# taz.de -- Arbeiten mit einer Corona-Infektion: Kann man machen, muss man nicht
       
       > Gesundheitsminister Lauterbach hat Corona mit leichten Symptomen. Er
       > leitet sein Ministerium aus dem Homeoffice. Was heißt das für andere
       > Arbeitende?
       
 (IMG) Bild: Sollte man mit leichten Symptomen, wie sie Lauterbach nach eigenen Aussagen hat, arbeiten?
       
       Karl Lauterbach hat Corona. Diese Nachricht entlockt sicher manchen ein
       Schmunzeln, einige seiner Kritiker:innen dürften sogar schadenfroh
       sein: Jetzt hat es die „SPD-Alarmsirene“ auch erwischt – trotz
       Vierfachimpfung und Vorsichtsmaßnahmen. Was soll dann noch diese ganze
       [1][Nerverei mit Spritzen,] Masken, Isolation und Homeoffice? Hilft ja doch
       alles nichts, irgendwann werden es alle haben. So jedenfalls lautet seit
       Monaten der Tenor insbesondere in den sozialen Netzwerken.
       
       Die Frage nach der „[2][Durchseuchung“ ist durchaus berechtigt, Omikron]
       ist – das wissen wir dank der [3][„Spaßbremse Lauterbach“] ganz genau –
       sehr viel ansteckender als die Vorgängervarianten. Dass sich bei aller
       Vorsicht auch der Gesundheitsminister infiziert, war daher eine Frage der
       Zeit. Schließlich hat er Kontakte und Treffen, die schon mal länger dauern.
       Die Zahl derer, die bislang coronafrei geblieben sind, schrumpft von Tag zu
       Tag.
       
       Alle anderen Äußerungen und Ereiferungen zu überzogener Vorsicht jedoch
       bleiben zynisch angesichts dieser [4][Krankheit, die vermutlich nie
       komplett beherrschbar sein wird]. Und ja, Lauterbach hat Recht, wenn er
       immer und immer wieder dieses eine Mantra singt: Wie gut, dass es Impfungen
       gibt, die schützen in den meisten Fällen vor schweren Verläufen und Tod.
       
       Aber sollte man mit leichten Symptomen, wie sie Lauterbach nach eigenen
       Aussagen hat, arbeiten? Es ist nur wenige Wochen her, da [5][lieferten sich
       diesbezüglich der Gesundheitsminister und der Kassenärztechef Andreas
       Gassen einen interessanten Schlagabtausch]. Gassen plädierte, Infizierte
       mit leichten oder gar keinen Symptomen sollten ins Büro, ins Pflegeheim,
       auf die Krankenstation, in die Fabrik gehen. „Dadurch würde die Personalnot
       vielerorts gelindert“, argumentierte Gassen: „So halten wir es mit anderen
       Infektionskrankheiten wie der Grippe auch.“ Lauterbach hielt dagegen:
       „Infizierte müssen zu Hause bleiben.“ Um andere nicht anzustecken und die
       Pandemie zu strecken.
       
       ## Wer krank ist, muss nicht arbeiten
       
       Was auf den ersten Blick anmutet wie ein Widerspruch, in den sich
       Lauterbach nun begibt – infiziert, aber ohne Krankschreibung -, ist bei
       genauer Betrachtung keiner. Sondern schlicht die gelebte Konsequenz seiner
       Mahnungen und Forderungen: Er ist infiziert und isoliert sich. Er hat
       leichte Symptome und arbeitet weiter – aber eben vom Homeoffice aus und
       nicht im Ministerium, wo er seine Kolleg:innen anstecken könnte.
       
       Was aber heißt das für andere Arbeitnehmer:innen? [6][Müssen die jetzt auch
       von zu Hause aus Mails schreiben, telefonieren, an Zoom-Konferenzen
       teilnehmen, Konzepte schreiben?] Nein, müssen sie nicht! Das schreibt das
       Gesetz vor: Wer krank ist, wer sich krank fühlt, muss nicht arbeiten.
       Arbeitgeber:innen, die von ihren Mitarbeitenden anderes verlangen, haben
       schlechte Karten, sollten solche Fälle juristisch verhandelt werden.
       
       Etwas anderes ist es, wenn Führungskräfte entscheiden, trotz seichter
       Symptome zu arbeiten – wohl gemerkt so, dass sie andere nicht gefährden,
       also isoliert, wo auch immer. Durch die Pandemie, in der digitales Arbeiten
       in vielen Branchen schon fast zum Normalfall mutierte, ist das in der Regel
       ohne größeren Verlust an Informationen und Kommunikation möglich. So hält
       es auch Lauterbach.
       
       Was aber, wenn der Chef durch seine Anwesenheit indirekt Druck auf die
       Mitarbeiter:innen ausübt? Oder gar ganz klar und deutlich: Wenn ich
       hier hocke, dann habt Ihr gefälligst auch anzutanzen. Wer seinen Kopf nicht
       unterm Arm trägt, kann auch arbeiten.
       
       So geht es natürlich nicht. Arbeitgeber:innen, die so verfahren, dürften
       aufgrund des Fachkräftemangels bald keine Leute mehr haben. Diese suchen
       sich nämlich einen sozialeren Arbeitgeber.
       
       Gesundheitsminister Lauterbach ist nicht der Erste und nicht der Einzige in
       einer Leitungsposition, der sich trotz positivem Testergebnisses weiter
       seinen Aufgaben widmet. Das ist kein schlechtes Vorbild, sondern zeugt von
       Verantwortungsbewusstsein und Gewissenhaftigkeit. Es geht um die Sache und
       nicht um persönliche Befindlichkeiten. Wer sollte da etwas dagegen haben?
       
       5 Aug 2022
       
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