# taz.de -- Mögliche Bergbaufolgen: Unternehmen auf wackligem Boden
       
       > K+S hat in Lehrte lange Zeit Kalisalze abgebaut. Jetzt senkt sich die
       > Erde und im Bach blubbert es. Nun wird das Unternehmen in die Pflicht
       > genommen.
       
 (IMG) Bild: Höhlt die Erde aus: Kali-Bergbau
       
       Osnabrück taz | Aus einem Bach steigen Gasblasen auf. Aus einem Brunnen
       kommt Luft. Rinnsteine falten sich hoch. Die Erdoberfläche senkt sich.
       Südlich von Lehrte, einem niedersächsischen Städtchen kurz vor Hannover,
       ist nicht alles so, wie es sein sollte. Als Ursache im Verdacht: das
       Bergwerk Bergmannssegen-Hugo des Konzerns K+S. Bis Anfang der 1990er wurden
       hier Kalisalze abgebaut. Bis zu 1.300 Meter tief reicht die Anlage hinab,
       in mehreren Sohlen.
       
       Die Köhlerheide, in der sich der Boden größerflächig um rund zehn
       Zentimeter gesenkt hat, wird jetzt näher untersucht. Ein
       „Einwirkungsbereich“ müsse definiert werden, teilte das Landesamt für
       Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Hannover, Ende Juli mit. Geschädigten
       gibt ein solcher Bereich starke Rechte: Für alle Schäden, die in ihm
       entstehen, gilt fortan die Vermutung, das die Ursache der Bergbaubetrieb
       ist.
       
       Eine Beweislastumkehr findet statt: Der Geschädigte muss nicht nachweisen,
       wie der Schaden entstanden ist, sondern das Bergbauunternehmen muss
       glaubhaft machen, dass es ihn nicht verursacht hat. K+S ist jetzt in der
       Pflicht, in der Köhlerheide Vermessungen vorzunehmen. Das LBEG fungiert als
       Prüfinstanz.
       
       „Was die Phänomene verursacht, die wir in Lehrte beobachten, kann bis jetzt
       niemand verlässlich sagen“, sagt Eike Bruns, Sprecher des LBEG, auf Anfrage
       der taz. „Aber wir nähern uns an, durch Ausschlusskriterien.“ [1][Zum
       Beispiel die Gasblasen im Lehrter Bach, nicht weit von der Köhlerheide.]
       „Ziemlich klar ist inzwischen, dass da keine Grubenluft rauskommt“, sagt
       Bruns. „Auch Methan ist nicht dabei. Das untersucht man gleich zu Anfang,
       denn das ist ja potenziell gefährlich.“
       
       ## Wohl Pups von Mikroben
       
       Auch K+S sieht sich nicht als Verursacher: Eine Isotopenuntersuchung des
       Luftaustritts deute darauf hin, „dass das Phänomen mikrobiellen Ursprungs
       ist“, sagt Unternehmenssprecher Michael Wudonig der taz. „Die entnommenen
       Proben weisen keinerlei Spuren in der Luft auf, wie sie beim Bergbau
       erwartbar wären.“
       
       Wolfgang Tannenberg, Vorsitzender der örtlichen Bürgerinitiative Umwelt
       Uetze, wertet die Gasblasen anders. Für ihn sind sie ein Zeichen, [2][dass
       durch die Salzlauge, mit der das Bergwerk geflutet worden ist, Luft
       emporgedrückt wird]. „Und wenn die raus ist, kommt womöglich Lauge
       hinterher, und die schädigt dann hier oben die Umwelt.“
       
       Auch zur Erdsenkung in der Köhlerheide hat Tannenberg einen beunruhigenden
       Gedanken: [3][Bei der Flutung sei zwar hauptsächlich Salzlauge zum Einsatz
       gelangt,] aber auch Süßwasser. „Süßwasser kann das Salz weiter auswaschen.
       Wenn dort unten einer der Salzpfeiler nachgibt, schadet das der Stabilität
       des Bergwerks, und das ist eventuell auch oben zu merken.“
       
       Wudonig räumt ein, dass zur Flutung, die Pflicht ist in Niedersachsen, auch
       Wasser des Mittellandkanals genutzt wurde. Aber: „Das durch Gutachten und
       Messungen begleitete Verfahren ist mittlerweile über Jahrzehnte erprobt und
       auch so durch die Behörden genehmigt.“ Es diene „zur langzeitsicheren
       Stabilität des Grubengebäudes und somit auch zur Verringerung der Senkungen
       an der Tagesoberfläche“. Zudem, sagt [4][LBEG-Sprecher Bruns], sei
       Süßwasser „nur in sehr geringem Maße“ eingesetzt worden.
       
       Die Veränderungen in der Köhlerheide sind ein schleichender Prozess. „Wir
       sprechen hier über Senkungen, die sich seit Jahrzehnten vollziehen“, sagt
       [5][K+S-Sprecher Wudonig]. Die Festlegung des Einwirkungsbereichs werde „in
       den kommenden Wochen“ erfolgen.
       
       Tannenberg findet diese Festlegung gut. „Gegen einen Großkonzern wie K+S
       hat ein Geschädigter sonst ja keine Chance.“ Für die Expertenrunde, in der
       VertreterInnen der Stadt Lehrte und des LBEG mit K+S untersuchen, ob
       Bergmannssegen-Hugo die Ursache der Lehrter Phänomene ist, wünscht er sich
       Verstärkung: „Da sollte eine neutrale GeologIn am Tisch sitzen.“ Die
       Neutralität des LBEG bezweifelt Tannenberg: „Die sind immer sehr schnell,
       wenn es gilt, einen Antrag von K+S zu genehmigen.“
       
       6 Aug 2022
       
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