# taz.de -- Handelsabkommen zwischen EU und Südamerika: Freie Bahn für Verbrenner
       
       > Laut einer Studie hat die Autolobby auf ein Handelsabkommen zwischen der
       > EU- und Südamerika eingewirkt. Sie will dort weiter Verbrenner verkaufen.
       
 (IMG) Bild: Verbrenner aus deutscher Produktion stehen im Hafen in Emden zur Verschiffung bereit
       
       Vertreter:innen der Automobilindustrie haben die Verhandlungen um das
       bislang noch nicht ratifizierte Freihandelsabkommen zwischen der EU und den
       Staaten des [1][südamerikanischen Binnenmarkts Mercosur] erheblich
       beeinflusst.
       
       Das geht aus internen E-Mails des damals unter CDU-Führung befindlichen
       Bundeswirtschaftsministeriums hervor, die verschiedene Umwelt- und
       Menschenrechtsorganisationen, darunter PowerShift, Greenpeace und Misereor,
       im Zuge einer am Mittwoch veröffentlichten Studie ausgewertet haben. Zur
       Wirtschaftsunion Mercosur gehören Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay
       und Venezuela.
       
       Laut der Studie betrieb nicht nur die Autoindustrie intensive Lobbyarbeit –
       Mitarbeiter:innen des Ministeriums holten eigeninitiativ mehrfach
       Vorschläge vom Verband der Automobilindustrie (VDA) ein. Entsprechend viele
       Elemente des Vertragsentwurfs dienten den Interessen der Branche.
       
       Zentral dabei ist der vorgesehene Abbau von Zöllen, sowohl auf Autos und
       Autoteile als auch auf Rohstoffe, die für die Produktion benötigt werden.
       Sie erleichtern nicht nur europäischen Herstellern den Export ihrer
       Fahrzeuge und Fahrzeugteile, sondern verbilligten umgekehrt auch deren
       Rohstoffversorgung. Mit unter anderem Lithium und Rindsleder handelt es
       sich dabei um Materialien, deren Gewinnung Menschenrechtsverletzungen,
       Entwaldung und Flächenverbrauch in den Mercosur-Staaten mit sich ziehe.
       
       Der VDA selbst misst dem Abkommen in seinem Jahresabschlussbericht für das
       Jahr 2020 eine hohe Priorität zu, weil „die Länder des Mercosur wichtige
       Zukunftsmärkte“ seien. Die Verfasser:innen der Studie melden dagegen
       erhebliche Zweifel an seiner Zukunftsfähigkeit an. Ludwig Essig vom
       Netzwerk Gerechter Welthandel fordert deshalb „transparente und
       demokratische Verhandlungen“.
       
       ## Keine Abkehr von der fossilen Industrie
       
       Problematisch sei das Abkommen laut Studie deshalb, weil die EU bereits
       einen erheblichen Exportüberschuss gegenüber dem Mercosur verzeichne.
       Südamerikanische Produzenten würden ohne schützende Importzölle noch
       stärkerem Preisdruck ausgesetzt und damit gegenüber der europäischen
       Konkurrenz immer weniger wettbewerbsfähig, die Beschäftigungsverhältnisse
       weiter prekarisiert.
       
       Vor allem aber stehe das Abkommen „einer schrittweisen Abkehr vom fossilen
       Individualverkehr im Weg“, weil es europäischen Herstellern langfristig
       „einen lukrativen Absatzmarkt für klimaschädliche Verbrennungsmotoren“
       sichere.
       
       Die Hersteller planen, in Südamerika noch deutlich länger auf Verbrenner zu
       setzen als in Europa. Im mit großzügigen Lithiumvorkommen ausgestatteten
       Argentinien werde bereits eine Umstellung auf E-Mobilität verfolgt. In
       Brasilien machten E-Autos dagegen nach Angaben des brasilianischen
       Automobilindustrieverbands ANFAVEA im Jahr 2021 gerade mal ein Prozent der
       Neuzulassungen aus. Hier wird auf Motoren gesetzt, die sowohl Benzin als
       auch Biokraftstoffe verbrennen können.
       
       Letztere sind laut den Autor:innen der Studie jedoch keineswegs eine
       klimafreundliche Alternative: Ihr Anbau verursache großflächige
       Abholzungen, die wiederum große Mengen von Treibhausgasen freisetzten und
       Flächen für die Nahrungsproduktion verbrauchten.
       
       Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen EU und Mercosur
       wurden 2020 abgeschlossen, seine Ratifizierung scheitert bislang aber am
       Widerstand einiger EU-Mitgliedstaaten, unter anderem Österreich.
       
       2 Jun 2022
       
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