# taz.de -- Wahlwiederholung in Berlin: Zurück an die Urnen
       
       > Die Pannenserie bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin bleibt nicht ohne
       > Konsequenzen: Die Bundestagswahl wird teilweise wiederholt.
       
 (IMG) Bild: Dürfen bald wieder aufgehängt werden: die Wegweiser zum Wahllokal
       
       Berlin dpa | Wegen zahlreicher Pannen soll die Bundestagswahl vom September
       vergangenen Jahres in 431 Berliner Wahlbezirken wiederholt werden. Das hat
       der Bundestag am späten Donnerstagabend mit den Stimmen der
       Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP beschlossen. Der Union und der AfD ging
       das nicht weit genug. Die beiden Oppositionsfraktionen [1][wünschten sich
       eine Wiederholung in wesentlich mehr Wahlbezirken].
       
       Betroffen sind nach dem Beschluss des Parlaments 327 der 2.256 Wahlbezirke
       der Hauptstadt sowie 104 der 1.507 Briefwahlbezirke. Die Wiederholung soll
       mit Erst- und Zweitstimme erfolgen. Erneut gewählt werden soll in jenen
       Wahlbezirken, in denen die Stimmabgabe 2021 aufgrund von Wahlfehlern
       unterbrochen wurde, in denen es [2][erhebliche Verzögerungen gab oder in
       denen Wähler wegen fehlender oder falscher Wahlzettel nicht gültig
       abstimmen konnten]. Ein Wiederholungsgrund liegt auch vor, wenn Wahllokale
       noch nach 18.30 Uhr geöffnet waren.
       
       Unklar ist, wann die Teilwiederholung der Wahl stattfinden wird. Die
       Parteien im Bundestag gehen davon aus, dass der Beschluss vor dem
       Bundesverfassungsgericht angefochten wird. Wann dieses dann entscheidet,
       ist offen. Unklar sind auch die Auswirkungen auf die Zusammensetzung des
       Bundestags. Sollte die Wahlbeteiligung bei der Teilwiederholung niedrig
       sein, könnte dies zur Folge haben, dass weniger Abgeordnete aus Berlin im
       Bundestag vertreten sein werden.
       
       Die Bundestagswahl am 26. September 2021 war in vielen Berliner Wahllokalen
       chaotisch verlaufen. Es gab lange Schlangen und Wartezeiten, falsche oder
       fehlende Stimmzettel, weswegen Wahllokale vorübergehend geschlossen werden
       mussten. Vielerorts blieben die Wahllokale bis weit nach 18 Uhr geöffnet,
       um den Wartenden noch die Stimmabgabe zu ermöglichen.
       
       Die Verwaltung war heillos überfordert, weil parallel zum Bundestag auch
       das Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksparlamente neu gewählt wurden.
       Hinzu kam ein Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Der
       zeitgleich ausgetragene Berlin-Marathon erschwerte den Wahlhelfern die
       Arbeit, etwa das Nachliefern von Wahlzetteln, weil viele Straßen gesperrt
       waren.
       
       ## „Komplettes Systemversagen“?
       
       Bundeswahlleiter Georg Thiel sah später ein „komplettes systematisches
       Versagen der Wahlorganisation“ in Berlin und legte einen Einspruch gegen
       die Wahl ein. Er verlangte, diese in sechs der zwölf Wahlkreise komplett zu
       wiederholen. Gegen die Wahl gingen insgesamt 2.172 Einsprüche beim
       Wahlprüfungsausschuss des Bundestags ein – so viele wie nie zuvor. Rund
       1.700 davon betrafen allein den Wahlablauf in Berlin.
       
       Dass die Wahl nur in 431 Wahlbezirken wiederholt werden soll, stößt bei
       Teilen der Opposition auf Kritik. Der Unions-Obmann im
       Wahlprüfungsausschuss, Patrick Schnieder (CDU), warf der Ampel-Koalition
       vor, sich aus Angst vor Mandatsverlusten auf eine kosmetische Korrektur zu
       beschränken: „Sie rechnen das Fiasko klein.“ Der Justiziar der
       SPD-Fraktion, Johannes Fechner, wies den Vorwurf zurück. Man wolle die Wahl
       nur dort wiederholen, wo es tatsächlich Wahlfehler gegeben habe.
       
       In der Hauptstadt steht zugleich die Abgeordnetenhauswahl vom selben Tag
       auf der Kippe. Darüber wird am kommenden Mittwoch das Berliner
       Verfassungsgericht entscheiden. In der mündlichen Verhandlung zeichnete
       sich ab, dass das Gericht eine komplette Wiederholung anordnen könnte.
       Spätestens 90 Tage nach der Verkündung der Entscheidung müsste dann das
       Landesparlament neu gewählt werden.
       
       11 Nov 2022
       
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