schreiben sich solche Genre-Plots fast von selbst, neben
       Regisseur David Hollander hat auch der Hauptdarsteller Liev Schreiber
       geholfen, das Drama von Vater und Sohn zu einem – wie es sich für das Genre
       gehört: blutigen – Ende zu führen. Ein letzter Tanz von Jon Voight, es wäre
       das würdige Ende einer Karriere, er hat aber schon unverdrossen andernorts
       weitergespielt.
       
       Das alles ist wirklich sehr stimmungsvoll inszeniert, von einer fast
       traumverlorenen Langsamkeit, aus der die Gewalt umso brutaler herausbricht.
       So macht „Ray Donovan: The Movie“, obwohl ein einziger Spoiler, sogar Lust
       darauf, nun die Serie zu sehen. Mehr kann ein Film, der von dem, was ihm
       vorausging, abhängig ist und sein muss und sein will, nicht leisten.
       
       2 Mar 2023
       
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