# taz.de -- Schnellere Energiewende in Frankreich: Macron will Rückstand aufholen
       
       > Frankreichs erste Offshore-Anlage ist am Netz. Ein Gesetz soll den Ausbau
       > erneuerbarer Energien beschleunigen. Was wird aus der Atomkraft?
       
 (IMG) Bild: Macron will aufholen: Der erste Offshore-Park in Frankreich steht in Saint-Nazaire
       
       Paris taz | Frankreich hat bei Solar- und Windenergie einen bedauerlichen
       Rückstand: Diese Feststellung ist nicht neu, aber jetzt kommt sie offiziell
       aus dem Mund von Staatspräsident Emmanuel Macron. Und der will das ändern.
       Am heutigen Montag wird er dem Ministerrat seine Gesetzesvorlage zur
       Energiepolitik der nächsten Jahrzehnte zur Diskussion vorlegen. In den
       kommenden beiden Monaten wird sie dann das Parlament beschäftigen.
       
       Nur 8 Prozent des Stromverbrauchs in Frankreich stammt aus Windkraft, alle
       erneuerbaren Quellen zusammen kommen nicht einmal auf 25 Prozent. Damit
       bleibt das Land weit hinter den europäischen Nachbarn, aber auch hinter
       seinen klimapolitischen Zielvorgaben zurück. Alles sei bisher zu langsam
       gegangen, bedauert der Staatschef, der dafür selbst keinerlei Verantwortung
       übernehmen möchte. Mit seiner Vorlage blickt er nun vor allem recht weit in
       die Zukunft.
       
       Nach seiner Darstellung dauert die Planung, Genehmigung und Errichtung von
       Solar- und Windkraftanlagen in Frankreich doppelt so lange wie in den
       Nachbarländern. Sein neidischer Blick gilt Großbritannien und Deutschland.
       „Unsere Nachbarn sind viel schneller gewesen“, so Macron. Schuld daran sein
       sollen die örtlichen Gegner von Windkraft oder Solaranlagen. Mit ihrem
       „Widerstand aus persönlichen Interessen“ würden sie die Genehmigungen aus
       Sicht der Behörden bloß unnötig verzögern.
       
       Genau das soll das neue Gesetz nun ändern. Es würde vor allem die Fristen
       bei Einsprachen gegen lokale Energieprojekte drastisch verkürzen. In
       Streitfällen soll künftig jede Gerichtsinstanz innerhalb von 10 Monaten
       entscheiden müssen. Das würde den gesamten Prozess auf maximal 30 Monate
       reduzieren.
       
       ## Vorbilder USA, China, Österreich
       
       Keine Frage, dass die davon betroffenen Bürgerinitiativen und
       Umweltverbände diesen Weg, die Verfahren zu beschleunigen, als Versuch
       sehen, ihre demokratischen Rechte zu beschneiden.
       
       Ebenfalls per Gesetz will Macron anordnen, dass auf den Flachdächern der
       Parkhäuser oder auch auf ungenutzten Flächen entlang der Autobahn
       systematisch Solarmodule installiert werden, wie dies bereits zum Teil
       bereits in den USA, in China oder Österreich gemacht wird. Das private
       Autobahnunternehmen Vinci hat Macron versprochen, 1.000 Hektar Fläche neben
       den Leitplanken mit Solarmodulen auszurüsten, die namentlich der
       Stromzufuhr zum Aufladen der Batterien der E-Autos dienen sollen.
       
       ## Hoffnung auf Offshore
       
       Der Staatschef will aber noch deutlich weiter gehen: Mit einem Programm der
       „massiven Beschleunigung“ plant er, zu einer „Aufholjagd“ zu mobilisieren.
       Das zumindest war seine Ankündigung am vergangenen Donnerstag, als er in
       der Werftstadt Saint-Nazaire an der Atlantikküste den ersten französischen
       Offshore-Windkraftpark offiziell einweihte. Macron war zu diesem Anlass im
       Direktflug von der [1][Generalversammlung der Vereinten Nationen] aus New
       York angereist.
       
       Demnächst sollen die 75 Meter langen Rotorenblätter der 80
       Windkraftinstallationen, die 100 Meter aus dem Meer ragen (Gesamtlänge: 175
       Meter) dank ihrer gemeinsamen Leistungsfähigkeit von 480 Megawatt Strom für
       rund 300.000 Bewohner im Departement Loire-Atlantique produzieren.
       
       Das ist allerdings wenig mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein
       [2][angesichts der Produktionsausfälle in den Atomkraftwerken des Landes],
       die im Normalfall zuletzt immer noch fast 70 Prozent des Strombedarfs
       abgedeckt hatten. Noch immer sind mehr als die Hälfte der 56 Reaktoren des
       AKW-Betreibers EDF außer Betrieb, weil Korrosionsschäden auf Rohren der
       Sicherheitssysteme analysiert und die Anlagen insgesamt gewartet werden
       müssen. Für diese Probleme der Gegenwart bieten auch Macrons Pläne für die
       Zukunft erst einmal keine Antwort.
       
       ## Spoiler: Atompark soll ausgebaut werden
       
       Mehr als zehn Jahre hat es übrigens gedauert, bis die Anlage bei
       Saint-Nazaire betriebsbereit war. Den Anstoß hatte 2008 noch Ex-Präsident
       Nicolas Sarkozy gegeben. Damit ist dieser Windpark beispielhaft für das
       Schneckentempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Frankreich.
       Andererseits soll er nun auch wegweisend sein als Modell für die Zukunft:
       Bis 2050 sollen laut Macron 50 solcher Anlagen fertig werden und zusammen
       40 Gigawatt Strom liefern. Parallel dazu soll bis dahin die Gesamtkapazität
       der Solaranlagen auf 100 Gigawatt verzehnfacht werden.
       
       [3][Zugleich werden aber auch 6 EPR-Reaktoren der dritten Generation in
       Auftrag gegeben,] 8 weitere sind als Option vorgesehen: Denn für Macron
       sind in der Energieplanung die Erneuerbaren und Atomenergie die beiden
       Seiten einer Medaille, die jeweils allein nicht genügen können.
       
       25 Sep 2022
       
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