# taz.de -- Bergunglück mit Toten in Italien: Klimakatastrophe in den Dolomiten
       
       > Nach dem Bergunglück in Norditalien verweisen Expert*innen auf die
       > Klimakrise. Gletscherstürze könnten Wanderungen immer gefährlicher
       > machen.
       
 (IMG) Bild: Dolomiten: Dass die Vermissten lebendig gefunden werden, gilt als unwahrscheinlich
       
       Rom taz | Mittlerweile rate er dringend von Sommertouren unterhalb von
       Gletschern ab, meint Extrembergsteiger, Buchautor und ehemaliger
       Grünen-Europaabgeordneter Reinhold Messner. Der Klimawandel fresse die
       Gletscher auf, warnt der 77-Jährige [1][Südtiroler] angesichts des
       Gletscherrutsches in den Dolomiten.
       
       Sieben bisher geborgene Tote, außerdem 17 weiterhin Vermisste – das ist die
       schreckliche Bilanz der Bergkatastrophe, die sich am Sonntag auf der
       Marmolata ereignete, dem höchsten Gipfel der Dolomiten in Norditalien.
       
       Wunderbares [2][Wetter mit Sonnenschein und milden Temperaturen] hatte
       Hunderte Ausflügler*innen gelockt. Gleich mehrere Seilschaften befanden
       sich im Aufstieg zu deren mit 3.343 Meter höchstem Gipfel, der Punta Penia,
       als es zu einem Gletscherabbruch bisher nicht gekannten Ausmaßes kam. Auf
       einer 300 Meter breiten Front donnerte eine Lawine aus Schnee, großen
       Eisbrocken und Geröll zu Tal.
       
       Videoaufnahmen zeigen die Wucht der Lawine, die nach Angaben des
       italienischen Zivilschutzes eine Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro
       Stunde erreichte. Wer von ihr erfasst wurde, hatte kaum eine
       Überlebenschance. Bis zum Montagmittag wurden sieben Tote geborgen, während
       acht Menschen verletzt in Krankenhäuser eingeliefert wurden.
       
       ## Gletscherforscher warnt vor weiteren Unglücken
       
       Die Zahl der Opfer wird sich wohl noch deutlich erhöhen. Nach Angaben der
       Rettungskräfte wurden wahrscheinlich etwa 30 Menschen von der Lawine
       erfasst. Am Montagmittag sprach die Staatsanwaltschaft Trient von
       mindestens 17 Vermissten. Auf den von den Ausflügler*innen gewöhnlich
       angesteuerten Parkplätzen fanden sich 16 herrenlose Autos.
       
       Der Chef der Südtiroler Bergrettung, Giorgio Gajer, erklärte, die Chancen
       auf die Rettung von Überlebenden sei „sehr niedrig, wenn nicht gar gleich
       null“. Angesichts der Instabilität des Gletschers und drohender weiterer
       Abbrüche konnten die Retter*innen die Suche unmittelbar am Unglücksort
       am Montag vorerst nicht fortsetzen.
       
       Weitgehend unstrittig ist unter den Expert*innen, dass die Toten als Opfer
       des Klimawandels zu sehen sind. Seit Wochen liegen die Spitzentemperaturen
       in den Dolomiten bei bis zu 10 Grad über dem langjährigen Mittel, auf dem
       Gipfel der Marmolata wurden 12 Grad erreicht.
       
       Zugleich fiel im letzten Winter ungewöhnlich wenig Schnee, weshalb die
       schützende und kühlende Schneedecke auf dem Gletscher fehlt.
       Gletscherforscher*innen gehen davon aus, dass sich unter dem Eis
       Schmelzwasser gesammelt hat, das die Instabilität des Gletschers weiter
       erhöhte und letztlich zu dem Gletscherabbruch führte.
       
       Ein Unglück wie das vom Sonntag werde „wieder passieren“, bilanziert der
       Gletscherforscher Roberto Colucci in der Tageszeitung La Repubblica. Selbst
       wenn die Temperatur sich nicht mehr weiter erhöhe, werde der Gletscher der
       Marmolata [3][binnen 25 bis 30 Jahren völlig verschwunden sein]; schon
       heute jedenfalls sei er „völlig aus dem Gleichgewicht geraten“.
       
       4 Jul 2022
       
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 (DIR) Michael Braun
       
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