# taz.de -- Protest gegen Ruangrupa-Gastprofessoren: Litfaßsäule auf zwei Beinen
       
       > Zwei Gastprofessoren der Hamburger Hochschule für Bildende Künste wird
       > Antisemitismus vorgeworfen. Hamideh Kazemi protestiert gegen ihre
       > Berufung.
       
 (IMG) Bild: Wandelnde Litfaßsäule: Hamideh Kazemi ist in einem Pappkarton an der HfBK unterwegs
       
       Hamburg taz | Es war ein kurioser Anblick, der sich in den vergangenen
       Tagen den Studierenden der Hamburger Hochschule für Bildende Künste (HfBK)
       bot. Eine Litfaßsäule auf zwei Beinen wanderte durch die Gänge der
       Kunsthochschule. Auf ihr hingen eine Reihe von Slogans und Flyern, wie
       beispielsweise „Israel ist kein Apartheidsstaat.“
       
       Es handelte sich dabei um eine Protestaktion der Menschenrechtsaktivistin
       Hamideh Kazemi. Die gelernte Bauzeichnerin protestierte mit ihrer Aktion
       gegen die [1][Berufung zweier Mitglieder der Künstlergruppe Ruangrupa zur
       Gastprofessur] an der HfBK. Auf der diesjährigen Documenta 15 in Kassel
       hatte die indonesische Künstlergruppe bereits [2][großes Aufsehen erregt],
       da sie als Kuratorin Kunstwerke ausstellte, die antisemitische Abbildungen
       enthielten. Außerdem unterstützte die Gruppe in einem offenen Brief die
       Kampagne Boycot, Disinvestment, Sanctions (BDS), die sich gegen Israels
       Besatzungspolitik wendet. [3][Der Bundestag hatte BDS in einem Beschluss
       2019 als antisemitisch eingestuft.]
       
       „Es geht mir darum, [4][gegen eine unerträgliche Doppelmoral zu
       protestieren]“, sagt die 53-jährige Exiliranerin. Sie möchte Antisemitismus
       als eine universelle Gefahr für die Menschenrechte benennen, die auch bei
       Akteur*innen aus dem „globalen Süden“ kritisiert werden müsse. „Wenn man
       Ruangrupas Antisemitismus in Schutz nimmt, ist das Kulturrelativismus“,
       sagt Kazemi. „Die politisch Verantwortlichen, die der Gruppe eine Bühne
       geben, verstecken sich mit ihrem eigenen Antisemitismus hinter
       Akteur*innen des globalen Südens.“
       
       2001 war Kazemi aus dem Iran nach Deutschland geflohen, da sie die
       Unterdrückung von Frauen durch die Moralgesetze des islamischen Regimes
       nicht weiter ertragen wollte. „Im Iran ist der Antisemitismus sehr präsent.
       Bei jedem Freitagsgebet wird zur Vernichtung Israels aufgerufen“, erklärt
       sie. Nachdem sie sich eine Weile in Deutschland aufgehalten hatte, musste
       sie feststellen, dass auch hier Antisemitismus zum Alltag gehöre.
       
       ## Distanzierung vom BDS gefordert
       
       Spätestens als 2015 viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, begann ihr
       politischer Aktivismus. „Viele Exiliraner*innen haben homophobe und
       antisemitische Ansichten nach Deutschland gebracht. Da musste ich aktiv
       werden“, sagt sie. Sie begann Proteste gegen das Islamische Zentrum Hamburg
       zu organisieren, das wegen seiner Nähe zum iranischen Regime in der Kritik
       steht.
       
       Nun fordert Kazemi von der HfBK sowie von den Gastprofessoren der Ruangrupa
       eine deutliche Distanzierung von BDS. Außerdem müsse die Universität
       „unbedingt Lehrveranstaltungen über das Thema Antisemitismus anbieten“.
       Viele Studierende seien erschreckend unaufgeklärt. So habe sie während
       ihrer Protestaktion viel Unverständnis von den Mitarbeiter*innen wie
       auch von Studierenden erfahren. „Israel ist ein Apartheidsstaat“, habe ihr
       eine Studierende sogar hinterher gerufen. „Es ist nun wichtig, dass der
       Protest weitergeht und kein Gras über die Sache wächst,“ sagt Kazemi. Es
       seien weitere Aktionen zusammen mit dem Jungen Forum der
       Deutsch-Israelischen Gesellschaft geplant.
       
       Einen ersten Erfolg der Protestaktionen sieht sie bereits in einer von der
       HfBK organisierten Veranstaltung, die sich mit dem Antisemitismusbegriff
       auseinandersetzt. Doch damit die Kritik am Antisemitismus kein bloßes
       Lippenbekenntnis bleibt, wird wohl auch in Zukunft die wandernde
       Litfaßsäule in der HfBK ihre Runden drehen müssen.
       
       In einer früheren Version dieses Textes war der Eindruck entstanden,
       Ruangrupa habe auf der Documenta selbst antisemitische Darstellungen
       gezeigt. Es handelte sich aber um Werke anderer Künstler:innen, deren
       Auswahl Ruangrupa als Kuratorin verantwortete. Wir bedauern den Fehler und
       haben den Text entsprechend geändert.
       
       1 Nov 2022
       
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 (DIR) Matthias Propach
       
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