# taz.de -- Ministerinnen-Rücktritt in Österreich: Altlasten des Ex-Kanzlers
       
       > In Österreich geben zwei Vertraute des früheren Kanzlers Kurz ihr
       > Ministerinnen-Amt auf. Die von Skandalen belastete ÖVP will sich nun
       > erneuern.
       
 (IMG) Bild: Eine von zweien, die am Montag ihren Rücktritt erklärt hat: Tourismusministerin Elisabeth Köstinger
       
       Wien taz | „Elli, es ist vorbei!“, mit diesem Zuruf hatte Matthias Strolz,
       Gründer und Ex-Vorsitzender der liberalen Partei Neos, einen der Sätze des
       Jahres 2021 geliefert. Gefallen ist er letzten Oktober bei einer
       TV-Diskussion über die Skandale der Ära Sebastian Kurz. Der Abgang von
       Elisabeth Köstinger (ÖVP), einer der engsten Vertrauten von Kurz, erfolgte
       jetzt mit sechsmonatiger Verspätung. In einem kurzen Statement erklärte sie
       am Montagvormittag ihren Rücktritt als Landwirtschafts- und
       Tourismusministerin.
       
       Schon als Sebastian Kurz im Herbst zuerst als Bundeskanzler, dann auch als
       ÖVP-Obmann abtrat, sei für sie festgestanden, „dass ich dieses Kapitel
       schließen werde“. Kanzler Karl Nehammer habe sie aber gebeten, eine Anzahl
       von Projekten abzuschließen. Das sei jetzt gelungen. [1][Köstinger], die
       aus der Kärntner Landjugend kommt, hatte über den konservativen Bauernbund
       politische Karriere gemacht, zunächst im Europäischen Parlament.
       
       2017 holte sie Sebastian Kurz nach Wien und machte sie zur
       ÖVP-Generalsekretärin und Wahlkampfleiterin. In der darauf folgenden
       Koalition mit der FPÖ übernahm sie das Landwirtschafts- und
       Umweltministerium. Nach dem Platzen dieser Regierung infolge des
       [2][Ibiza-Skandals], Neuwahlen und einer Koalition mit den Grünen blieb sie
       Ministerin, musste aber die Umweltthemen an den Koalitionspartner abgeben.
       Dafür bekam sie Tourismus, Telekommunikation und Zivildienst.
       
       Auffällig wurde sie vor allem durch stete Querschüsse gegen die Grünen und
       als Befürworterin der schnellen Öffnung für Tourismus und Gastronomie
       während der Pandemie. Fragen beantwortete Köstinger nach ihrem Auftritt
       keine. Laut ihrem Büro wird sie zunächst Urlaub machen und dann „in die
       Privatwirtschaft“ gehen. Auch Wirtschafts- und Digitalministerin Margarete
       Schramböck (ÖVP) verkündete am Montag per Videobotschaft ihren Rücktritt.
       
       ## In Umfragen stürzte die ÖVP deutlich ab
       
       Die zeitliche Nähe zum ÖVP-Parteitag am kommenden Samstag, bei dem Karl
       Nehammer offiziell zum Nachfolger von Sebastian Kurz gewählt wird, ist kein
       Zufall. Nehammer, der einen Neustart anstrebt, hebt sich zwar durch seinen
       verbindlicheren Stil von Kurz ab, schleppt aber noch einen Ballast von
       Kurz-Loyalistinnen mit. Köstinger und Schramböck sind jetzt ihrer Ablösung
       zuvorgekommen. Wer ihre Nachfolge antreten wird, ist noch unklar.
       
       Die ÖVP ist durch immer neue Skandale und den Abgang von Kurz in Umfragen
       von annähernd 40 Prozent auf nur mehr knapp über 20 Prozent abgestürzt. Sie
       hätte heute weder mit den Grünen noch mit dem früheren Wunschpartner FPÖ
       eine Mehrheit und müsste den ersten Platz an die SPÖ abgeben. Auch eine
       Rückkehr von Sebastian Kurz würde daran wohl nichts ändern.
       
       Der politisch entzauberte Kurz arbeitet jetzt für den Tech-Mogul, Trump-Fan
       und Milliardär [3][Peter Thiel] als „Global Strategist“. Eine Rückkehr
       schloss er aus. Derzeit ermittelt die Justiz gegen ihn wegen falscher
       Aussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss und in
       Zusammenhang mit der „[4][Inseratenkorruptionsaffäre]“ – mit Steuergeldern
       wurden zugunsten von Kurz manipulierte Umfragen und Berichte in
       Boulevardzeitungen gekauft.
       
       Karl Nehammer ist durch die [5][ÖVP-Korruptionsaffären] nicht direkt
       belastet, blieb einen politischen Neustart aber bisher schuldig. In einem
       Interview hat er bestritten, die ÖVP hätte ein Korruptionsproblem. Beim
       bevorstehenden Parteitag wird er mit dieser Aussage voraussichtlich gut
       ankommen.
       
       9 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.derstandard.at/story/2000135550393/koestingers-karriere-von-der-landjugend-bis-zur-muttergottes-der-oeffnung
 (DIR) [2] /Urteil-gegen-Initiator-des-Ibiza-Videos/!5841310
 (DIR) [3] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/buch-ueber-peter-thiel-portraet-des-unternehmers-17968004.html
 (DIR) [4] https://www.dossier.at/dossiers/inserate/das-gekaufte-oesterreich/
 (DIR) [5] /Aufarbeitung-der-Kurz-Aera-in-Oesterreich/!5837966
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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