# taz.de -- Schwarz-Rote Verhandlungen in Berlin: Erstes aus der Ideenschmiede
       
       > CDU und SPD starten in ihre Koalitionsgespräche und beschließen ein
       > Grundsatzpapier. Trotz Geldmangels soll das 29-Euro-Ticket bleiben.
       
 (IMG) Bild: Auf dem Weg Richtung schwarz-rote Koalition: Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD)
       
       Berlin taz | Grauer Himmel und ein paar Schneeflocken bilden den
       Hintergrund, als am Donnerstag jene Menschen zusammenkommen, die künftig
       Berlins Landesregierung bilden könnten. Drei Wochen lang wollen CDU und SPD
       über das erste schwarz-rote Bündnis in Berlin seit 2001 verhandeln, am 31.
       März soll der Entwurf des Koalitionsvertrags stehen. Die bisherige
       rot-grün-rote Senat hatte dafür 2021 fünf Wochen gebraucht. Schon nach fünf
       Stunden Verhandeln ist verabredet: Mit dem 29-Euro-Ticket soll es genauso
       weiter gehen wie mit dem schon vorliegenden Zeitplan zur drängenden
       Verwaltungsmodernisierung und der Übernahme des Fernwärmenetzes.
       
       Ort des Geschehens ist erneut der [1][Euref-Campus nahe dem S-Bahnhof
       Schöneberg]. Der ist so schon symbolbeladen genug: der gerade umgebaute
       Ex-Gasometer sinnbildlich für die Großbaustelle Berlin, der nach eigenen
       Angaben CO2-neutrale Betrieb des gesamten Geländes als Abbild des
       vielleicht größten Ziels. Doch offenbar reicht all das nicht. Denn anders
       als in den Sondierungsverhandlungen der vergangenen Wochen mit SPD und
       Grünen lädt die CDU nun nicht mehr ins „Café im Wasserturm“, sondern in ein
       Gebäude, an dessen Glasfront „Ideenschmiede“ steht.
       
       Was natürlich die Frage aufwerfen kann, ob die Verhandler solche
       Inspiration nötig haben. „Rückschrittskoalition“ hat immerhin Bettina
       Jarasch von den Grünen das angestrebte schwarz-rote Bündnis genannt, jene
       Frau, die selbst gern an Stelle von CDU-Chef Kai Wegner das Rote Rathaus
       von Franziska Giffey (SPD) übernehmen würde.
       
       Ein zentraler Punkt sind an diesem Tag die Finanzen, damit klar wird,
       welche Spielräume eine solche Koalition hätte. Das Fazit von
       CDU-Generalsekretär Stefan Evers am Nachmittag: „Wir haben wenig Geld für
       vieles.“ Aber nicht zu wenig, um trotz des am 1. Mai startenden bundesweit
       gültigen 49-Euro-Tickets am 29-Euro-Ticket allein für Berlin festzuhalten,
       einem zentralen SPD-Wahlkampfversprechen. Dafür waren bislang pro
       Vierteljahr 105 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt fällig. Giffey mag
       aber nicht zusagen, dass es dabei keine zeitliche Lücke gibt – finanziert
       ist das 29-Euro-Ticket bislang nur bis Ende April.
       
       Die in einem gemeinsamen Papier formulierten Vereinbarungen vom Donnerstag,
       die die Sondierungsresümees beider Parteien zusammenführen, sollen die
       Grundlage der nun folgenden Verhandlungen in 13 Fachgruppen sein. Die
       sogenannte Dachgruppe der Parteioberen um Wegner und Giffey will sich
       nächsten Mittwoch wieder treffen
       
       Ende März soll der Koalitionsvertrag unterschriftsreif sein. Bei der CDU
       liegt es dann in der Hand eines Landesparteitags, dafür grünes Licht dafür
       geben. Bei der SPD sollen die rund 18.500 Mitglieder ihres Berliner
       Landesverbands bis zum 21. April darüber abstimmen können. „Wir sind
       felsenfest überzeut, dass am Ende eine große Mehrheit unseren Weg
       unterstützen wird“, sagt Co-Parteichef Raed Saleh voraus. Stimmen beide
       Parteien zu, würde Wegner nach jetzigem Plan am 27. April im
       Abgeordnetenhaus zum Regierenden Bürgermeister gewählt werden, [2][als
       erster CDUler seit 2001].
       
       Bei den Christdemokraten gilt die Zustimmung für das Bündnis als sicher,
       Widerstand ist nicht erkennbar. Bei der SPD hingegen werben die Parteilinke
       – vor allem über die Vizeparteichefin und Bundestagsabgeordnete Cansel
       Kiziltepe auch auf dem Euref-Campus vertreten – und der Nachwuchsverband
       Jusos dafür, Schwarz-Rot abzulehnen. Beim [3][Grünen-Landesparteitag am
       Dienstag] hatte auch deren Fraktionschef Werner Graf die SPD-Mitglieder zur
       Blockade aufgerufen: „Stimmt mit Nein zu dieser Koalition.“ In diesem Fall
       könnten Grüne, Linkspartei und eine nicht mehr Giffey-geführte SPD die
       bisherige rot-grün-rote Koalition weiterführen.
       
       9 Mar 2023
       
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