# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Düstere Perspektiven
       
       > Russische Zustände wollen Putin und Lawrow in der Ukraine einführen. Ob
       > die Bevölkerung da mitspielt, steht auf einem anderen Blatt.
       
 (IMG) Bild: Anfang Februar in Kiew, Mitglieder einer freiwilligen Militäreinheit beim Training
       
       Es sind zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wohl nur noch wenige
       Stunden, bis Kiew an die [1][russischen Truppen] fällt und die Ukraine, die
       der militärischen Übermacht des Nachbarn erwartungsgemäß nichts
       entgegenzusetzen hat, in die Knie gezwungen wird.
       
       Angesichts der unvermeidlichen Kapitulation sollten die ukrainische Armee
       und die vielen jungen Freiwilligen, die für die Verteidigung ihrer Heimat
       zum Äußersten bereit sind, die Waffen strecken. Wozu noch einen sinnlosen
       Heldentod fürs Vaterland sterben, wo es jetzt darum gehen muss, weitere
       Opfer zu vermeiden. Davon gibt es auch unter der Zivilbevölkerung mehr als
       genug.
       
       Der nahende „Endsieg“ Russlands löste auch Russlands [2][Außenminister
       Sergei Lawrow] die Zunge. Plötzlich will Moskau wieder reden – jetzt, da
       die „Aktion der Entmilitarisierung und Entnazifizierung“ der Ukraine vor
       einem erfolgreichen Abschluss steht. Worüber geredet werden soll – nun ja.
       Doch auch ein möglicher Gesprächsort scheint festzustehen: die
       belarussische Hauptstadt Minsk. Dort durfte sich Staatschef Alexander
       Lukaschenko, in Wahrheit ein armseliger Vasall Putins auf Abruf,
       bekanntlich ja schon 2014/15 als Vermittler international und
       publikumswirksam in Szene setzen.
       
       Laut Lawrow würden die russischen Truppen die geknechteten
       Ukrainer*innen von Unterdrückung befreien. Was Blödsinn ist. Tatsächlich
       fängt die Unterdrückung jetzt erst an. Ein mögliches Szenario wäre, die
       demokratisch gewählte Regierung in Kiew, alias faschistische Junta, zu
       stürzen, die nach Moskauer Lesart illegitimerweise im Amt ist. Das dürfte
       in einem Handstreich zu erledigen sein.
       
       Bevorzugtes Hassobjekt dabei ist [3][Präsident Wolodimir Selenski], der das
       Problem hat, durch freie und faire Wahlen im Jahr 2019 auf seinen Posten
       gekommen zu sein. Er kann froh sein, wenn er jetzt mit seinem Leben
       davonkommt. Dem dürfte die Inthronisierung eines moskautreuen Statthalters
       folgen, der keine Widerworte gibt und sich von europäischen und
       euroatlantischen Ambitionen endgültig verabschiedet.
       
       Aber vielleicht darf Selenski auch noch ein bisschen weiterregieren, sollte
       Moskau der Meinung sein, ihm (mit Waffengewalt) das Rückgrat gebrochen zu
       haben. Doch was wird aus den Ukrainer*innen, über die Russlands Kriegszug
       unermessliches Leid gebracht hat?
       
       Besonders Vertreter*innen jüngerer Generationen, die die [4][Orange
       Revolution] 2004 und/oder die „Revolution der Würde“ 2013/14 miterlebt
       haben, wissen, was es bedeutet, ein Stück Freiheit zu atmen. Sie werden
       sich dem Moskauer Diktat nicht kampflos ergeben. Wladimir Putin mag die
       Uhren zurückdrehen wollen. Doch in der Ukraine ist es dafür schon längst zu
       spät.
       
       25 Feb 2022
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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