# taz.de -- NS-Gedenken im Emsland: Wiedergutmachung für zwei Verfemte
       
       > Einen Orden bekamen jetzt die zwei Journalisten Gerhard Kromschröder und
       > Hermann Vinke. Ohne sie gäbe es die KZ-Gedenkstätte in Esterwegen nicht.
       
 (IMG) Bild: Gerhard Kromschröder (ganz rechts) beim Moorsoldaten-Treffen im KZ Esterwegen 1966
       
       Bremen taz | Er habe diese Ehrung „mit einer gewissen Befriedigung“
       entgegen genommen, sagt Gerhard Kromschröder. Und zwar nicht aus purer
       Eitelkeit. Sondern weil dieser Orden ein Eingeständnis des Staates ist,
       eine Art Wiedergutmachung für all die Anfeindungen von einst.
       
       Für seine Verdienste um die Gedenkstätte Esterwegen und die „herausragende
       Pionierleistung zur historischen Aufarbeitung der Geschichte der
       Emslandlager“ bekam Kromschöder jetzt, zusammen mit seinem
       Journalistenkollegen Hermann Vinke, das Verdienstkreuz am Bande des
       niedersächsischen Verdienstordens.
       
       So nüchtern meldete es das Büro des Landrats aus dem Emsland. Als
       Lokalredakteure der Ems-Zeitung haben die beiden Herren, heute über 80, in
       den 1960ern dafür gesorgt, dass die Nazi-Geschichte jener Lager „nicht
       untergepflügt“ wird, wie Kromschröder es ausdrückt. Anders formuliert: Ohne
       ihr Engagement würde es die 2011 eröffnete [1][Gedenkstätte Esterwegen]
       heute nicht geben.
       
       In den [2][15 emsländischen Konzentrations- und Strafgefangenenlager]
       wurden in der NS-Zeit vorwiegend politisch Verfolgte und Kriegsgefangene
       inhaftiert, darunter Carl von Ossietzky. Insgesamt starben hier rund 30.000
       Menschen, von ihrem Leid erzählt das berühmte „[3][Moorsoldatenlied“] aus
       dem KZ Börgermoor.
       
       ## KZ wurde „rigoros abgerissen“
       
       Bis Mitte der 1960er-Jahre wurde es als Knast genutzt, danach „rigoros
       abgerissen“, so Kromschröder. „Es gab damals eine Übereinkunft, dass man an
       der Vergangenheit nicht rührt.“ Das sei tabu gewesen.
       
       Deswegen trugen Kromschröder und Vinke Fotos, Interviews, Protokolle
       zusammen – sie waren die ersten, die die Geschichte der Emsland-Lager
       systematisch erfassten, doch wurden sie als Nestbeschmutzer beschimpft und
       riefen wegen „kommunistischer Umtriebe“ den Verfassungsschutz auf den Plan.
       Treffen auf dem Lagerfriedhof in Esterwegen überwachte der Staatsschutz,
       sagt Kromschröder. „Wir haben in ein Wespennest gestochen.“
       
       1967 wurde Kromschröder aus dem Emsland vertrieben, Vinke kurz darauf.
       Beide machten anderswo Karriere: [4][Kromschröder] ging zum Satiremagazin
       Pardon und 1979 zum Stern, wo er mit Reportagen über Neonazis,
       Giftmüll-Skandale und die Flick-Spendenaffäre als investigativer Journalist
       bekannt wurde. Später arbeitete er sich als Fotograf mit Bildbänden am
       Emsland ab und machte sich damit erneut Feinde.
       
       [5][Vinke] wurde ARD-Korrespondent in Tokio und Washington und
       Hörfunkdirektor bei Radio Bremen. „Damals hatte ich das Gefühl, dass ich
       auf ganzer Linie gescheitert sei“, sagte Vinke bei der Preisverleihung –
       jetzt zeigt sich: „Es war nicht alles umsonst.“
       
       23 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Aerger-um-Erinnerungsarbeit-im-Emsland/!5614322
 (DIR) [2] https://www.gedenkstaette-esterwegen.de/
 (DIR) [3] https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Seit-85-Jahren-ziehen-die-Moorsoldaten,moorsoldaten109.html
 (DIR) [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Kromschr%C3%B6der
 (DIR) [5] https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Vinke
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
       
       ## TAGS
       
 (DIR) KZ
 (DIR) NS-Verfolgte
 (DIR) NS-Straftäter
 (DIR) NS-Gedenken
 (DIR) NS-Opfer
 (DIR) NS-Verbrechen
 (DIR) Schwerpunkt Nationalsozialismus
 (DIR) Emsland
 (DIR) NS-Verbrechen
 (DIR) NS-Dokumentationszentrum
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Historiker über polnische DP an der Ems: „Die Harener fanden es ungerecht“
       
       Haren an der Ems hieß ab 1945 Maczków und war bis 1948 eine polnische
       Stadt. Wie es dazu kam, erklärt Dokumentstionszentrums-Leiter Rüdiger
       Ritter.
       
 (DIR) Ärger um Erinnerungsarbeit im Emsland: Der Burgfrieden bröckelt
       
       Die Kooperation zwischen dem „Aktionskomitee Emslandlager“ und dem
       Landkreis Emsland in der Gedenkstätte Esterwegen droht zu zerbrechen.
       
 (DIR) FOTOGRAFIE: Stellvertretende Schützenjungs
       
       "Verzerrte Sichtweise": Mit seinem Bildband "Expeditionen ins Emsland" hat
       sich Gerhard Kromschröder vor Ort wenig Freunde gemacht. Er sieht den
       Landstrich fernab von jeglicher Idylle - und als Metapher für Deutschland
       insgesamt
       
 (DIR) Neue NS-Gedenkstätte im Emsland: Später Sinneswandel
       
       An die NS-Konzentrations- und Arbeitslager im Emsland erinnert nun eine
       Gedenkstätte. Vor nicht allzu langer Zeit wäre sie nicht durchsetzbar
       gewesen