# taz.de -- Freispruch für Journalistin: Tolu in Türkei freigesprochen
       
       > Nach fast fünf Jahren wurde die Journalistin Meşale Tolu freigesprochen.
       > Ihr und Yücels Fall sorgten für Spannungen zwischen Berlin und Ankara.
       
 (IMG) Bild: Meşale Tolu wurde freigesprochen: Solidaritätsaktion 2017 für alle inhaftierten JournalistInnen
       
       Istanbul taz | Nach einem jahrelangen Prozess ist die deutsche Journalistin
       Meşale Tolu am Montag in Istanbul freigesprochen worden. Da im vergangenen
       Jahr selbst die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädiert hatte, [1][war
       das Urteil keine Überraschung mehr]. Ganz anders dagegen der gleichzeitige
       Freispruch für ihren Ehemann Suat Çorlu, mit dem kaum jemand gerechnet
       hatte.
       
       „Endlich, nach vier Jahren, acht Monaten und zwanzig Tagen Prozess
       Freispruch in beiden Anklagepunkten“, schrieb Meşale Tolu auf Twitter. Den
       größten Teil des Prozesses konnte Tolu allerdings von Deutschland aus
       verfolgen, nachdem sie Ende 2017 nach mehrmonatiger U-Haft zunächst aus dem
       Gefängnis freikam und im August 2018 dann auch nach Deutschland ausreisen
       durfte.
       
       Der Freispruch für Meşale Tolu ist der Schlusspunkt unter einer
       Auseinandersetzung zwischen Deutschland und der Türkei, die im Jahr 2017
       eskalierte, nachdem zunächst im Februar 2017 der deutsche Journalist Deniz
       Yücel inhaftiert wurde, dann Ende April 2017 die Übersetzerin und
       Journalistin Meşale Tolu und im Juli auch noch der Menschenrechtler Peter
       Steudtner.
       
       Die Verhaftungen und Inhaftierungen der deutschen JournalistInnen und
       Menschenrechtler waren zum einen das Ergebnis der damaligen politischen
       Repression im Anschluss an den Putschversuch 2016 und den folgenden
       Ausnahmezustand, zum anderen wohl auch der Versuch von Präsident Recep
       Tayyip Erdoğan, für die Freilassung der deutschen „Geiseln“ Gegenleistungen
       zu erpressen.
       
       Meşale Tolu war im April 2017 im Zuge einer Razzia gegen angebliche
       Mitglieder der verbotenen Marxistisch-Leninistischen Kommunisten Partei
       MLKP verhaftet worden. Sie arbeitete damals bei der Nachrichtenagentur
       Etha, die angeblich der MLKP nahesteht. Man holte sie mitten in der Nacht
       aus dem Bett, ihr Baby musste sie bei Nachbarn zurücklassen. Obwohl Tolu
       deutsche Staatsbürgerin ist, wurde die deutsche Botschaft zunächst nicht
       verständigt.
       
       ## Immer wieder Inhaftierungen kritischer Stimmen
       
       Sie saß monatelang ohne Anklage in U-Haft, ihr Vater konnte ihr nach
       einigen Wochen ihr Baby in das Frauengefängnis in Bakirköy in Istanbul
       vorbeibringen. Ihr Ehemann Suat Çorlu war bereits Anfang April ebenfalls
       wegen angeblicher MLKP-Mitgliedschaft verhaftet worden. In der deutschen
       Öffentlichkeit, die bereits durch die Inhaftierung von Deniz Yücel
       mobilisiert war, kam es zu einer breiten Solidarisierung mit Meşale Tolu,
       insbesondere in ihrer Heimatstadt Ulm.
       
       Am 11. Oktober 2017 begann dann der Prozess gegen sie, ihren Mann und etwa
       20 weitere Angeklagte, die alle Mitglieder der verbotenen MLKP sein sollten
       und darüber hinaus wegen Terrorpropaganda, im Falle der JournalistInnen von
       Etha, angeklagt wurden. Vier Mitangeklagte wurden verurteilt, der Rest
       ebenfalls freigesprochen.
       
       Nicht zuletzt auf deutschen Druck kam Meşale Tolu Ende Dezember 2017 dann
       aus der U-Haft frei und erhielt nach weiteren sechs Monaten, in denen sie
       sich immer wieder bei der Polizei melden musste, dann auch die Erlaubnis,
       nach Deutschland auszureisen. Wenig später kam auch ihr Mann frei und
       konnte ebenfalls nach Ulm ausreisen. Während die beiden von Deutschland aus
       nun ihren Freispruch zur Kenntnis nehmen konnten, wurden die anderen
       Etha-JournalistInnen wegen „Terrorpropanda“ verurteilt.
       
       Während Meşale Tolu und Peter Steudtner, der nach vier Monaten U-Haft noch
       2017 nach Deutschland ausreisen konnte, letztendlich freigesprochen wurden,
       [2][verurteilte ein Istanbuler Gericht den Welt-Korrespondenten Deniz
       Yücel] dagegen im Juli 2020 zu 2 Jahren, 9 Monaten und 22 Tagen Gefängnis.
       Da war allerdings auch Yücel bereits seit mehr als zwei Jahren wieder in
       Deutschland. Im Moment sind immer noch mehrere Deutsch-TürkInnen in der
       Türkei in Haft, allerdings keine JournalistInnen mehr.
       
       17 Jan 2022
       
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