# taz.de -- Anhörungen für US-Supreme-Court: Rechtsstaat von rechts bedroht
       
       > Die Kandidatin für den US-Supreme-Court, Ketanji Brown Jackson, ist
       > Top-Juristin – und wird als Linksradikale beschimpft. Das schadet dem
       > Justizsystem.
       
 (IMG) Bild: Ketanji Brown Jackson am dritten Tag ihrer Anhörung
       
       Am Ende wird [1][Ketanji Brown Jackson] vom Senat als erste Schwarze
       Richterin am Obersten Gerichtshof der USA bestätigt werden, auch wenn es im
       Justizausschuss gerade nur zu einem Patt zwischen Demokrat*innen und
       Republikaner*innen gereicht hat. Aber was die Richterin sich während
       der Anhörungen von rechts bieten lassen musste, schadet dem gesamten
       Justizsystem.
       
       Sicher, die [2][Frage der Besetzung des Supreme Court ist schon lange ein
       Politikum.] Da der gespaltene Kongress immer weniger handlungsfähig ist,
       laufen größere Gesetzesreformen zuletzt oft über einzelne Bundesstaaten,
       die ihre Regelungen dann vor dem Obersten Gericht verhandeln lassen – mit
       dem Effekt, dass sie schließlich fürs ganze Land gelten, obwohl sie nie
       durch den Kongress gegangen sind. Da ist es schon wichtig, wer die neun
       Menschen sind, die die Verfassung interpretieren.
       
       Aber deren Urteil muss von Politik und Bevölkerung als legitim und bindend
       akzeptiert werden. Was passiert, wenn das nicht geschieht, konnte 2020/21
       verfolgt werden: Trumps von Millionen Menschen geteilte Lügen und
       Justizverachtung bedrohten das rechtsstaatliche Gefüge der USA im Ganzen.
       
       Wenn jetzt eine erfahrene Harvard-Absolventin mit allerbesten Referenzen
       von republikanischen Senatoren als Linksradikale beschimpft wird, soll
       damit das Vertrauen in sie noch vor dem ersten Urteil erschüttert werden.
       Das unterhöhlt jene Gewalt, die über die Einhaltung der Gesetze durch die
       Exekutive wachen soll.
       
       Brown Jackson wird im Gerichtshof den liberalen Stephen Breyer ersetzen,
       der mit 83 Jahren vom Amt zurücktritt. Der Rücktritt ist reine Prävention:
       Niemand würde derzeit darauf wetten, dass der nächste Präsident nicht
       wieder Donald Trump heißt, und [3][wenn der noch einen weiteren
       Richterposten besetzen könnte], würde das eine konservative 7:2-Mehrheit im
       Gericht bedeuten, die in Jahrzehnten nicht umzukehren wäre. Aber dass in
       den USA überhaupt so gedacht werden muss, ist ein Armutszeugnis für das
       Land, das sich noch immer als Führungsmacht der Demokratie begreift.
       
       6 Apr 2022
       
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