# taz.de -- Wanderkonzert in Hannover: Klänge statt einer Ausstellung
       
       > Die „Odd Couples“ von Komponist Gordon Williamson im hannoverschen
       > Sprengel Museum verlangen bewegliches Publikum.
       
 (IMG) Bild: Eines von vielen „Odd Couples“: Ashley Hribar (Keyboard) und Sascha Davidovic (Cembalo)
       
       „Das ist hier kein Konzert mit Bestuhlung.“ Es herrscht erhöhter
       Erklärungsbedarf an diesem Sonntagnachmittag [1][im Sprengel-Museum]. Dass
       Musik gespielt wird in dem architektonisch ambitionierten Spät-70er-Bau mit
       Blick auf den hannoverschen Maschsee, ist daran gar nicht mal das
       Besondere: Das gibt es hier dann und wann. Aber diesmal soll, ja: muss das
       Publikum sich bewegen. Das Konzert verteilt sich auf, na ja, nicht das
       ganze Haus, aber doch große Teile davon: eine gerade nicht für
       zeitgenössische Kunst genutzte Ausstellungshalle und den „Calder-Saal“, den
       eine [2][spektakuläre Rampen- und Treppenspirale] prägt. Hier fühlt sich
       das Sprengel-Museum beinahe an wie das New Yorker Guggenheim.
       
       Als um kurz nach 15 Uhr das Programm beginnt, sind dann doch erst mal alle
       Stühle besetzt, die zufällig da stehen, wo die erste Gruppe musiziert. „Odd
       Couples“ hat Gordon Williamson, [3][Komponist und Professor für Neue Musik]
       an der örtlichen Musikhochschule, das Projekt überschrieben,
       „Installationskonzert für 24 ungewöhnliche Instrumentenpaare“. Diese Paare
       sind mal mehr, mal weniger ungewöhnlich: Blockflöte und Kontrabass etwa,
       oder Tuba und Sopransaxofon: Das geht doch noch, das kennt man. Aber
       Virginal – ein kompakt gebautes Cembalo – und E-Gitarre? Schlagwerk und
       [4][Toy Piano]? Und was, bitte, ist überhaupt [5][ein Flexaton], wie es
       Pascal Pons da spielt, im Duett mit Andrew Digby an der ungleich
       vertrauteren Posaune?
       
       Eigentlich hätte das alles schon Anfang Dezember stattfinden sollen: die
       Uraufführung von Williamsons zumeist kurzen, neutönenden Duetten,
       bereichert um verwandte Arbeiten von Karlheinz Stockhausen, James Tenney
       und Louis Andriessen. Verwandt, was das Klangbild angeht, das auch mal
       Spröde, vermeintlich nicht Wohlklingende – aber auch, weil diese Stücke
       große Freiheiten gewähren bei der Besetzung und dem Rahmen ihrer
       Aufführung.
       
       Dass sich diese Premiere verschob, hatte, klar, mit der Pandemie zu tun und
       ihrer Bekämpfung. Daran erinnert, dass auch jetzt einige der Odd Couples
       gar nicht physisch anwesend sind, sondern als Videos aus der Ferne
       mitwirken. Aus Berlin und Pamplona etwa, Montreal und Paris. Odd Couples
       ist auch ein Onlineprojekt, nach und nach sollen im Lauf des Frühjahrs auf
       [6][Williamsons Homepage] Paarungen hinzukommen.
       
       Ist es nun bloßes Gimmick, die bewusst unkonventionelle Form, die Absage
       ans Frontalbespaßen mit teils obskuren Klangerzeugern? Darf man so sehen,
       klar. So wie man in Betriebsamkeit verfallen kann, wenn zwei Räume weiter
       oder eine Treppe tiefer, das nächste Stück beginnt.
       
       Man werde wohl nicht alles mitbekommen, hatte Wiliamson aber
       vorausgeschickt. Und klug ist, wer nicht den halben Nachmittag hindurch
       versucht, vorneweg zu sein, um bloß nicht irgendetwas zu verpassen. Lieber
       mal das eine, ganz nahe Klangereignis geschehen lassen, zu Ende gehen – und
       bestaunen, wie sich aus der Ferne ein ganz anderes ins Bild schiebt. Passt
       der leise Beifall, anderen zugedacht, nicht ganz wunderbar auch hier und
       jetzt gerade?
       
       11 Mar 2022
       
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