# taz.de -- Neukölln-Untersuchungsausschuss: Die AfD bleibt draußen
       
       > Auch im zweiten Anlauf erhalten die AfD-Kandidaten für den Berliner
       > Untersuchungsausschuss keine Mehrheit. Der Ausschuss soll trotzdem
       > starten.
       
 (IMG) Bild: Solidemo für den Neuköllner Buchhändler Heinz Ostermann (r.), der Opfer rechter Anschläge wurde
       
       Berlin taz | Der Berliner Untersuchungsausschuss [1][zur rechten
       Anschlagsserie in Neukölln] bleibt weiterhin AfD-frei. Erneut fanden die
       beiden Kandidaten der extrem rechten Partei bei der Wahl im
       Abgeordnetenhaus am Donnerstag keine Mehrheit. Antonin Brousek und Karsten
       Woldeit als sein Stellvertreter erhielten bei geheimer Wahl je 32 Ja- und
       32 Nein-Stimmen bei 68 beziehungsweis 67 Enthaltungen.
       
       Damit bleibt allerdings auch offen, ob sich der Ausschuss wie geplant am 3.
       Juni konstituieren kann. Denn das Berliner Gesetz über die
       Untersuchungsausschüsse schreibt eindeutig vor, dass „jede Fraktion
       mindestens durch ein Mitglied vertreten sein muss“. Im Vorfeld der
       Einsetzung des Ausschusses gab es allerdings [2][Befürchtungen, dass
       Erkenntnisse aus dem Ausschuss von den AfD-Mitgliedern an rechtsextreme
       Kreise] weitergegeben werden und diese damit die Arbeit des Ausschusses so
       konterkarieren könnten. Selbst die CDU teilte diese Sorge.
       
       Der Untersuchungsausschuss soll sich mit [3][zahlreichen unaufgeklärten
       rechtsextremen Brandanschlägen, Sachbeschädigungen und Bedrohungen] in
       Neukölln zwischen 2009 und 2021 sowie mit Fehlern bei den polizeilichen
       Ermittlungen beschäftigen. Opfer der Straftaten waren vor allem Menschen,
       die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Ein Tatverdächtiger war
       AfD-Mitglied.
       
       Bereits bei einem Wahldurchgang [4][vor zwei Wochen waren die beiden
       AfD-Kandidaten durchgefallen.] Damals hatte die FDP-Fraktion, deren Redner
       den Ausschuss in der vorangegangenen Debatte noch als überflüssig
       bezeichnet hatte, überraschend gegen Brousek und Woldeit gestimmt. Da auch
       einzelne Mitglieder von Grünen und Linken anstatt sich zu enthalten gegen
       die beiden votierten und die AfD zudem nicht in voller Stärke im Parlament
       anwesend war, verfehlten die beiden Kandidaten die notwendige Mehrheit
       knapp. Auch beim zweiten Versuch am Donnerstag fehlte ein Mitglied der
       AfD-Fraktion coronabedingt, wie Fraktionschefin Kristin Brinker mitteilte –
       es war diese eine Stimme, die den Kandidaten am Ende fehlte.
       
       Nach der ersten Schlappe hatte die AfD-Fraktion vor dem
       Verfassungsgerichtshof des Landes geklagt; sie sah sich in ihren
       parlamentarischen Rechten beschnitten. Das Gericht hatte den Eilantrag am
       Mittwoch zurückgewiesen mit Hinweis auf die erneute Abstimmung am
       Donnerstag. Nach dem Scheitern auch im zweiten Anlauf kündigte Brinker an,
       die Fraktion werde ein weiteres Mal Klage einreichen.
       
       ## Linksfraktion enthält sich
       
       Woher die Stimmen gegen die AfD-Kandidaten kamen, ist angesichts der
       geheimen Wahl dieses Mal pure Spekulation, genauso wie die Frage, woher die
       13-köpfige Fraktion die zusätzliche Unterstützung bekam. Die Linksfraktion,
       deren Neuköllner Mitglied Ferat Koçak selbst Opfer eines rechten
       Brandanschlags wurde, hatte Enthaltung verabredet, wie Innenexperte und
       Untersuchungsausschuss-Mitglied Niklas Schrader der taz am Freitag sagte.
       
       Schrader begründete die Enthaltung seiner Fraktion damit, es sei wichtig,
       dass der Untersuchungsausschuss jetzt schnell anfangen könne zu arbeiten.
       „Wenn die Nicht-Wahl von Mitgliedern der AfD-Fraktion dies blockieren
       würde, würde sich die Aufklärung des Neukölln-Komplexes weiter verzögern.
       Das will ich nicht“, so der Linkenabgeordnete. Ziel sei es, schon vor der
       Sommerpause Akten anzufordern, damit „die Abgeordneten diese Zeit zur
       Einarbeitung nutzen können“.
       
       Der Linken-Abgeordnete geht dennoch davon aus, dass die konstituierende
       Sitzung am 3. Juni stattfindet – dann ohne AfD-Mitglieder, denn die nächste
       Möglichkeit zu einer Wahl ihrer Kandidaten wäre erst in der nächsten
       Plenarsitzung am 9. Juni. Auch Ansgar Hinz, der Sprecher des
       Abgeordnetenhauses, sieht den Zeitplan nicht in Gefahr. „Der Ausschuss wird
       sich am 3. Juni konstitutieren“, sagte Hinz der taz am Freitag – das sei
       die Einschätzung sowohl des Abgeordnetenhauses wie auch des
       Ausschussvorsitzenden Florian Dörstelmann (SPD).
       
       Schwer einzuschätzen ist allerdings, welche Folgen eine erneute Klage der
       AfD-Fraktion haben kann und bis wann darüber entschieden wird. Eine
       Sprecherin des Verfassungsgerichtshof teilte am Freitag mit, zu solchen
       Spekulationen könne man sich nicht äußern. Ein Klage der AfD-Fraktion war
       zu diesem Zeitpunkt nicht eingegangen.
       
       20 May 2022
       
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 (DIR) Bert Schulz
       
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