# taz.de -- +++ Nachrichten zum Ukraine-Krieg +++: Sjewjerodonezk halb erobert
       
       > Russische Truppen haben die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk zur
       > Hälfte erobert. Derweil werden zwei russiche Soldaten in der Ukraine
       > verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Evakuierungsbusse entlang einer zerstörten Straße in der Nähe von Kharkiv
       
       ## Hypothetische Entführungsdrohung gegen Nato-Verteidigungsminister
       
       Ein bekannter russischer Abgeordneter hat sich für die Entführung eines
       Nato-Verteidigungsministers aus der Ukraine nach Moskau ausgesprochen.
       Vielleicht werde der Minister eines Nato-Landes mit einem Zug nach Kiew
       fahren, um mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu
       sprechen, sagte Oleg Morosow in einer Talkshow des staatlichen Fernsehens
       Rossija-1. „Aber er würde nicht ankommen. Er würde irgendwo in Moskau
       aufwachen“, fügte er hinzu.
       
       „Sie meinen, wir entführen sie?“, fragte Moderatorin Olga Skabejewa mit
       einem Lächeln nach. „Ja, und dann würden wir herausfinden, wer was
       angeordnet hat, wer für was genau verantwortlich ist“, sagte Morosow. „Alle
       Kriegsminister, die sich in Kiew versammeln, sollten einmal darüber
       nachdenken, wie es wäre, in Moskau aufzuwachen.“ (rtr)
       
       ## Swift-Sanktionen änderten kaum etwas, so Sberbank
       
       Das größte russische Finanzinstitut Sberbank erklärte am Dienstag, der
       Swift-Ausschluss habe keine Auswirkungen auf sein Geschäft. „Wir arbeiten
       ganz normal – die wichtigsten Einschränkungen sind bereits in Kraft“,
       erklärte die Bank unter Verweis auf frühere Sanktionen der USA und
       Großbritanniens. Der Ausschluss von Swift ändere „die aktuelle Situation
       für internationale Transaktionen nicht“. (afp)
       
       ## Sjewjerodonezk zur Hälfte in russischer Hand
       
       Bei ihrer Offensive in der Ostukraine haben die russischen Truppen die
       Stadt Sjewjerodonezk nach Behördenangaben zur Hälfte erobert. „Leider teilt
       die Front die Stadt in zwei Hälften“, sagte Bürgermeister Olexander Stryuk
       am Dienstag. Die ukrainische Armee leiste aber weiterhin Widerstand. Die
       ukrainische Justiz verhängte derweil Haftstrafen gegen zwei russische
       Soldaten wegen Raketenangriffen auf zivile Einrichtungen. Moskau meldete
       den Fund von 152 Leichen ukrainischer Kämpfer im Asow-Stahlwerk in
       Mariupol.
       
       Sjewjerodonezk werde weiterhin von der ukrainischen Armee verteidigt, sagte
       Bürgermeister Stryuk. „Die Stadt ist immer noch ukrainisch.“ Der Gouverneur
       der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, hatte die Lage in Sjewjerodonezk zuvor
       als „äußerst kompliziert“ bezeichnet. Er räumte ebenfalls ein, dass ein
       Teil der Stadt von der russischen Armee kontrolliert werde.
       
       Die durch einen Fluss getrennten Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk
       sind die letzten Städte in der Region Luhansk, die zumindest teilweise noch
       von der Ukraine kontrolliert worden. Sjewjerodonezk ist schon seit Wochen
       heftig umkämpft. Am Montag waren russische Soldaten und Kämpfer der
       pro-russischen Separatisten nach Angaben des Gouverneurs auf das
       Stadtzentrum vorgerückt.
       
       Die Stadt, die vor dem Krieg 100.000 Einwohner hatte und in der nun
       schätzungsweise noch 15.000 Zivilisten ausharren, ist bereits schwer
       zerstört. Bürgermeister Stryuk schlug bereits wegen der humanitären und
       sanitären Lage Alarm. „Ständige Bombenangriffe“ erschwerten vor allem die
       Versorgung mit Trinkwasser. (afp)
       
       ## Zwei weitere russische Soldaten in der Ukraine verurteilt
       
       In der Ukraine wurde ein weiteres Urteil gegen russische Soldaten gefällt:
       Alexander Bobykin und Alexander Iwanow wurden am Dienstag wegen
       Raketenangriffen auf zivile Einrichtungen in zwei Dörfern der
       ostukrainischen Region Charkiw zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Laut
       der Agentur Interfax-Ukraine bekannten sich die beiden Soldaten in dem
       Verfahren schuldig. Ihre Verteidigung habe vergeblich eine mildere Strafe
       verlangt und dabei argumentiert, dass die Angeklagten Befehle befolgt und
       unter Zwang gehandelt hätten.
       
