# taz.de -- Referendum über Anschluss geplant: Südossetien will Russland werden
       
       > Der Präsident der von Georgien abtrünnigen Region setzt ein Referendum
       > über einen Anschluss an Russland an. Dort könnte der „Wunsch“ Gehör
       > finden.
       
 (IMG) Bild: Südossetiens Präsident Bibilow (3. v. links) auf der Ehrentribüne bei der Siegesfeier, Moskau 9.5.22
       
       Berlin taz | Die von der Südkaukasusrepublik Georgien abtrünnige Region
       Südossetien will sich Russland anschließen. Ende vergangener Woche
       unterzeichnete der Noch-Präsident des 52.000-Einwohner-Staates, Anatoli
       Bibilow, ein Dekret über die [1][Abhaltung eines Referendums]. Dieses soll
       am 17. Juli stattfinden. „Schon bald wird unser Traum wahr werden. Russland
       und Südossetien sind durch eine gemeinsame Geschichte verbunden. Das ist
       eine vertrauensvolle Beziehung zwischen zwei Brüdern, die sich gegenseitig
       helfen werden“, schrieb Bibilow Ende vergangener Woche auf seinem
       Telegram-Kanal.
       
       Im August 2008 war zwischen Georgien und Russland ein Krieg um Südossetien
       ausgebrochen. Offiziellen Angaben zufolge wurden dabei 850 Menschen
       getötet, zwischen 2.000 und 3.000 verletzt sowie rund 100.000 zu
       Geflüchteten. Nach dem siegreichen Krieg [2][erkannte Moskau die
       Unabhängigkeit Südossetiens an] – ein Schritt, dem mit Nicaragua, Nauru,
       Venezuela und Syrien nur vier weitere Staaten folgten.
       
       Südossetien, wo auch russische Truppen stationiert sind, ist mittlerweile
       zu einem Quasi-Protektorat Russlands geworden. An der Demarkationslinie,
       die sich stetig weiter in das Landesinnere Georgiens hinein verschiebt,
       kommt es immer wieder zu Zwischenfällen in Form von Festnahmen
       Einheimischer wegen illegalen Grenzübertrittes. Die Gekidnappten müssen in
       der Regel von ihren Verwandten mit Geld ausgelöst werden.
       
       Bibilow hatte seine Vereinigungspläne bereits Ende März angekündigt.
       Russland habe immer alle, die ihm gegenüber loyal gewesen seien, verteidigt
       und stets gegen den Nazismus gestanden, hatte er argumentiert – eine
       Anspielung auf Moskaus Narrativ, die Ukraine mittels einer
       „Spezialoperation“ „entnazifizieren“ zu wollen.
       
       Die Vereinigung mit Russland war auch eine zentrale Botschaft Bibilows
       während seiner Wahlkampagne vor der Präsidentenwahl am 10. April. Knapp
       einen Monat später unterlag er in der Stichwahl deutlich seinem
       Konkurrenten Alan Gaglojew. Die Amtsübergabe ist für den 24. Mai geplant.
       
       ## Positive Signale von Duma-Abgeordneten
       
       Gaglojew, der 15 Jahre beim südossetischen Geheimdienst auf der
       Gehaltsliste stand, hatte Bibilow vorgeworfen, die Frage einer Vereinigung
       mit Russland für sich zu instrumentalisieren. Zudem habe Russland dieser
       Tage andere Prioritäten. Nur wenige Tage nach seinem Wahlsieg waren von
       Gaglojew dann plötzlich andere Töne zu hören. Er sei nicht gegen ein
       Referendum, doch dafür brauche es entsprechende Signale aus Moskau,
       zitierte ihn die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA.
       
       Was die Annexion des Fleckens angeht, hatte sich Russland in der
       Vergangenheit eher zurückhaltend gezeigt. Das könnte sich jetzt, angesichts
       [3][ausbleibender militärischer Erfolge] im [4][Angriffskrieg gegen die
       Ukraine], ändern. Entsprechende positive Äußerungen von Abgeordneten der
       russischen Duma, Südossetien einzugliedern, gibt es bereits.
       
       Zumindest was einen Einsatz in der Ukraine angeht, hält sich die Euphorie
       südossetischer Soldaten in Grenzen. Streitkräfte, die in die Ukraine
       beordert wurden, sollen vorfristig nach Hause zurückkehren. In einem
       Gespräch mit Bibilow, dessen Mitschnitt die unabhängige russischsprachige
       Plattform Mediazona veröffentlichte, beklagen sich Soldaten über unhaltbare
       Zustände, eine nicht funktionsfähige Ausstattung sowie die Inkompetenz
       russischer Kommandeure. „Eine andere Brigade hat uns ausgelacht“, heißt es
       dort. „Sie haben uns gefragt: ‚Seid ihr Selbstmordattentäter?‘“
       
       17 May 2022
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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