# taz.de -- Mögliche Koalition mit CDU in NRW: Klimaschützer machen Grünen Druck
       
       > Bei den Verhandlungen mit der CDU in NRW wollen Aktivist:innen die
       > Grünen kämpfen sehen. Symbol des Protests dürfte das Dorf Lützerath
       > bleiben.
       
       Düsseldorf taz | Einen Tag bevor [1][die schwarz-grünen
       Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen] beginnen, haben
       Umweltschützer, Vertreter der Branche der Erneuerbaren Energien,
       Atomkraftgegner und die eigene Parteijugend die Grünen aufgefordert, hart
       für mehr Klimaschutz zu kämpfen. Zentral sei dabei, den Ort Lützerath zu
       erhalten, den der Braunkohletagebau Garzweiler bedroht. Das erklärte Dirk
       Jansen, Sprecher des Umweltverbands BUND, am Montag bei einer
       Pressekonferenz im Landtag in Düsseldorf. Um das Pariser Klimaziel in NRW
       umzusetzen, dürfe die unter dem Weiler im Rheinischen Revier bei Erkelenz
       liegende Kohle auf keinen Fall abgebaut werden, betonte Jansen.
       
       Als Wahlsieger der NRW-Landtagswahl vom 15. Mai hatten CDU und Grüne am
       Sonntag beschlossen, [2][formelle Koalitionsverhandlungen aufzunehmen], die
       am Dienstag beginnen sollen. Das bereits veröffentlichte erste
       Sondierungspapier bewertete der BUND als „unterambitionierte Grundlage“,
       welche „im Rahmen von Koalitionsverhandlungen deutlich verbessert“ werden
       müsse.
       
       Auch die Grüne Jugend zeigt sich skeptisch: „Dass im Sondierungsergebnis
       das Dorf Lützerath keinen Einzug gefunden hat und kein Datum für das
       Erreichen der Klimaneutralität festgeschrieben wird, ist im Angesicht der
       Klimakrise fatal“, findet Rênas Sahin, NRW-Sprecher der Grünen Jugend.
       Bisher heißt es unverbindlich im Sondierungspapier: „Alle Dörfer des
       dritten Umsiedlungsabschnitts sollen bleiben“ – Lützerath liegt aber im
       zweiten Abschnitt.
       
       Der Koalitionsvertrag müsse Klimaschutz klar und belastbar festschreiben,
       fordern auch Hersteller von Windrädern und Solaranlagen. „Wir brauchen
       nichts Verschwurbeltes“, mahnte in Düsseldorf der Geschäftsführer des
       Landesverbands Erneuerbare Energien, Reiner Priggen. Das
       Verhandlungsergebnis müsse „so konkret werden, dass wir alle damit arbeiten
       können“, forderte Priggen, der bis 2015 selbst Vorsitzender der grünen
       Landtagsfraktion war.
       
       ## Kein Wort zu Hambi und Datteln IV
       
       Zwar sei die im Sondierungspapier genannte Zahl von 1.000 zusätzlichen
       Windkraftanlagen in den kommenden fünf Jahren positiv. Aber nötig sei dazu,
       2 Prozent der Landesfläche freizugeben, betonte der Ingenieur.
       
       Außerdem müsse geklärt werden, durch was genau die
       1.000-Meter-Abstandsregel ersetzt werden solle, mit der die bisherige
       Landesregierung von CDU und FDP den Ausbau der Windkraft massiv ausgebremst
       hat. Im schwarz-grünen Sondierungspapier heißt es dazu nur wolkig, „die
       aktuelle Rechtsprechung“ bestätige „regelmäßig einen Mindestabstand von 3H
       zu geschlossenen Siedlungsbereichen“.
       
       Übersetzt heißt das: CDU und Grüne können sich vorstellen, den
       Mindestabstand zwischen Wohnbebauung auf die dreifache Höhe eines Windrads,
       bei leistungsfähigen Anlagen also auf etwa 800 Meter, zu senken. Priggen
       aber reicht das nicht: „Im Koalitionsvertrag muss ganz klar drinstehen,
       welcher Abstand gilt“, fordert der ehemalige Spitzen-Grüne.
       
       „Ich glaube nicht, dass Schwarz-Grün eine Liebesheirat wird“, warnt auch
       BUND-Mann Jansen. „Deshalb ist ein guter Ehevertrag nötig.“ Im
       Sondierungspapier bleibe aber nicht nur „das ganze Straßenbaukapitel
       schwammig“, kritisiert Jansen. Der „Schwarzbau“ des wohl letzten deutschen
       Steinkohlekraftwerks Datteln IV fehle ebenso wie der Erhalt des Hambacher
       Walds oder jede konkrete Festlegung zum Gewässerschutz.
       
       Gleiches gilt auch für das einstige grüne Kernthema Atomkraft. Nicht nur
       vom geplanten großen Atommülllogistikzentrum bei Würgassen an der
       Landesgrenze zu Niedersachsen ist keine Rede. „Schwarz-Grün schweigt leider
       auch zur seit Jahren umstrittenen Urananreicherungsanlage in Gronau“,
       kritisiert etwa Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger
       Atomausstieg. „Wenn nicht in den Koalitionsverhandlungen ein Ergebnis
       nachgeliefert wird, verpasst NRW den Atomausstieg und beliefert weiter
       Hochrisiko-Reaktoren in aller Welt mit Atombrennstoff.“
       
       Symbol des Kampfs für mehr Klimaschutz aber dürfte der Erhalt des Dorfes
       Lützerath bleiben. „Wenn nötig“, warnt BUND-Sprecher Dirk Jansen schon
       heute, „werden wir zusammen mit der Klimabewegung auch gegen eine
       schwarz-grüne Regierung demonstrieren.“
       
       30 May 2022
       
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