# taz.de -- Äthiopien wartet auf Weizenlieferungen: Ein Schiff wird kommen
       
       > Erstmals seit Kriegsbeginn ist ein Frachter mit Weizen aus der Ukraine
       > ans Horn von Afrika unterwegs. Am 31. August soll er in Dschibuti
       > ankommen.
       
 (IMG) Bild: Die „Brave Commander“ in Pivdennyi
       
       Berlin taz | Zum ersten Mal seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine am
       24. Februar ist ein Schiff mit ukrainischem Getreide im UN-Hilfsauftrag
       unterwegs. Der vom [1][UN-Welternährungsprogramm WFP] gecharterte
       libanesische Frachter „Brave Commander“ mit 23.000 Tonnen Weizen legte am
       16. August im Hafen des ukrainischen Juschne ab und soll am 31. August in
       Dschibuti am südlichen Ende des Roten Meeres ankommen.
       
       Es sei ein „emotionaler Moment“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres,
       als er sich [2][am 20. August in Istanbul] vor der „Brave Commander“ im
       Bosporus filmen ließ. Im Beisein von Guterres wurde die Schiffsladung der
       Inspektion unterzogen, die Teil der Vereinbarung vom Juli zwischen der UNO,
       der Türkei, der Ukraine und Russland zur Wiederaufnahme der seit Februar
       von der russischen Kriegsmarine blockierten Exporte aus der Ukraine über
       das Schwarze Meer darstellt.
       
       Ziel der Ladung ist Äthiopien. Das gesamte Horn von Afrika leidet dieses
       Jahr wegen Kriegen und der schwersten Dürre seit Jahrzehnten an
       Nahrungsmittelknappheit, die die Regierungen der Region kurzfristig nicht
       selbst bewältigen können. In Äthiopien benötigen 20,4 Millionen der 120
       Millionen Einwohner nach UN-Berechnungen dieses Jahr Nahrungsmittelhilfe,
       13 Millionen davon in Konfliktgebieten infolge des seit November 2020
       währenden Krieges um die abtrünnige Region Tigray.
       
       Von den rund vier Millionen Einwohnern Tigrays sind praktisch alle auf
       Hilfe angewiesen. Das WFP erreicht sie nur unzureichend, da die äthiopische
       Regierung den Zugang nur sporadisch zulässt. Zu Beginn des Krieges war die
       Region monatelang komplett abgeschnitten. Seit der Wiederzulassung von
       UN-Hilfen im Juli 2021 konnten nur 15 Prozent des Bedarfs gedeckt werden,
       bilanzierte die humanitäre UN-Koordinierungsstelle OCHA Anfang August:
       Hilfsgüter im Wert von 47 Millionen US-Dollar seien angekommen, aber
       benötigt würden 6 Millionen pro Woche.
       
       ## Warten im Binnensee
       
       „Treibstoffmangel, Unsicherheit und Finanznot“ nennt das WFP in seinem
       jüngsten Äthiopien-Bericht als Gründe dafür, warum im Juni – dem letzten
       vollständig ausgewerteten Monat – nur die Hälfte der 3,86 Millionen mit
       Nahrungsmittelhilfe zu versorgenden Menschen in Äthiopien erreicht wurden
       und in Tigray gar keine. Die 23.000 Tonnen Weizen auf der „Brave Commander“
       sind da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Für die akut Hungernden im
       gesamten Horn von Afrika bräuchte die UNO jede Woche einen großen
       Getreidefrachter aus der Ukraine.
       
       Dass diese Fracht ankommt, ist dennoch ganz wichtig. Der Weizen auf der
       „Brave Commander“ wurde vom WFP vor Kriegsausbruch in der Ukraine bestellt
       und bezahlt, mit Finanzierung aus den USA. Zwei Drittel des Getreides, das
       das WFP im Jahr 2021 zur Hungerbekämpfung weltweit einsetzte, stammten aus
       der Ukraine.
       
       Gerade deswegen hatten die Ausfälle der vergangenen Monate eine
       überproportionale große Auswirkung auf UN-Hilfswerke. Bereits bezahlte
       Lebensmittel fielen aus, für neue fehlte das Geld. Bei weltweit steigenden
       Preisen verteuern sich auch Ankäufe lokal produzierter Lebensmittel sowie
       Transportkosten.
       
       Nun wartet die „Brave Commander“ in einem Binnensee des Suezkanals in
       Ägypten auf grünes Licht für die Weiterfahrt durch das Rote Meer. Ob das
       Getreide nach der Ankunft die Bedürftigen im Süden erreicht, ist unklar:
       Seit Mittwoch wird in Tigray wieder gekämpft, die Tigray-Rebellen haben die
       dortigen WFP-Benzinvorräte beschlagnahmt.
       
       26 Aug 2022
       
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