# taz.de -- „Querdenken“-Bewegung: Wenn Nazis linke Parolen rufen
       
       > Coronaleugner:innen skandieren auf ihren Demos Fridays for
       > Future-Parolen. Die Aneignung linker Symbole ist Strategie.
       
 (IMG) Bild: Eine Impfgegenerin bedient sich am Buffet linker Slogans
       
       Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“: Die Parole
       ist bekannt und eindeutig der Fridays-for-Future-Bewegung zuzuordnen – oder
       etwa nicht? Am Montag war sie in Goslar bei einer Demonstration fast
       identisch zu hören. Doch nicht die Klimaschutzbewegung war dort auf der
       Straße, sondern „Querdenken“ und Corona-Leugner:innen. Sie änderten nur das
       letzte Wort und riefen „raubt“ statt „klaut“.
       
       Bei anderen Protesten der Bewegung wurde der leicht abgewandelte Spruch
       ebenso skandiert, weiß Lilly Kleinkauf von Fridays for Future (FFF) aus
       Goslar. Ein „Missbrauch“, sagte sie jüngst bei [1][goslarsche.de]. Die
       FFF-Bewegung distanziert sich immer wieder von „Querdenken“ und
       Corona-Leugner:innen. Beim [2][Gegenprotest in Hamburg am Samstag] erklärte
       die FFF-Aktivistin Elisa Bas, die Wissenschaftsfeindlichkeit, die Klima-
       und Corona-Leugner:innen gemein hätten, seien für sie untragbar.
       
       Die Strategie, dass Rechte sich linke Codes, Symbole, Parolen und auch
       Aktionsformen aneignen, betrifft aber nicht nur FFF. In Hannover konnte
       kürzlich bei einer Demo gegen die Pandemie-Maßnahmen von einem Infotisch
       ein Button mit der Botschaft „Gib Gates keine Chance“ mitgenommen werden.
       Das Design erinnerte an „Gib Nazis keine Chance“, war aber mit dem Zusatz
       „Freier Impfentscheid!“ versehen. In Hamburg erklang bei einer
       „Querdenken“- Demo über einen Lautsprecher die Internationale, gesungen von
       Hannes Wader.
       
       ## Diskurs-Piraterie
       
       Diese Strategie der Aneignung nennen Regina Wamper, Helmut Kellershohn und
       Martin Dietzsch „rechte Diskurspiraterien“. In ihrem gleichnamigen Band
       führen sie aus, dass „in den letzten Jahren“ ein „verstärktes Bemühen auf
       Seiten der extreme Rechten“ zu beobachten sei, Strategien, Themen,
       Aktionsformen und „ästhetische Ausdrucksmittel linker Bewegungen zu
       adaptieren und für ihren Kampf um die kulturelle Hegemonie zu nutzen“. Die
       Intention dahinter sei, an Diskurse in der gesellschaftlichen Mitte
       anzudocken und die eigenen Positionen zu verharmlosen. Die Strategie solle
       auch bewusst die Rechts-links-Dichotomie aufbrechen. Das gelinge am besten,
       wenn linke Codes, Symbole und Parolen nur noch floskelhaft verwendet
       werden, substanzlos werden oder Teil der Popkultur sind.
       
       Das ist kein neues Phänomen. Schon vor Jahrzehnten liefen Rechtsextreme mit
       Che-Guevara-T-Shirts auf. Das Symbol „Che“ wurde neu für einen
       „Befreiungsnationalismus“ umgedeutet – der Internationalismus verschwand.
       Wamper, Kellershohn und Dietzsch weisen auch auf die Piraterie hin, die
       einst die NSDAP betrieben hat. Die Piraterie bei den Protesten gegen Masken
       und Corona-Impfung dürfte aber auch den teilnehmenden Personen geschuldet
       sein: Einzelne kommen aus dem links-alternativen Milieu.
       
       22 Jan 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.goslarsche.de/lokales/region_artikel,-parolenklau-bei-impfgegner-demos-lilly-kleinkauf-von-fridays-for-future-im-gz-interview-_arid,2385820.html
 (DIR) [2] /Aufmarsch-fuers-Impfen/!5828457
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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