# taz.de -- Tageszeitung „Neues Deutschland“: „Was für ein Scheißladen“
       
       > Am Dienstag wurden Mitarbeiter und Umstehende der Tageszeitung Neues
       > Deutschland bedroht und versucht anzugreifen. Ob das geplant war, ist
       > noch unklar.
       
 (IMG) Bild: Am Dienstag wurde eine Scheibe im Eingangsbereich beschädigt
       
       Zwei offenbar rechts gesinnte junge Männer haben am Dienstag Mitarbeiter
       der Tageszeitung Neues Deutschland und andere Umstehende bedroht und
       anzugreifen versucht. Der Vorfall ereignete sich kurz nach 16 Uhr am
       Franz-Mehring-Platz im Berliner Stadtteil Friedrichshain. Das große Gebäude
       an diesem Platz ist unter anderem der Sitz der Tageszeitung Neues
       Deutschland, beherbergt unter dem Namen FMP1 jedoch auch zahlreiche andere
       Projekte. Ich selbst, taz-Redakteurin, war gerade zufällig für eine
       Podcast-Aufnahme da und wechselte nach der Arbeit vor dem Eingang des
       Gebäudes noch ein paar Worte.
       
       In einer Ecke, wo eine junge Frau ihre Rauchpause machte, waren laute und
       aggressive Männerstimmen zu hören. Zwei stämmige und offenbar stark
       alkoholisierte Männer brüllten sie als „Fotze“ an und bedrohten sie. Einer
       der beiden war im Begriff, sie zu schlagen, der andere hielt ihn zurück.
       Die Frau flüchtete sich ins Innere des Gebäudes. Später erzählte sie, dass
       sie den beiden gesagt hatte, kein Interesse an einem Gespräch mit ihnen zu
       haben.
       
       Als die wenigen Umstehenden draußen zu Ruhe aufriefen, bedrohte derjenige
       der beiden Männer, der zuvor den anderen beruhigt hatte, auch einen älteren
       Mann und schimpfte mehrfach, dass hier alles „Scheißlügenpresse“ sei. In
       dieser Situation kam der zweite der beiden Aggressoren dazu, der zuvor auf
       die junge Frau losgegangen war – um den anderen zu beruhigen. Es sah kurz
       so aus, als würde sich die Lage entspannen, doch dann echauffierten die
       beiden Männer sich erneut und rannten gemeinsam auf die Glastüren des
       Gebäudes zu, schlugen und traten dort zu.
       
       Dort hatten sich ein paar Menschen gesammelt, die durch die lauten Stimmen
       aufmerksam geworden waren und guckten, ob sie einschreiten sollten. Die
       dort anwesenden Personen konnten ausweichen und den Schlag mit einer
       Glasflasche parieren, Scherben flogen. Einer der Aggressoren fiel,
       vermutlich wegen des Alkohols, bei seinem Versuch zu treten zu Boden. Das
       ND veröffentlichte [1][auf Twitter ein Foto der beschädigten Glasscheibe am
       Eingang.]
       
       Ein Mitarbeiter des FMP1, Andreas Krämer, konnte einem Fußtritt der
       Angreifer noch ausweichen. Er hatte die beiden Männer schon wahrgenommen,
       bevor sie die junge Frau angegangen waren. „Die standen da schon vorher und
       haben gepöbelt“, sagte Kraemer der taz am Mittwoch. „Sie sagten, was für
       ein Scheißladen das sei.“ Worte, die er während des Vorfalls von den beiden
       Männern vernommen hat, waren Beschimpfungen als „Systemmedien“ und
       „Spalter“.
       
       Die beiden jungen Männer liefen daraufhin schnell weg. Während eine der
       umstehenden Personen das Fahrrad los schloss, um ihnen hinterherzufahren,
       traf wenige Sekunden später ein Polizeiwagen ein – der Pförtner hatte die
       Polizei alarmiert. Der Versuch, die beiden Männer mit dem Polizeiauto oder
       dem Fahrrad noch einzuholen, scheiterte allerdings.
       
       Unzweifelhaft scheint die rechte Gesinnung der beiden Angreifer, was durch
       die [2][wiederholte Beschimpfung „Lügenpresse“] an alle Umstehenden
       erkennbar war. Zuvor hatten sie der jungen Frau erklärt, es gebe keinen
       Klimawandel und kein Corona. Unklar und vielleicht nicht unerheblich für
       das Tatmotiv bleibt, ob die beiden Männer von vornherein gewusst hatten,
       dass die linke Tageszeitung ND hier ihren Sitz hatte. Ob sie also schon im
       Voraus geplant hatten, die Menschen hier zu beschimpfen oder anzugreifen,
       und sich für diesen Zweck Mut angetrunken hatten. Denkbar ist auch, dass
       sie ohne Plan in alkoholisiertem Zustand vorbeikamen und in ihrer
       aggressiven Stimmung spontan handelten, als sie sich bewusst wurden, dass
       hier auch der Sitz einer linken Tageszeitung war. Beide wirkten stämmig und
       sportlich.
       
       Zu dem Vorfall hat der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt nun
       Ermittlungen aufgenommen.
       
       23 Mar 2022
       
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