# taz.de -- Nach Schusswaffenattacken in den USA: Biden appelliert an Republikaner
       
       > Immer wieder kommt es in den USA zu Schusswaffenattacken. In einer Rede
       > an die Nation fordert der Präsident nun, die Waffengesetze zu
       > verschärfen.
       
 (IMG) Bild: „Wie viel mehr Blutvergießen sind wir bereit zu akzeptieren?“: Joe Biden in einer TV-Ansprache
       
       Washington ap | Nach immer neuen Schusswaffenattacken in den USA hat
       Präsident Joe Biden den Kongress erneut eindringlich zu einer Verschärfung
       des Waffenrechts aufgefordert. „Genug, genug“, rief Biden in einer
       [1][Ansprache an die Nation] am Donnerstag im Hinblick auf die Waffengewalt
       im Land.
       
       Schulen, Supermärkte und andere Alltagsorte seien zu „Schlachtfeldern“
       geworden. Falls die Abgeordneten nicht handeln, sollten die Wähler ihrem
       Zorn über die Waffengewalt bei den für November geplanten Zwischenwahlen an
       den Wahlurnen Luft machen, riet Biden.
       
       Zugleich räumte er ein, wie stark der politische Gegenwind gegen
       Verschärfungen des Waffenrechts sei. Vorangegangene Initiativen nach
       Schusswaffenmassakern seien ins Leere gelaufen. Dennoch bekräftigte Biden
       seine Forderung an die Abgeordneten, wieder ein Verbot von Sturmgewehren
       und Magazinen mit hoher Schusskapazität durchzusetzen.
       
       Wenn der Kongress nicht all seine Vorschläge erfüllen könne, sollten sich
       die Abgeordneten zumindest zu Kompromissen durchringen – und zum Beispiel
       Wege finden, Waffen von Menschen mit psychischen Problemen fernzuhalten
       oder das Mindestalter für den Kauf von Sturmgewehren von 18 auf 21 Jahre
       anzuheben. „Sagt mir ja nicht, dass die Anhebung des Alters keinen
       Unterschied macht“, mahnte Biden – und fragte: „Wie viel mehr Blutvergießen
       sind wir bereit zu akzeptieren?“
       
       ## Biden: „Wir müssen uns die Zeit nehmen, etwas zu tun“
       
       In der vergangenen Woche hatte ein 18-Jähriger an einer Grundschule im
       texanischen [2][Uvalde] 19 Kinder und zwei Lehrkräfte getötet, ehe
       Einsatzkräfte ihn erschossen. Mitte Mai eröffnete ein ebenfalls 18-Jähriger
       in Militärkluft mit einem Gewehr in einem Supermarkt in einem mehrheitlich
       von Schwarzen bewohnten Viertel in [3][Buffalo] im Staat New York das
       Feuer, zehn Menschen wurden getötet und drei weitere verletzt. Die Tat
       hatte der weiße Jugendliche mit einer Helmkamera live ins Internet
       gestreamt, die Behörden stuften ihn später als rassistisch motivierten
       Extremisten ein.
       
       Und erst am Mittwoch erschoss ein Mann in einem Klinikgebäude in [4][Tulsa]
       im Staat Oklahoma seinen behandelnden Arzt und drei weitere Menschen und
       dann sich selbst – laut der Polizei offenbar aus Rache für Rückenschmerzen
       nach einer Operation.
       
       Aus dem Staat Iowa meldete zudem ein Sheriffbüro einen tödlichen Vorfall
       vor einer Megakirche am Rande der Stadt Ames am Donnerstagabend: Ein Mann
       habe zwei Frauen erschossen und die Waffe dann offenbar gegen sich selbst
       gerichtet.
       
       „Diesmal müssen wir uns die Zeit nehmen, etwas zu tun“, sagte Biden unter
       dem Eindruck der jüngsten Vorfälle. Er nahm vor allem den Senat in die
       Pflicht, in dem zehn republikanische Ja-Stimmen für eine Verabschiedung
       schärferer Gesetze nötig wären. „Ich weiß, dass es schwierig ist, aber ich
       werde nie aufgeben, und falls der Kongress scheitert, denke ich, dass eine
       Mehrheit des amerikanischen Volkes diesmal auch nicht aufgeben wird“, sagte
       Biden und wandte sich direkt an die Zuhörer: „Ich glaube, dass die Mehrheit
       von euch handeln wird, indem ihr aus eurem Zorn eine Sache macht, die für
       eure Stimme von zentraler Bedeutung ist.“
       
       ## Waffen sind „Todesursache Nummer eins für Kinder“
       
       Seinen Appell an den Kongress untermauerte Biden mit erschütternden
       Statistiken. Aus Daten der Zentren für Krankheitsprävention gehe hervor,
       dass „Waffen die Todesursache Nummer eins für Kinder in den Vereinigten
       Staaten von Amerika“ seien – noch vor Autounfällen, sagte er. „In den
       vergangenen zwei Jahrzehnten sind mehr schulpflichtige Kinder durch Waffen
       gestorben als Polizeibeamte und Militärangehörige im Dienst zusammen.“
       
       Biden ging auch auf die stets vorgebrachte Kritik von Verfechtern des
       Waffenrechts ein, wonach Waffenbesitzer verteufelt würden. Es gehe
       überhaupt nicht darum, „irgendjemandem die Waffen wegzunehmen“, sagte er.
       Verantwortungsbewusste Waffenbesitzer sollten als Beispiel für richtiges
       Verhalten gewürdigt werden. Es gehe vielmehr darum, Kinder und Familien zu
       schützen.
       
       Zugleich drängte Biden den Kongress, nicht länger die schützende Hand über
       Waffenhersteller zu halten. Denn dies begrenze Möglichkeiten, sie für die
       Art der Nutzung ihrer Produkte haftbar zu machen, auf massive Weise. Dabei
       zog Biden einen Vergleich zur Tabakindustrie, die wiederholt mit Klagen
       wegen der gesundheitlichen Folgen ihrer Waren zu tun hatte. „Stellt euch
       vor, wo wir heute wären, wenn die Tabakindustrie davor gefeit gewesen wäre,
       verklagt zu werden.“
       
       Trotz all der inständigen Appelle rechnet indes kaum ein Beobachter in
       Washington mit einem großen Wurf in der Debatte um ein schärferes
       Waffenrecht. Bidens Rede im Weißen Haus fiel am Donnerstagabend mit
       parteiübergreifenden Verhandlungen einer Gruppe von Senatoren über
       allenfalls moderate Änderungen zusammen.
       
       In der Parlamentskammer verfügen die Demokraten und Republikaner über
       jeweils 50 Stimmen. Eine tiefgreifende Reform, wie sie etwa die Demokraten
       im von ihnen dominierten Repräsentantenhaus aktuell forcieren, dürfte damit
       an den Gegebenheiten im Senat scheitern.
       
       Am Ende dürfte die Senatorengruppe mit breiter angelegten Vorschlägen
       aufwarten, die etwa zusätzlich Bundesmittel für mehr Sicherheit auf Ebene
       der US-Staaten vorsehen. Dazu könnten Anreize gehören, die Schutzmaßnahmen
       an Schulen zu verstärken und mehr Ressourcen für die Behandlung von
       psychisch kranken Menschen bereitzustellen.
       
       3 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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