# taz.de -- Konservative in Frankreich: Ewige Nummer zwei wird Parteichef
       
       > Die Partei Les Républicains bekommt mit Eric Ciotti einen neuen Chef. Er
       > vertritt eine harte Linie in der Immigrations- und Sicherheitspolitik.
       
 (IMG) Bild: Eric Ciotti will die Konservativen zu alter Größe führen
       
       Paris taz | Die Entscheidung zwischen Eric Ciotti und Bruno Retailleau war
       für die rund 90.000 wahlberechtigten Mitglieder von Les Républicains (LR)
       nicht unbedingt einfach. Denn beide Kandidaten verkörpern auf
       unterschiedliche Art und mit verschiedenen Akzenten eine rechte
       Oppositionspolitik. Auch der [1][im ersten Wahlgang] ausgeschiedene Dritte,
       Aurélien Pradié, wollte keine Empfehlung für die Stichwahl geben. Doch
       schließlich hat Ciotti, der Mann von der südfranzösischen Côte d'Azur, mit
       53,7 Prozent der Stimmen das Finale gewonnen.
       
       Ciotti war der Favorit gewesen, denn er hatte intern die Unterstützung der
       Prominenten bekommen, die von sich behaupten können, das politische Erbe
       von Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy zu bewahren. Das waren damals
       freilich noch andere Zeiten, als die Konservativen den Staatschef stellten
       und sich auch auf klare Mehrheiten und eine soziale Basis in der
       Bevölkerung stützen konnten.
       
       Zu solch Macht und Einfluss möchte Ciotti seine Partei zurückführen. Der
       Politiker aus Nizza war bisher immer nur die Nummer zwei. Er diente seinem
       heute ärgsten lokalpolitischen Rivalen Christian Estrosi zunächst als
       parlamentarischer Assistent, als dieser Abgeordneter war. Danach war er
       dessen rechte Hand, als der den Vorsitz des Departements Alpes-Maritimes
       übernahm und danach Bürgermeister von Nizza wurde.
       
       Doch seitdem ist Estrosi – wie zahlreiche vormals prominente LR-Politiker –
       ins Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron gewechselt. Ciotti musste
       sein 2012 erstmals errungenes Mandat als Abgeordneter der
       Nationalversammlung im letzten Juni in einem erbitterten Wahlkampf gegen
       Estrosis Kandidaten verteidigen.
       
       ## Partei am (vorläufigen) Tiefpunkt
       
       Im Herbst 2021 versuchte er vergeblich von seiner Partei als
       Präsidentschaftskandidat nominiert zu werden. Er unterlag in der Stichwahl
       gegen [2][Valérie Pécresse]. Doch deren Ergebnis von lediglich 4,78 Prozent
       der Stimmen bei der Präsidentschaftswahl im April 2022 markierte einen
       (vorläufigen) Tiefpunkt für die Konservativen.
       
       Seit Sarkozys gescheitertem Versuch 2012 als Präsident wiedergewählt zu
       werden, ging es für Les Républicains von Wahl zu Wahl bergab. Zwischen der
       breiten Mitte von Macrons Regierungsparteien und der weiter erstarkten
       extremen Rechten bleibt für eine konservative Rechte nicht viel Spielraum.
       Dass im Juni immerhin noch 62 LR-Abgeordnete in die Nationalversammlung
       einziehen konnten, wurde schon fast als unverhoffter Erfolg gefeiert.
       
       Ciotti kommt aus einer einfachen, ursprünglich aus Italien stammenden
       Familie, konnte aber an der renommierten Hochschule in Paris (Science-Po)
       Politik studieren, was ihm eine Laufbahn im Staatsdienst öffnete. Seine
       Ambitionen, es bis in den Elysée-Palast zu schaffen, hat er einstweilen
       beerdigt. Denn er spricht sich für eine Kandidatur des konservativen
       Ex-Ministers Laurent Wauquiez im Jahr 2027 aus. Dieser hat sich im Gegenzug
       für Ciottis Wahl als Parteimanager ausgesprochen. Die Konservativen hatten
       bei ihrer Wahl so quasi ein Zweier-Ticket im Angebot.
       
       ## Vor der Wahl gibt es plötzlich viele Neumitglieder
       
       Ein Herz und eine Seele werden Frankreichs Konservative auch in Zukunft
       nicht sein. Denn noch vor dem zweiten Wahlgang waren Zweifel an der
       Organisation der Abstimmung aufgekommen. Laut einem Bericht von Libération
       waren vor allem aus Ciottis Region verdächtig viele Neue speziell für diese
       Wahlen eingeschrieben worden. Auch wird in diesem Zusammenhang von
       notorischer Begünstigung gesprochen: „Wer eine Wohnung oder einen
       Kinderkrippenplatz sucht, ist gut beraten, LR-Mitglied zu werden.“
       
       Vor den Wahlen hatte sich die Zahl der Parteimitglieder verdoppelt. Einer
       Sonntagszeitung war es sogar gelungen, im Namen von zwei als Mitglieder
       zugelassenen Katzen Stimmen abzugeben. Ins Zwielicht ist Ciotti zudem
       geraten, weil seine Ex-Frau, die er lange als Assistentin beschäftigt
       hatte, wegen unrealistischer Häufung von Jobs im Verdacht der
       Unterschlagung öffentlicher Gelder steht. Ciotti sah darin bloß Intrigen
       seiner internen Gegner.
       
       12 Dec 2022
       
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