# taz.de -- Jagdverbot in Norwegen: Wölfe gegen Regierung 2:0
       
       > Auf Betreiben der Landbevölkerung bläst Oslo zur Jagd auf den
       > Beutegreifer – auch in Schutzzonen. Zumindest Letzteres hat ein Gericht
       > nun gestoppt.
       
 (IMG) Bild: Grauwölfe in Norwegen
       
       Stockholm taz | Die Begründung ist eine Ohrfeige für die norwegische
       Regierung: Die habe es versäumt, vor ihrer Genehmigung auch nur die
       „grundlegend erforderlichen Bewertungen vorzunehmen“, urteilte nun das
       Osloer Amtsgericht. Damit ist der Beschluss des Osloer Umweltministeriums
       von kurz vor Weihnachten, 25 Wölfe in geschützten Zonen zum Abschuss
       freizugeben, endgültig für rechtswidrig erklärt. Schon Anfang Januar hatte
       das Gericht die Genehmigung in einer vorläufigen Anordnung gestoppt.
       
       25 Wölfe entspricht nach einer recht kräftigen Bejagung der Wölfe in den
       letzten Jahren einem Viertel des verbliebenen norwegischen Bestands.
       [1][Zudem sollte die Jagd in Revieren stattfinden, die von
       Vorgängerregierungen ausdrücklich von einer Jagd ausgenommen worden waren –
       in speziellen „Ulvesonen]“. Das sind Regionen, in denen Wölfe grundsätzlich
       geschützt sind. Außerhalb dieser Gebiete gibt es wiederum Zonen, wo die
       Etablierung eines Wolfsbestands „unerwünscht“ und die Jagd möglich ist.
       Dazu gehören die Gegenden mit verbreiteter Rentier- oder Schafszucht.
       
       Schon diese Zweiteilung ist angesichts des Schutzstatus, den der Wolf als
       auf der Roten Liste stehende Art nach dem auch in Norwegen geltenden
       EU-Recht genießt, heftig umstritten. Die Genehmigung der Regierung, die
       Beutegreifer sogar in den „Ulvesonen“ zu schießen, verletzte nach Ansicht
       der Richter die Artenschutzvorschriften nun erst recht.
       
       Von einem „prinzipiell wichtigen Sieg für den Tierschutz und eine
       vernichtende Niederlage für die verantwortungslose Wolfspolitik der
       Regierung“, schreibt daher auch die Tageszeitung Dagbladet. Diese habe sich
       von irrationalen Einschätzungen und einer Panikmache der Bauernverbände
       leiten lassen: Noch nie seit 2008 seien so wenig Schafe von Raubtieren
       gerissen worden wie im vergangenen Jahr. Und dabei deutlich mehr vom
       Vielfraß als vom Wolf.
       
       ## Weniger Wölfe als in Deutschland
       
       Die drei Umweltschutzorganisationen, die das Gerichtsverfahren in Gang
       gebracht hatten, begrüßten die jetzige Entscheidung selbstredend. Siri
       Martinsen von der Naturschutzorganisation NOAH spricht von einem „wichtigen
       Signal“. Karoline Andaur, Generalsekretärin des WWF-Norwegen hofft, dass
       das Urteil die Tendenz des Staats stoppt, die Schwelle für die Wolfsjagd
       immer mehr zu senken.
       
       Der sozialdemokratische Umweltminister Espen Barth Eide kündigte Berufung
       an. Der Bauernverband Norges Bondelag fürchtet, dass ein Prozess, der sich
       nun bis zum Obersten Gerichtshof hinziehen könnte, nicht nur die
       diesjährige Wolfsjagd in den „Ulvesonen“, sondern auch die des kommenden
       Jahres ausbremsen könnte.
       
       Die Jagd außerhalb dieser Zonen findet aber weiter statt. Laut John
       Linnell, der am Norwegischen Naturforschungsinstitut NINA zu Prädatoren
       forscht, wird der Bestand damit in Norwegen so massiv bejagt wie in keinem
       der rund ein Dutzend europäischen Länder, in denen Wolfsjagd betrieben
       wird. [2][Während es im flächenmäßig kleineren Deutschland rund 150
       Wolfsrudel gebe], wolle die norwegische Politik nur 4 bis 6 zulassen.
       
       Das sei vor allem auf den ungleich größeren Einfluss des „ländlichen
       Norwegens“ auf die Regierungspolitik zurückzuführen, so Linnell. Der Streit
       zwischen der Landbevölkerung und NaturschützerInnen sei festgefahren. Dabei
       sei er als Stellvertreterkrieg zu betrachten, bei dem es eigentlich darum
       gehe, dass sich ländliche Regionen abgehängt von den Städtern bevormundet
       fühlten. „Was, wenn alle Wölfe weg sind?“, fragt Linnell. Dann werde der
       künftige Bestand des Dorfladens, der örtlichen Schule, der lokalen
       Polizeistation auch nicht weniger bedroht sein: „Vielleicht wäre es am
       besten, wir würden alle mal 5 Jahre lang gar nicht mehr über Wölfe reden.“
       
       1 Feb 2022
       
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