# taz.de -- Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Endlich groß auf Wahlplakaten
       
       > Die Grüne Monika Heinold will Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein
       > werden. Vor den Wahlen sinken ihre Umfragewerte.
       
 (IMG) Bild: Spitzenkandidatin der Grünen für Schleswig-Holstein: Monika Heinold
       
       Neumünster taz | Im Vorbeifahren hat Monika Heinold sich selbst gesehen,
       sie dreht sich im Sitz des Elektro-Kleinbusses um, mit dem sie als
       Wahlkämpferin unterwegs ist: „Oh, da hängt ein Großplakat von mir!“ Es
       klingt, als gefalle ihr das richtig gut. Zwar stand die 64-Jährige bereits
       2012 und 2017 auf Platz eins der Grünen-Landesliste, doch die Plakatwände
       beherrschte Robert Habeck. Auch bei dieser Wahl gibt es mit Aminata Touré
       eine starke Nummer 2, aber Heinold tritt für den Posten der
       Ministerpräsidentin an und sie ist als Finanzministerin deutlich
       prominenter als die Landtagsvizepräsidentin Touré.
       
       Mit der Doppelspitze „fühle ich mich ausgesprochen wohl“, sagt Heinold –
       trotz [1][aktuell sinkender Umfragewerte.] Die seien nicht das, „was wir
       erreichen wollten“, gibt die Spitzenkandidatin zu. Es klingt abgeklärt,
       trotz des Nachsatzes, sie hoffe nun auf den Wahlkampfendspurt.
       
       Dass Heinold antritt, entschied sich im vergangenen Sommer. Der Vorschlag
       zur Doppelspitze kam von Aminata Touré, das verkündete sie selbstbewusst
       beim taz-Salon in Kiel. Eigentlich hätte auch Jan Philipp Albrecht Anspruch
       auf einen Spitzenplatz in der Landesliste erheben können. Doch jetzt geht
       der Mann, der Habeck als Kieler Umweltminister beerbte, als Chef der
       Heinrich-Böll-Stiftung nach Berlin. War er enttäuscht, gab es Zoff? Alle
       Personalfragen seien harmonisch und gemeinsam getroffen worden, meint
       Heinold, mit einem guten Ergebnis: „Wir stehen in diesem ansonsten männlich
       geprägten Wahlkampf für Frauenpower.“
       
       Frauenpower hat sie an diesem Tag auch bei der Tafel in Neumünster
       kennengelernt. Nach dem Gespräch mit der Leiterin des ehrenamtlichen Teams
       schwärmt Heinold von der klaren und angenehmen Art der Frau. „Solche
       Treffen dürfen natürlich nicht nur im Wahlkampf stattfinden“, betont sie.
       
       Für Heinold bringt die Tour durch Neumünster Erinnerungen an ihre
       Vergangenheit, denn sie ist in Hardebek, einem 500-Personen-Örtchen im
       Nachbarkreis, aufgewachsen und in der Stadt zur Schule gegangen. Sie deutet
       auf zwei klotzige Gebäude, die damals ein Karstadt- und ein
       Hertie-Warenhaus beherbergten: „Da sind wir Kinder vom Dorf in Freistunden
       Rolltreppe gefahren.“
       
       ## Heinold wollte Lehrerin werden
       
       „Wir Kinder vom Dorf“ – den Ausdruck benutzt sie wieder, als sie vom
       Gymnasium in Bad Bramstedt erzählt. Dorthin wechselte sie wegen des
       kürzeren Schulwegs. Doch der damalige Direktor machte den „Kindern vom
       Dorf“ klar, dass sie auf der höheren Schule eigentlich nichts zu suchen
       hatten, das hat sich bei Heinold eingeprägt. Dabei wurde sie gar nicht auf
       dem Land, sondern in Gütersloh geboren, wo ihr Vater beim
       Bertelsmann-Verlag arbeitete. Die Familie zog nach Hamburg, dann nach
       Hardebek. In der ehemaligen Schule gründete Ehrhardt Heinold seinen eigenen
       Verlag. Das Haus war immer voll mit Gästen, eine linke Enklave in einem
       konservativen Dorf.
       
       Heinold wollte Lehrerin werden, ging aber nach der Mittleren Reife ab,
       machte Abitur an der Fachschule für Sozialpädagogik in Schleswig, ging auf
       Weltreise. Am Ende der einjährigen Tour stand der Entschluss, sich
       politisch zu engagieren. 1984 trat sie den Grünen bei. Sie bekam Kinder,
       arbeitete als Erzieherin und betätigte sich in der Kommunalpolitik: 1990
       wurde sie in den Kreistag gewählt, wo sie sich mit Wirtschaft und Verkehr
       befasste. Im Landtag, dem sie seit 1996 angehört, saß sie im
       Finanzausschuss. Finanzministerin ist sie seit 2012 – erst in einer
       Koalition mit der SPD und der Minderheitenpartei SSW, nun im
       Jamaika-Bündnis.
       
       Es waren zehn Jahre, in denen das wirtschaftlich arme Land von einer Krise
       in die nächste geriet. Gleich zu Anfang musste Heinold gemeinsam mit dem
       Hamburger Amtskollegen die marode HSH-Nordbank abwickeln – gegen die
       geballte Männlichkeit in der Vorstandsetage. Sie lacht: „Das war für die
       Alphatypen nicht so einfach: Da kam eine Grüne, Frau und Erzieherin, die
       ihnen klargemacht hat, wer die Chefin ist.“ Kaum entspannte sich das,
       begann 2015 der große Zuzug von Geflüchteten. Es folgte Corona. Nun
       herrscht Krieg in der Ukraine, und wieder müssen die Bundesländer
       Millionenbeträge locker machen, um Wohnungen, Unterricht und Arbeit für
       Geflüchtete zu schaffen. Und als Dauerthema und übergreifende Aufgabe: der
       Kampf gegen den Klimawandel.
       
       Als sich die Grünen im vergangenen Jahr entschlossen, um den Einzug in die
       Staatskanzlei zu kämpfen, standen die Chancen gar nicht schlecht. Bei der
       Europawahl 2019 hatte die Partei in [2][Schleswig-Holstein erstmals die
       CDU] überholt, 2021 lagen die Grünen gleichauf mit der SPD, hätte also die
       Führung einer Ampel oder in einem Dreierbündnis mit der Minderheitenpartei
       SSW beanspruchen können. Neuere Umfragen sehen die Grünen aber mit
       wachsendem Abstand auf Platz drei. Über Koalitionen will Heinold noch nicht
       sprechen. Zwar wünschen sich die meisten Schleswig-Holsteiner*innen die
       Fortsetzung der aktuellen Jamaika-Regierung, aber Heinold warnt: „Wer CDU
       wählt, weil er auf Jamaika oder womöglich schwarz-grün hofft, wird am 9.
       Mai mit schwarz-gelb aufwachen.“
       
       3 May 2022
       
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 (DIR) Esther Geißlinger
       
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