# taz.de -- Umweltaktivist über Wahlen in Nigeria: „Diese Wahl wird vieles klären“
       
       > Am Samstag findet die Präsidentschaftswahl in Nigeria statt. Der bekannte
       > Umweltaktivist Nnimmo Bassey äußert sich dazu und zum Klimawandel.
       
 (IMG) Bild: „Diese Wahl wird vieles klären, wenn wir einen Führer bekommen, dem die Menschen vertrauen“
       
       taz: Herr Bassey, spricht bei Nigerias Wahlen irgendwer über den
       Klimawandel? 
       
       Nnimmo Bassey: Wir hatten in Abuja eine Versammlung mit allen
       Präsidentschaftskandidaten. Vier von ihnen erschienen und hatten etwas
       Verständnis, aber weil die meisten nicht kamen, kann man sich da nicht so
       sicher sein. Die Umwelt ist kein Wahlkampfthema gewesen. Es ist ein
       kritisches Thema für Nigeria aber die Politiker begreifen das offenbar
       nicht, oder sie denken einfach, man kann da nichts machen.
       
       In Nigeria geht es bei Wahlen doch eher um Personen als um Themen… 
       
       Nichts ist in diesem Wahlkampf bösartiger als die persönlichen Attacken.
       Sie reden darüber, ob sie korrupt sind, oder Diebe oder Drogenhändler. Sie
       reden nicht über die Themen.
       
       Sind Sie überrascht? 
       
       Nein. Viele Parteien haben eigentlich dasselbe Programm. Die meisten sind
       für Privatisierung und für das Erleichtern von Geschäften für jeden, der
       das Land ausbeuten will. Weil sich ihre Überzeugungen nicht unterscheiden,
       wechseln sie auch problemlos von einer Partei zur anderen. Wir hoffen, das
       sich das ändert. Die jüngeren Parteien mit jüngeren Kandidaten haben
       klarere Positionen, aber es gibt keinen Unterschied zwischen den großen
       Parteien.
       
       Wie finden Sie das? 
       
       Wir haben gehofft, dass die Lage des Landes uns hilft, einen besseren
       Führer zu wählen. Fast alles ist zusammengebrochen. So zu wählen wie bisher
       bringt sicherlich dieselben Ergebnisse. Der Wirtschaftskollaps gibt mir
       Hoffnung, dass Nigerianer merken werden, dass man vielen dieser Führer, die
       seit Jahren recyclet werden, nicht vertrauen kann.
       
       Seit Jahrzehnten erheben Sie ihre Stimme gegen Ölförderung und das
       Abfackeln von Gas. Was ist heute das wichtigste Klimathema? 
       
       Die fossilen Brennstoffe bleiben für mich das Thema Nummer Eins. Immer noch
       setzt abgefackeltes Gas Millionen Tonnen CO² frei, verschmutzt die Umwelt,
       schadet der Artenvielfalt, vertreibt Menschen und schafft viele Probleme.
       Auch Entwaldung und Küstenerosion sind große Probleme.
       
       Nigeria hatte im vergangenen Jahr schwere Überschwemmungen… 
       
       Dessen sind sich alle Nigerianer sehr bewusst. Es gab 630 Tote im Oktober,
       nach offiziellen Zahlen. Die Menschen verstehen, dass das Klimawandel ist
       und dass die Politiker etwas tun müssen, Dämme bauen, um die Fluten aus
       Kamerun zu stoppen. Es werden weitere Fluten erwartet. Die Leute sitzen und
       warten. Sie haben sich von der letzten Flut nicht erholt und jetzt kommt
       die nächste.
       
       In Deutschland hieß es 2005, dass Gerhard Schröder die Wahlen gewann, weil
       er Flutgebiete besuchte und den Menschen zuhörte. Wäre so etwas in Nigeria
       heute möglich? 
       
       Peter Obi betont immer, dass er bei den Überschwemmungen im Oktober vor Ort
       mit den Menschen war und Lösungen suchte. Das könnte manche überzeugen,
       aber ich weiß nicht, wie weit das die Ergebnisse beeinflussen würde.
       
       Peter Obi scheint unter der jungen Generation beliebt zu sein… 
       
       Vieler junge Menschen halten ihn für die Alternative. Er kommt als
       vertrauenswürdig an. Seine Wahl ist für viele Menschen ein Protest, weil
       sie unterdrückt sind. Ich glaube, viele Nigerianer haben das Recyceln der
       alten politischen Führer satt. Aber er gehört irgendwie dazu, denn er ist
       auch schon lange in der Politiker. Wir haben auch viel neuere. Vielleicht
       ist Obi der Kandidat, den die anderen schlagen müssen. Wir dürfen aber
       nicht vergessen, dass er der PDP-Kandidat sein wollte und erst die Partei
       wechselte, als ihm das nicht glückte.
       
       Steht Nigeria am Scheideweg? 
       
       Diese Wahl wird vieles klären, wenn wir einen Führer bekommen, dem die
       Menschen vertrauen. Nigerianer sind sehr gut darin, ihrer Führung zu
       folgen. Wenn es einen schlechte Führer gibt, folgen sie dem schlechten
       Führer; wenn es einen guten gibt, folgen sie dem guten. Wenn wir einen
       schlechten Führer haben, merken die Leute, dass alles erlaubt ist. Die
       Menschen müssen überleben, also tun sie was sie können. Es könnte also
       alles bleiben wie es ist, oder es könnte in kürzester Zeit dramatische
       Veränderungen geben. Aber das Klimathema wird nicht verschwindet. Wenn es
       angegangen wird, könnte das andere Dinge lösen, zum Beispiel die
       Massenauswanderung junger Menschen. Sie nennen es „japa“ – auschecken,
       abhauen. Viele junge Menschen hauen ab. Aber wenn sie merken, dass sich
       etwas ändert, könnte sich auch das ändern.
       
       Dieses interview können sie auch [1][auf Englisch] lesen.
       
       23 Feb 2023
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Gänsler
       
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