# taz.de -- Steigende Heizkosten: Gut gerüstet in den Energiekrieg
       
       > Unser Autor lebt im Exil in Estland. Auch dort steigen Gas- und
       > Strompreise gerade rasant. Er hat jetzt erst mal Brennholz bestellt.
       
 (IMG) Bild: Könnte kalt werden: Tallinn im Winter
       
       Ukraine, Inflation und Energiekrise. Drei Themen, die in Tallinn sogar
       Menschen, die sich gar nicht kennen, untereinander diskutieren, statt wie
       früher übers Wetter zu sprechen. „[1][Putins Energiekrieg]“ nennt die
       estnische Premierministerin Kaja Kallas das, was gerade passiert. Und es
       fällt schwer, ihr zu widersprechen.
       
       Ich lebe in einer Einzimmerwohnung in einem Holzhaus [2][im Zentrum von
       Tallinn,] die Heizung ist abgeschaltet, nur das Wasser zum Duschen und in
       der Küche wird mit Gas erhitzt. Und trotzdem ist der Abschlag für Strom
       zwischen Juni und September von 14 auf monatlich 68 Euro gestiegen. Mit
       Beginn der Heizperiode drohen die Nebenkosten in Tallinn die Höhe der
       Wohnungsmiete zu erreichen.
       
       In einem dringenden Appell anlässlich des Beginns der [3][Teilmobilisierung
       in Russland] warnte Kaja Kallas, dass künftig auch Estland von
       [4][Stromausfällen] betroffen sein könne, die von seinem östlichen Nachbarn
       verursacht werden. Obwohl die Zusammenarbeit zwischen Estland und Russland
       fast vollständig beendet ist, haben sie noch ein gemeinsames Stromnetz. Die
       russischen Behörden versichern, dass es keine Pläne gebe, dieses gemeinsame
       System zu unterbrechen, aber man traut ihnen nicht. Ganz zu schweigen von
       der Tatsache, dass die aktuelle Energiesituation auch ohne Stromausfälle
       schon bald einen kritischen Zustand erreichen könnte.
       
       ## Staatliche Maßnahmen angekündigt, aber umstritten
       
       „Der billigste Strom ist der, der nicht verwendet wird“, das ist noch so
       eine populäre Aussage, der man nur zustimmen kann. Staatliche Maßnahmen
       wurden zwar angekündigt, doch wie wirksam sie sein werden, ist noch
       umstritten. Und woher der Staatshaushalt die zusätzlichen Mittel für diese
       Maßnahmen nehmen soll, ist ebenfalls ungeklärt.
       
       In meinem Hof gibt es jetzt Material für den Energiekrieg – ein Berg
       Brennholz unter einer Plastikfolie. Auch der Brennholzpreis hat sich in
       diesem Jahr verdreifacht, aber Ofenheizung ist immer noch am billigsten.
       Espenholz, das im vergangenen Jahr 47 Euro pro Kubikmeter gekostet hat,
       wird jetzt für 120 Euro verkauft. Birkenholz lag 2021 bei 55 Euro, jetzt
       sind 130 Euro fällig. Ich hatte Glück und habe für einen Kubikmeterpreis
       von 90 Euro kleingesägte Holzpaletten gekauft. „Ich habe nicht mal mehr
       versucht zu bestellen. Das sind ja Blockadepreise“, lacht meine estnische
       Nachbarin Kristin, während sie mich dabei beobachtet, wie ich die wertvolle
       Fracht vom Hof in den Schuppen schleppe.
       
       Die Energiekrise ist ein Grund zur Sorge, aber nicht zur Entmutigung.
       Estland unterstützt die Ukraine sehr stark. Zwar sind einige
       russischsprachige Einwohner Estlands für die Aufhebung der Sanktionen gegen
       Russland, jedoch kaum die Esten selbst. Nicht umsonst ist „hakkama saama“
       eine wichtige Redewendung, um den estnischen Geist zu verstehen – „wir
       werden es schaffen“, „irgendwie werden wir überleben“.
       
       Aus dem Russischen [5][Gaby Coldewey]
       
       Finanziert wird das Projekt von der [6][taz Panter Stiftung].
       
       Einen Sammelband mit den Tagebüchern hat der [7][Verlag edition.fotoTAPETA]
       im September herausgegeben.
       
       14 Oct 2022
       
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 (DIR) [6] https://shop.taz.de/product_info.php?products_id=245248
 (DIR) [7] https://www.edition-fototapeta.eu/
       
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 (DIR) Alexey Schischkin
       
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