# taz.de -- Misstrauensvotum in Frankreich: Klare Fronten
       
       > Die grün-linke Opposition in Paris scheiterte mit ihrem Misstrauensvotum.
       > Doch dadurch sind die Trennlinien deutlicher: Rechtsaußen hält zur
       > Regierung.
       
 (IMG) Bild: Noch mal gutgegangen. Regierungschefin Elisabeth Borne übersteht das Misstrauensvotum
       
       Ein [1][Misstrauensantrag der linken Opposition] gegen die französische
       Regierung ist erwartungsgemäß klar gescheitert. Da weder die Konservativen
       noch die extreme Rechte für den Antrag der vereinten linken Opposition
       stimmen wollten, kann Premierministerin Elisabeth Borne aufatmen. Die
       Wahlunion von Grünen und Linken verfügt in der Nationalversammlung über 150
       Stimmen, fast das Doppelte wäre wegen der absoluten Mehrheit von 289 Voten
       erforderlich gewesen, um die Regierung zu stürzen.
       
       Die Linke erhielt 146 Stimmen für ihren Antrag, keine einzige von rechts.
       Da war nichts zu machen. Ein Sieg für die Regierung ist das nicht, denn sie
       verfügt seit der [2][Wahl] der 577 Abgeordneten am 19. Juni nicht mehr über
       eine absolute Mehrheit. Borne hatte darum die sonst übliche Kraftprobe mit
       einer Vertrauensabstimmung nach ihrer Antrittsrede tunlichst vermieden. Sie
       hofft, nun bis auf Weiteres mit Kompromissen und Arrangements regieren zu
       können.
       
       Die linke Opposition wirft ihr vor, sie habe keine Vertrauensbasis und sei
       folglich nicht legitim. Den schlagenden Beweis dafür konnten die
       Abgeordneten des grün-linken Bündnisses am Montagabend nicht erbringen, da
       die Oppositionskräfte im [3][rechten Lager] erstens zu große
       Berührungsängste mit der Linken hatten und zweitens sich offensichtlich die
       Möglichkeit einer politisch ersprießlichen Kooperation mit der
       Minderheitsregierung „von Fall zu Fall“ vorbehalten wollen.
       
       Die Konservativen von Les Républicains (LR) und Marine Le Pens
       Rassemblement National (RN) „lavieren“ so in einer abwartenden Stellung
       zwischen der Regierung und der Opposition. Diese beiden Fraktionen stellen
       der Regierung zwar keinen Blankoscheck aus, aber sie sind an attraktiven
       Offerten interessiert und werden sich ihre Stimmen für zukünftige
       Gesetzesvorlagen teuer bezahlen lassen.
       
       Borne akzeptiert rechte Rückendeckung 
       
       Ein Schlag ins Wasser war der linke Misstrauensantrag trotz des absehbar
       negativen Resultats nicht. Er hat die neuen politischen Trennlinien
       verdeutlicht. Es ist jetzt klar, dass es in der Nationalversammlung nur
       eine wirkliche Opposition gibt: die links-grüne. Das dürfte so manche
       Wähler*innen irritieren, die von rechts gegen Macron und sein Programm
       stimmen wollten und nun erleben müssen, wie „ihre“ Abgeordneten der
       Regierung Hand bieten wollen, um ihre Politik auch ohne Mehrheit fortsetzen
       zu können.
       
       Die Regierung akzeptiert ihrerseits die (vorerst nur passive) Unterstützung
       einer extremen Rechten, die noch vor wenigen Wochen als politisch
       unberührbar galt. Mit Macrons Niederlage bei den Parlamentswahlen im Juni
       ging die einstige republikanische Front gegen Rechts verloren. Um regieren
       zu können, ist Borne bei der Suche nach rettenden Stimmen nicht mehr
       wählerisch.
       
       12 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Rudolf Balmer
       
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