       Es handelte sich um den zweiten Urteilsspruch im Ukraine-Krieg gegen
       russische Soldaten. In der vergangenen Woche war bereits ein russischer
       Soldat wegen Kriegsverbrechen während der am 24. Februar von Moskau
       begonnenen Invasion zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die
       ukrainischen Behörden führen nach eigenen Angaben tausende
       Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen. (afp)
       
       ## Südossetien sagt Beitrittsreferendum vorläufig ab
       
       Die von Georgien abtrünnige Teilrepublik Südossetien im Kaukasus hat ein
       [1][geplantes Referendum zum Beitritt zu Russland] vorläufig abgesagt. In
       einem am Montagabend veröffentlichten Dekret wurde die Absage begründet mit
       der „Unzulässigkeit einer einseitigen Entscheidung über ein Referendum zu
       Fragen, die auch die legitimen Rechte und Interessen der Russischen
       Föderation betreffen.“ Moskau hatte sich in den vergangenen Wochen mehrfach
       zurückhaltend gegenüber einem Beitritt gezeigt.
       
       Das Referendum hatte noch der vorherige Anführer der Region, Anatoli
       Bibilow, angesetzt. Damit wollte er seine Wiederwahl in Südossetien
       sichern. Doch bei der international nicht anerkannten Präsidentenwahl
       setzte sich schließlich Anfang Mai sein Gegner Alan Gaglojew durch. Dieser
       hatte die Initiative als verfrüht bezeichnet, obwohl er grundsätzlich einen
       Russland-Beitritt begrüßte.
       
       Auch in Moskau galt der Schritt angesichts des mit dem eigenen
       Angriffskrieg in der Ukraine verbundenen internationalen Drucks als
       unzeitgemäß. Entsprechend skeptisch äußerten sich russische Politiker und
       Diplomaten. Nun will sich Gaglojew über die weiteren Schritte einer
       Integration nach Russland mit Moskau abstimmen. Gaglojew will in Kürze zu
       Konsultationen nach Moskau fliegen. Bis dahin sei das Dekret seines
       Vorgängers gestoppt, heißt es.
       
       Die nur 50.000 Einwohner zählende Region Südossetien hatte sich Anfang der
       1990er-Jahre in einem blutigen Bürgerkrieg von Georgien losgelöst. 2008
       hatte Russland nach einem kurzen Krieg mit Georgien die Unabhängigkeit
       Südossetiens und der Schwarzmeerregion Abchasien anerkannt. Beide Gebiete
       sind politisch, finanziell, wirtschaftlich und militärisch stark abhängig
       von Russland. Abchasien hatte betont, keine Aufnahme in die Russische
       Föderation anzustreben. (dpa)
       
       ## Kämpfe um Sjewjerodonezk intensivieren sich
       
       Im Osten der Ukraine gehen die Kämpfe um die frühere Großstadt
       Sjewjerodonezk in die entscheidende Phase. Der Feind führe „im Raum
       Sjewjerodonezk Sturmaktivitäten im Bereich der Ortschaften Sjewjerodonezk
       und Toschkiwka durch, die Kampfhandlungen halten an“, teilte der
       ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Dienstag mit.
       
       Weitere russische Bodenangriffe werden aus dem etwas weiter westlich
       gelegenen Raum Bachmut gemeldet. Dort hätten die Russen die Ortschaften
       Solote, Komyschuwacha, Berestowe, Pokrowske und Dolomitne angegriffen. Im
       Lagebericht heißt es zwar, die Attacken seien erfolglos verlaufen,
       gleichzeitig jedoch, dass sie fortgesetzt würden. Die Angriffe rund um
       Bachmut bezwecken offenbar, den letzten von der Ukraine gehaltenen
       Ballungsraum in der Region Luhansk, Sjewjerodonezk – Lyssytschansk,
       abzuschneiden und so die dort stationierten Truppen aufzureiben.
       
       An anderen Frontabschnitten verlief die Nacht ruhiger. So meldet der
       ukrainische Generalstab im Raum Slowjansk, der als Zentrum der kiewtreuen
       Truppen im [2][Donbass] gilt, nur vereinzelte Gefechte. Der russische
       Angriff auf die Ortschaft Dowgenke sei abgewehrt worden. Auch beim Versuch,
       aus der jüngst vom russischen Militär eroberten Kleinstadt Lyman heraus
       neue Angriffsrouten zu erkunden, habe der Feind Verluste erlitten und sich
       zurückgezogen. Unabhängig sind die Angaben nicht zu überprüfen.
       
