# taz.de -- Protest gegen Bewässerungsprojekte: Der „Wasserkrieg der Deux Sèvres“
       
       > In Frankreich kommt es bei Protesten gegen ein öffentlich finanziertes
       > Bewässerungsprojekt zu Zusammenstößen. Bilanz: Dutzende Verletzte.
       
 (IMG) Bild: Tränengas bei einer Demonstration des Kollektivs „Bassines Non Merci“ gegen den Bau eines Wasserreservoirs
       
       Paris taz | Enorme künstliche Wasserbecken sollen es landwirtschaftlichen
       Großbetrieben in Westfrankreich ermöglichen, im Sommer ihre Felder zu
       bewässern, wenn die Niederschläge ausbleiben. Am Samstag hatten
       Gewerkschaften, Grüne und Umweltorganisationen in Sainte-Soline im
       westfranzösischen Departement Les Deux Sèvres zu einer Demonstration gegen
       das Vorhaben aufgerufen.
       
       In diesem Ort zwischen La Rochelle und Poitiers ist das zweite von 16
       geplanten Wasserreservoirs im Bau. Im offenen Krater, der mit Plastik
       ausgelegt werden soll, könnten bis zu 650.000 Kubikmeter Wasser (in etwa
       260 Olympia-Schwimmbecken), die im Winter aus dem Untergrund gepumpt
       werden, für die Bewässerung von Maisfeldern im Sommer gelagert werden. Laut
       den Kritikern ist auch im Winter in dieser Region das Wasser bereits knapp.
       
       Zudem könnte das für private Interessen abgezweigte Wasser dem benachbarten
       Naturpark Marais Poitevin fehlen und dieses Sumpfgebiet gefährden. Die auf
       rund 60 Millionen Euro veranschlagten Kosten des Projekts werden zu 70
       Prozent mit öffentlichen Geldern finanziert. Das empört die Gegner*innen
       erst recht.
       
       Die Kundgebung hatten Behörden wegen befürchteter gewaltsamer
       Auseinandersetzungen verboten. Dennoch kamen zwischen 4.000 und 7.000
       Gegner*innen aus ganz Frankreich, unter ihnen Politiker*innen der
       Grünen (EELV) wie Yannick Jadot und [1][Sandrine Rousseau]. Die
       Polizeipräfektur hatte ein massives Aufgebot von mehr als 1.500
       Ordnungskräften mit Einsatzfahrzeugen und fünf Hubschraubern
       bereitgestellt. Ihre Aufgabe sollte es sein, die Demonstrierenden daran zu
       hindern, auf das Baugelände vorzudringen und dieses zu besetzen.
       
       ## Verletzte auf beiden Seiten
       
       Nach einem eher fröhlichen Beginn der Kundgebung in der Nähe des
       umstrittenen Geländes organisierten sich die Demonstrierenden in drei
       Blöcken, denen es gelang, bis auf den Bauplatz vorzustoßen. Die für solche
       Einsätze vorgesehenen Angehörigen der Gendarmerie mobile, die Tränengas
       einsetzten, wurden mit Wurfgeschossen, laut offizieller Stellungnahme
       angeblich auch mit Molotowcocktails, angegriffen. In Videos sehen diese
       Zusammenstöße aus wie eine altertümliche Schlacht auf einem offenen Feld.
       Medien sprechen vom „Wasserkrieg der Deux Sèvres“.
       
       Die Bilanz des französischen Innenministers [2][Gérald Darmanin] ist alles
       andere als ruhmreich: In den Reihen der Ordnungskräfte wurden am Samstag 61
       Personen teils schwer verletzt. „Das war keine friedliche Kundgebung,
       sondern eine sehr gewaltsame Ansammlung“, rechtfertigte sich der
       Innenminister.
       
       Auf der Gegenseite ist von rund ebenso vielen Verletzten die Rede,
       mindestens fünf mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Auch der Sprecher
       des Kollektivs Bassines Non Merci!, Julien Le Guet, wurde am Kopf verletzt.
       Er war vor der Demonstration mit zwei Mitgliedern der linken Confédération
       Paysanne festgenommen und dann wieder freigelassen worden.
       
       Le Guet meinte vor der Aktion: „Es ist eine Vorstellung aus dem vorigen
       Jahrhundert zu meinen, man könne ein so bedeutendes Problem wie das der
       Wasserversorgung lösen, indem man (das Wasser) dank Kernenergie in ein
       Plastikbecken pumpt. Das Wasser ist hier schon im Winter knapp, das Ganze
       kann nicht funktionieren.“ Er plädiert für eine alternative, solidarische
       und umweltschonende Landwirtschaft anstelle des intensiven Maisanbaus.
       
       Der Bauernverband FNSEA dagegen sagt, mit den Becken könne ohne
       Umweltbelastung die Versorgung mit Nahrung sichergestellt werden. Gegner
       kündigten weitere Proteste an.
       
       30 Oct 2022
       
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