# taz.de -- Radikale Klimaproteste: Der Rechtsstaat muss das aushalten
       
       > Das juristische und das gesellschaftliche Urteil über Klimaproteste sind
       > verschiedene Dinge. Man sollte sie nicht miteinander vermischen.
       
 (IMG) Bild: Der Streit um die Klimaproteste eskaliert
       
       Die Aussagen mancher Politiker*innen nach der Protestaktion am
       Berliner Flughafen zeigen: Die Debatte über die Klimaproteste eskaliert.
       Kritiker*innen werfen ihnen mangelnde demokratische Werte und mangelnde
       inhaltliche Ernsthaftigkeit vor. Das verkennt zwei Dinge. Erstens: Die
       Aktivist*innen streiten für mehr Klimagerechtigkeit, ein Ziel, das
       heute wohl niemand mehr ernsthaft leugnet. Zweitens: Die Motivation der
       Aktivist*innen ist urdemokratisch, wenn sie von demokratischen
       Institutionen Handlungen einfordern, dieser Krise angemessen zu begegnen.
       
       Wenn ich allerdings die Wortbeiträge mancher Politiker*innen zu diesem
       Thema lese, bekomme ich eher den Eindruck, dass sie es sind, die eine
       demokratische Debattenkultur vermissen lassen. Wer fordert, nun alle
       Klimaaktivist*innen schon mal [1][vorsorglich in Gewahrsam] zu nehmen
       und Polizei und Gerichte zum strengen Handeln drängt, hat den Kern der
       Gewaltenteilung nicht verstanden.
       
       Genauso befremdlich ist auf der anderen Seite die Forderung, das Strafrecht
       bei der [2][Blockade des Berliner Flughafens] nicht anzuwenden – wegen der
       politischen Notwendigkeit des Protests. Denn für beide Fälle gilt in einem
       Rechtsstaat gleichermaßen: Es gibt einen Unterschied zwischen dem
       gesellschaftlichen und dem gerichtlichen Urteil über Proteste. Das ist
       genauso eine Stärke und Auszeichnung eines demokratischen Staats wie die
       Existenz einer friedlichen und starken zivilgesellschaftlichen Opposition.
       
       So weit, so unspektakulär. Spektakulär ist für viele aber die Art des
       Protests. Man kann sich streiten, ob [3][Tomatensoße auf Glasscheiben]
       (hinter denen teure Gemälde vor Sonne und Speichel der
       Museumsbesucher*innen geschützt werden) die beste Protestform ist.
       Und auch mich wurmt die ein oder andere Demonstration vor der Tür meiner
       Parteizentrale, in der Aktivist*innen uns auffordern, noch konsequenter
       zu sein. Doch solange der Protest gewaltfrei bleibt, müssen wir ihn als
       demokratische Gesellschaft aushalten oder, noch besser: die inhaltlichen
       Forderungen der Demonstrierenden ernst nehmen.
       
       1 Dec 2022
       
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