# taz.de -- Politische Krise im Irak: Schlafstreik in Iraks Parlament
       
       > Anhänger des schiitischen Politikers as-Sadr besetzen weiter das Gebäude.
       > Sie protestieren gegen einen pro-iranischen Präsidentschaftskandidaten.
       
 (IMG) Bild: Schlafen, Protestieren, Haare schneiden – alles im irakischen Parlament
       
       Berlin taz | Anhänger des irakischen Politikers, Milizenführers und
       Geistlichen Muktada As-Sadr halten weiterhin das Parlament des Irak in der
       Hauptstadt Bagdad besetzt. [1][Am Samstag hatten sie die Betonbarrieren um
       die sogenannte Grüne Zone überwunden], in der das irakische Parlament sowie
       mehrere Botschaften liegen, und waren dann in das Gebäude eingedrungen.
       
       Bis auf Weiteres sei ein Sitzstreik angekündigt, erklärten Anhänger
       as-Sadrs am Samstag über den Messengerdienst Whatsapp. Videoaufnahmen des
       katarischen Fernsehsenders Al Jazeera zeigen nebeneinander in Reihen auf
       dem Boden liegende Männer, manche schlafen, manche haben Matratzen, Decken
       und Kissen dabei. Ein Assistent as-Sadrs erließ am Sonntag [2][zehn Regeln
       für die Demonstranten], die ebenfalls darauf hindeuten, dass die Besatzung
       wohl anhalten wird. So sei es „möglich, dass Freitagsgebete“ dort
       abgehalten würden.
       
       Bereits am Mittwoch hatten Anhänger as-Sadrs das Parlament kurzzeitig
       gestürmt, bevor dieser sie am Abend aufforderte, ihre Proteste zu beenden.
       
       Auslöser der Demonstrationen ist die Kandidatur Mohammed Schia al-Sudanis
       für das Amt des irakischen Ministerpräsidenten. Eine Allianz pro-iranischer
       schiitischer Parteien hatte ihn als Kandidaten nominiert. Der ebenfalls
       schiitische As-Sadr gilt als eher anti-iranisch, sein Kurs hat sich im
       Laufe seiner politischen und paramilitärischen Karriere aber bereits
       mehrfach gewandelt. Al-Sudani war außerdem unter dem früheren Premier Nouri
       al-Maliki Minister für Menschenrechte. Al-Maliki und as-Sadr gelten als
       politische Rivalen.
       
       ## Korruption ist ein großes Problem für viele Iraker
       
       Das Amt des Ministerpräsidenten ist seit den irakischen Parlamentswahlen im
       Oktober 2021 nicht besetzt worden. Das politische System im Irak ist anhand
       ethnischer und politischer Linien geteilt, über 30 verschiedene Parteien
       hatten Sitze im Parlament erhalten. [3][As-Sadrs Block, der die Wahlen
       gewonnen hatte], sowie die vielen weiteren Parteien blockierten sich nach
       der Wahl gegenseitig, seitdem konnte keine neue Regierung gebildet werden.
       
       Im Juni hatte as-Sadr die 73 Abgeordneten seiner Partei aufgefordert, sich
       aus dem Parlament zurückzuziehen. Ebenfalls im Juni kamen 64 neue
       Parlamentarier hinzu, wodurch statt as-Sadrs Block nun die pro-iranische
       Fraktion die größte des Parlaments wurde.
       
       Viele Iraker haben die einander blockierenden Parteien sowie die anhaltende
       Korruption satt. In as-Sadr, obwohl Teil der etablierten politischen
       Landschaft, sehen viele einen Kämpfer, der sich dieser entgegensetzt.
       
       As-Sadr selbst nennt die Proteste [4][„eine erste Phase einer goldenen
       Möglichkeit] für alle Menschen, die sich am Feuer der Ungerechtigkeit, des
       Terrorismus, der Korruption, der Belagerung“ verbrannt hätten. Er hoffe,
       dass sich die „Tragödie“ von 2016 nicht wiederholen werde. Auch damals
       hatten seine Anhänger das Parlament gestürmt, nachdem es sich nicht auf die
       Besetzung von Ministerposten einigen konnte. Anhaltende Veränderungen
       erzielten sie damals aber nicht.
       
       1 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Anhaenger-des-iranischen-Schiiten-Fuehrers-Moktada-Sadr/!5871243
 (DIR) [2] https://ina.iq/eng/21073-al-sadrs-assistant-issues-10-new-directives-to-the-demonstrators.html
 (DIR) [3] /Wahl-im-Irak/!5807766
 (DIR) [4] https://ina.iq/eng/21072-al-sadr-addresses-the-iraqi-people-go-to-demand-reform-in-your-country.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Schneider
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Irak
 (DIR) Parlament
 (DIR) Besatzung
 (DIR) Muktada al-Sadr
 (DIR) Muktada al-Sadr
 (DIR) Irak
 (DIR) Irak
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Irak
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Politische Krise im Irak: Des Predigers Lichtschalter
       
       Im Irak rief der schiitische Kleriker Sadr seine Anhänger zu gewalttätigen
       Protesten auf. Dann pfiff er sie zurück – und wartet nun auf
       Entgegenkommen.
       
 (DIR) Schiiten im Irak: Neue Zerreißprobe in Bagdad
       
       Der Irak ist seit Monaten durch einen innerschiitischen Machtkampf gelähmt.
       Der droht zu eskalieren und könnte in einem bewaffneten Konflikt enden.
       
 (DIR) Luftschlag auf Ferienort im Nordirak: Schuldzuweisungen nach Angriff
       
       Im kurdisch regierten Nordirak sterben acht Menschen. Der Irak beschuldigt
       die Türkei, diese die kurdische Organisation PKK.
       
 (DIR) Interview mit Schriftsteller Najem Wali: Gabbai wollte nie nach Israel
       
       Ein neues Gesetz in Irak will Kontakte mit Israelis verbieten. Sogar die
       Todesstrafe droht. Autor Najem Wali reiste dennoch gerade nach Israel.
       
 (DIR) Parlamentswahl im Irak: Der „Widerstand“ bleibt stur
       
       Nach der Wahl verstärkt sich im Irak die Polarisierung im schiitischen
       Lager. Iran nahestehende Kräfte wollen den Sieg der Sadristen nicht
       anerkennen.