       Slowjansk wurde nach Angaben des Chefs der Militärverwaltung von Donezk,
       Pawlo Kyrylenko, in der Nacht von einem Raketenschlag getroffen. Dabei
       seien eine Schule und sieben Wohnhäuser getroffen worden, teilte er am
       Dienstag mit. Seinen Angaben nach wurden drei Menschen getötet und sechs
       verletzt.(dpa)
       
       ## EU-Staaten einigen sich auf Öl-Embargo gegen Russland
       
       Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) haben sich wegen des
       russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Rahmen eines sechsten
       Sanktionspakets auf ein weitgehendes [3][Embargo für Öl-Importe aus
       Russland] geeinigt. Das teilte EU-Ratspräsident Charles Michel am späten
       Montagabend beim Sondergipfel der 27 EU-Staats- und Regierungschefs in
       Brüssel mit. „Das deckt ab sofort mehr als zwei Drittel der Öl-Importe aus
       Russland ab, und schneidet damit eine enorme Quelle der Finanzierung seiner
       Kriegsmaschinerie ab“, sagte Michel.
       
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb zu der Entscheidung
       auf Twitter: „Ich bin sehr froh, dass sich die Staats- und Regierungschefs
       grundsätzlich auf das sechste Sanktionspaket einigen konnten. Die Ölimporte
       aus Russland in die EU werden damit bis Ende des Jahres effektiv um rund 90
       Prozent reduziert.“ Auch Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte die
       Entscheidung. „Die EU ist sich einig“, teilte Scholz auf dem
       Kurznachrichtendienst mit.
       
       Vereinbart wurde auf dem Gipfel auch, der Ukraine eine Hilfstranche von
       neun Milliarden Dollar bereitzustellen, um das kriegszerrüttete Land
       wirtschaftlich zu unterstützen, wie Michel mitteilte. (rtr, ap)
       
       ## Fuß fassen in der Wartehalle
       
       🐾 Zhenya W. floh mit ihrem Sohn aus der Ukraine nach Berlin. Eigentlich
       möchte sie nicht wirklich ankommen – arbeitet jedoch energisch daran.
       [4][Ihre Geschichte aufgeschrieben] hat Taz-Redakteurin Susanne Messmer.
       
       ## Selenskyj: Putin spekuliert auf Chaos durch Hungerkrise
       
       Nach Selenskyjs Angaben können 22 Millionen Tonnen [5][Getreide, die
       bereits in der Ukraine für den Export gelagert seien], wegen der russischen
       Blockade der Häfen das Land nicht verlassen. Er warnte, dass dadurch in
       Ländern Afrikas, Asiens und Europas eine Hungersnot drohe, die wiederum
       eine Migrationsbewegung in Gang setzen könnte.
       
       Selenskyj sieht darin die Absicht des russischen Präsidenten Wladimir
       Putin, den Westen zu destabilisieren. Die Ukraine ist einer der größten
       Getreideexporteure weltweit. Auch westliche Politiker werfen Russland vor,
       auf eine Hungerkrise zu spekulieren und sie als Druckmittel einzusetzen,
       damit der Westen die Sanktionen abschwächt. Moskau weist diese
       Anschuldigungen zurück. (dpa)
       
       ## Zivilisten sterben in der Ukraine
       
       Im Osten der Ukraine beklagten beide Kriegsparteien weitere zivile
       Todesopfer. Im Gebiet Donezk seien drei Menschen durch russischen Beschuss
       getötet worden, teilte Gouverneur Pawlo Kyrylenko auf Telegram mit. In der
       Region Charkiw starb nach Angaben der Online-Zeitung „Ukrajinska Prawda“
       ein Mann durch russische Granaten.
       
       Die russische Seite sprach laut der Agentur Tass von zwei getöteten
       Zivilisten durch ukrainische Angriffe im Gebiet Donezk sowie zwei getöteten
       Frauen im Gebiet Luhansk. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen. Die
       beiden selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der
       Ukraine sind von Moskau als unabhängige Staaten anerkannt. Ihre Einnahme
       zählt zu Russlands Kriegszielen. (dpa)
       
       ## Frankreich ermittelt wegen Kriegsverbrechen
       
       Nach dem Tod eines französischen Kriegsreporters in der Ukraineermittelt
       die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft wegen möglicher Kriegsverbrechen. Die
       Untersuchungen wurden unter anderem wegen vorsätzlichen Angriffs auf das
       Leben einer durch das Völkerrecht geschützten Person aufgenommen, wie die
       französische Nachrichtenagentur AFP berichtete.
       
       Der [6][TV-Journalist Frédéric Leclerc-Imhoff] kam am Montag bei
       Sjewjerodonezk in der Ostukraine ums Leben, als er eine humanitäre
       Evakuierung begleitete. Der 32 Jahre alte Reporter wurde von einem
       Bombensplitter getroffen. Es war sein zweiter Einsatz in der Ukraine seit
       Kriegsbeginn. (dpa)
       
       ## Selenskyj: 32 Medienschaffende seit Kriegsbeginn getötet
       
       Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind laut deren
       Staatschef Wolodymyr Selenskyj bislang 32 Medienschaffende getötet worden.
       Darunter sei auch der französische Journalist Frédéric Leclerc-Imhoff,
       sagte Selenskyj am Montagabend in seiner Videoansprache. (ap)
       
       31 May 2022
       
       ## LINKS
       
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