# taz.de -- Hartz-IV-Anspruch wegen Nachforderung: Bei Gaspreis-Stress zum Jobcenter
       
       > Berater rechnen mit mehr Anträgen beim Jobcenter, wenn Heiznachzahlungen
       > kommen. Eine Nachforderung kann einen Hartz-IV-Anspruch auslösen.
       
 (IMG) Bild: Bei zu hohen Heizkosten werden ergänzende Hilfen vom Jobcenter möglich
       
       Berlin taz | Die Pflegerin verdient 1.700 Euro netto im Monat und kommt
       damit einigermaßen über die Runden. Dann aber flattert im September die
       Nachzahlung ihres Energieversorgers ins Haus. 700 Euro werden auf einen
       Schlag im Oktober fällig. Was viele nicht wissen: Die Frau könnte damit nur
       für den Monat Oktober einen Anspruch auf 300 Euro an ergänzender Hilfe vom
       Jobcenter für die Heizkosten erwirken. „Sie muss aber den Antrag beim
       Jobcenter im Monat der Fälligkeit der Nachzahlung stellen, danach ist es zu
       spät“, betont Harald Thomé, Berater beim Selbsthilfeverein Tacheles in
       Wuppertal.
       
       Thomé, der dieses Beispiel erklärt, und andere Verbandsvertreter, rechnen
       vor, dass hohe einmalige Nachzahlungen aufgrund der steigenden
       Energiepreise auch in Haushalten außerhalb der Armutsgrenzen für den Monat
       der Fälligkeit einen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen auslösen können.
       Jobcenter sind verpflichtet, Miet- und Heizkosten zu übernehmen und dazu
       gehören auch Nachzahlungen zu den Heizkosten.
       
       Bei hohen einmaligen Nachzahlungen werde es daher auch für Haushalte „bis
       weit in die Mittelschicht hinein“ möglich sein, Leistungen beim Jobcenter
       beantragen zu können, sagt Christoph Krüßmann, Berater beim Stromspar-Check
       der Caritas in Konstanz.
       
       Die Antragsstellung beim Jobcenter wird erleichtert durch die aktuelle
       Gesetzeslage: In den [1][ersten zwei Jahren des Hartz-IV-Bezugs] darf die
       Angemessenheit der Wohnkosten keine Rolle spielen, auch Vermögen wird vom
       Jobcenter nicht angerechnet, es sei denn, es handelt sich um erhebliches
       Vermögen von mehr als 60.000 Euro für einen Alleinstehenden.
       
       ## Urteil des Bundessozialgerichts
       
       Auch Rentner:innen können beim Sozialamt einen Anspruch auf
       vorübergehende ergänzende Grundsicherung im Alter geltend machen, wenn sie
       von einer einmaligen hohen Nachzahlung für die Heizkosten betroffen sind.
       
       Auf der [2][Website der Verbraucherzentralen] wird zwar auch auf die
       mögliche Hilfe durch Jobcenter oder Sozialämter hingewiesen. Die Website
       empfiehlt aber auch, bei einer hohen Nachforderung mit dem Energieversorger
       „eine Ratenzahlung auszuhandeln“. Wird die Begleichung der Nachforderung
       auf mehrere monatliche Raten verteilt, rutschen die Betroffenen nicht in
       einem Monat unter die Bedarfsgrenze.
       
       „Wenn Gasversorger und Vermieter hohe monatliche Abschläge für die höheren
       Energiekosten fordern, sollte man dem als Mieter nicht zustimmen, weil man
       damit die Möglichkeit der einmaligen Unterstützung durch das Jobcenter, die
       nur bei Fälligkeit einer hohen Nachzahlung in einem Monat möglich ist,
       vergibt“, gibt wiederum Krüßmann zu bedenken.
       
       Nach einem [3][Urteil des Bundessozialgerichts] (AZ B14AS20/18R) ist es
       einem Jobcenter nicht erlaubt, eine einmalige Nachzahlung für jährliche
       Heizkosten rechnerisch auf mehrere Monate zu verteilen, weil die
       Betroffenen bei einer solchen Umlage die Kosten dann aus eigenen Mitteln
       aufbringen könnten.
       
       18 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Corona-und-Hartz-IV/!5743284/
 (DIR) [2] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/geld-versicherungen/kredit-schulden-insolvenz/nicht-genug-geld-fuer-die-gas-oder-stromrechnung-was-kann-ich-tun-75600
 (DIR) [3] https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2019/2019_05_08_B_14_AS_20_18_R.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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