# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Russland marschiert ein
       
       > Seit dem frühen Donnerstagmorgen greifen russische Truppen auf breiter
       > Front an. Die Ukraine leistet heftigen Widerstand und bittet die Welt um
       > Hilfe.
       
 (IMG) Bild: Laut ukrainischer Polizei waren am Donnerstag russische Militärhubschrauber bei Kiew zu sehen
       
       Russland hat am Donnerstag im Morgengrauen auf breiter Front seinen lang
       angekündigten Angriff auf die Ukraine begonnen. Die ersten Explosionen
       meldeten Bewohner von Kiew kurz nach 5 Uhr früh, es folgten weitere
       Angriffe mit Raketen und Artillerie. Ziele waren Luftwaffenbasen und
       militärische Einrichtungen im ganzen Land. Auch Wohnhäuser und Zivilisten
       wurden getroffen, etwa in der Millionenstadt Charkiw. Videos aus
       verschiedenen Orten in sozialen Netzwerken zeigten am Morgen unter anderem
       brennende Wohnblocks, ein totes Kind auf einer Straße und einen vor
       laufender Kamera von einem Granateneinschlag zerfetzten Radfahrer.
       
       Noch am Vormittag überquerten russische Truppen an mehreren Orten die
       Grenze und drangen in die Ukraine ein. Drei Hauptangriffsrouten waren zu
       erkennen: aus der russisch besetzten Krim in Richtung des Dniepr-Flusses,
       was offensichtlich relativ schnell ging; aus Russland in Richtung der
       grenznahen Stadt Charkiw, wo russische Einheiten sehr schnell Außenbezirke
       der Stadt erreichten, aber in verlustreiche Kämpfe verwickelt wurden; und
       aus Belarus in Richtung der 90 Kilometer entfernten ukrainischen Hauptstadt
       Kiew.
       
       Den Vorstoß auf Kiew unternahmen russische Truppen aus Belarus unter
       anderem in der Sperrzone um das havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl, das
       sie nach ukrainischen Angaben unter Kontrolle zu bringen versuchen, mit
       unabsehbaren Konsequenzen. Ihr Ziel war zunächst der wichtige
       Luftwaffenstützpunkt Hostomel 30 Kilometer westlich von Kiew. Seine
       Kontrolle würde Russland Luftlandungen für einen direkten Angriff auf Kiew
       ermöglichen. Im Verlauf der Kämpfe wurden mehrere russische Hubschrauber
       abgeschossen; die Aufnahmen wurden breit auf sozialen Medien geteilt. Am
       Abend landeten Berichten zufolge erste russische Fallschirmjäger auf
       Hostomel; die ukrainische Armee begann prompt eine Offensive, um sie
       einzukesseln.
       
       Eine deutliche russische Übermacht zeigte sich im Süden der Ukraine, wo die
       aus der Krim eingerückten russischen Kräfte bis zum Mittag offenbar
       problemlos 60 Kilometer bis zum Dniepr vorrückten und begannen, ihn zu
       überqueren. Auch in nordostukrainischen Grenzgebieten rückten russische
       Soldaten auf ukrainisches Gebiet vor. An der „Kontaktlinie“ zu den russisch
       besetzten Separatistengebieten im ostukrainischen Donbass wurde heftig
       gekämpft. Doch Russland stößt keineswegs überall widerstandslos vor. Die
       Offensive bei Charkiw kam ins Stocken. Meldungen über erfolgreiche
       russische Angriffe auf die Hafenstädte Mariupol und Odessa wurden nicht
       bestätigt.
       
       ## 74 ukrainischen Militäreinrichtungen laut Moskau zerstört
       
       Bereits nach wenigen Stunden zählten ukrainische Quellen landesweit sieben
       abgeschossene russische Kampfflugzeuge, dazu eine stündlich wachsende Zahl
       abgeschossener Kampfhubschrauber, zahlreiche zerstörte Panzerfahrzeuge und
       eine ungenannte Zahl von Kriegsgefangenen, nach Fotos zu urteilen zumeist
       blutjunge Rekruten. Stimmen die Angaben, hat Russland an einem einzigen Tag
       Krieg in der Ukraine mehr Rüstungsmaterial verloren als in sieben Jahren
       Kampfeinsatz in Syrien.
       
       Das russische Militär hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in
       Moskau 74 ukrainische Militäreinrichtungen zerstört, darunter 11
       Luftwaffenstützpunkte. Das Ministerium bestätigte den Verlust lediglich
       eines Kampfflugzeugs.
       
       „Dies ist nicht wie die USA im Irak 1991 oder 2003“, bilanzierte am Mittag
       auf Twitter ein Journalist der britischen Militärfachzeitschrift UK Defence
       Journal die ersten Stunden der russischen Offensive. „Russland setzt einige
       Marschflugkörper und präzisionsgelenkte Munition ein, aber unternimmt keine
       flächendeckenden Angriffe.
       
       Die ukrainische Luftwaffe ist vermutlich kampfunfähig, ihre Flugzeuge am
       Boden wurden von den frühen Schlägen schwer getroffen und sie haben sowieso
       nicht viele. Die ukrainische Luftabwehr funktioniert und schießt
       Flugzeuge ab. Die Russen konnten ihre Offensive nicht in der Nacht starten,
       wegen begrenzter Nachtsichtkapazität und fehlender Navi-Ausrüstung, sie
       mussten das Tageslicht abwarten. Die ukrainischen Bodenstreitkräfte werden
       nicht sofort in Stücke gerissen.“
       
       24 Feb 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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