# taz.de -- EU-Kommissarin zu Impfpflicht: „Überzeugung besser als Zwang“
       
       > Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides warnt vor einer Überlastung der
       > Gesundheitssysteme durch Omikron. Eine Impfpflicht sieht sie skeptisch.
       
 (IMG) Bild: Ein Mitarbeiter überprüft in einem Restaurant ein Impfzertifikat
       
       Brüssel taz | Die EU-Kommission hat sich zurückhaltend zu den [1][deutschen
       Plänen für eine Verpflichtung zur Impfung] gegen Covid-19 geäußert. „Die
       Diskussion über eine Impfpflicht muss geführt werden“, sagte
       Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides im Gespräch mit der taz und
       anderen europäischen Medien.
       
       Ein solcher Beschluss stehe in Brüssel aber nicht auf der Tagesordnung.
       Angesichts des hohen Drucks auf die Gesundheitssysteme durch [2][Omikron]
       dürfe man keine Möglichkeit ausschließen. Brüssel könne den EU-Staaten
       jedoch keine Vorschriften machen – denn die Gesundheitspolitik ist eine
       nationale Kompetenz.
       
       Derzeit seien 70 Prozent der Bevölkerung in der EU vollständig geimpft und
       40 Prozent geboostert, so Kyriakides. Das sei aber nicht genug, um
       hinreichenden Schutz zu gewähren. „Das schiere Gewicht der Zahlen, die wir
       sehen, reicht aus, um die Gesundheitssysteme potenziell zu überfordern“,
       warnte sie. Die Impfkampagne müsse daher weitergehen.
       
       Sie setze jedoch auf Freiwilligkeit. „Meiner Meinung nach ist Überzeugung
       besser als Zwang“, betonte die EU-Politikerin aus Zypern. Sie gehört der
       konservativen Partei Dimokratikos Synagermos an. Skeptisch äußerte sie sich
       auch mit Blick auf die Einschränkung sozialer Rechte für Ungeimpfte, etwa
       durch Impfnachweise. Das [3][vor einem Jahr eingeführte EU-Impfzertifikat]
       sei „eine europäische Success-Story“. Es sei jedoch für die Reisefreiheit
       gedacht – und nicht für den Zugang zu Dienstleistungen wie Restaurants oder
       Kinos.
       
       ## Strategie der EU-Länder oft unterschiedlich
       
       „Wir müssen auf die Ungeimpften zugehen“, sagte sie. Die von der EU
       beschafften Impfstoffe – vorwiegend von Biontech/Pfizer – seien zwar nicht
       an die Omikron-Variante angepasst, räumte die EU-Kommissarin ein. Dennoch
       böten sie den besten Schutz gegen eine schwere Erkrankung.
       
       Kyriakides wies den Vorwurf zurück, die EU-Kommission habe angesichts der
       Omikron-Welle keine Strategie. Im renommierten British Medical Journal
       hatten Anfang Januar mehr als 30 Forschende eine koordinierte Antwort
       angemahnt. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat die EU
       aufgefordert, mehr gegen Omikron zu tun. Sie stehe in engem Kontakt mit der
       WHO, entgegnete Kyriakides.
       
       Auch die neue EU-Gesundheitsbehörde Hera, die in der EU-Kommission
       angesiedelt ist, habe sich bereits mit Omikron befasst. Brüssel sei bereit,
       schnell zu reagieren, wenn sich eine neue Lage ergeben sollte, betonte sie:
       „Keine Option sollte ausgeschlossen werden“.
       
       Für Ankündigungen sei es aber noch zu früh. „Wenn wir etwas aus dieser
       Pandemie gelernt haben, dann, dass man niemals nie sagen sollte.“
       Allerdings fehle es bisher noch an den nötigen Daten, um einen
       Strategiewechsel zu vollziehen. Auch für Aussagen zu einem neuen Impfstoff
       oder einer vierten Impfung sei es zu früh.
       
       Die WHO rechnet damit, dass sich bis Ende Februar die Hälfte der Menschen
       in Europa mit Omikron infizieren könnten. Neue, an Omikron angepasste
       Impfstoffe werden jedoch erst im März erwartet. Widersprüchlich ist die
       Lage auch in den EU-Ländern. Während die Niederlande einen teilweisen
       Lockdown verhängt haben, denkt Spanien über eine Lockerung der
       Coronamaßnahmen nach.
       
       Beim EU-Gipfel im Dezember hatten die 27 Mitgliedstaaten eine enge
       Koordinierung vereinbart. Seither driften die EU-Länder jedoch immer mehr
       auseinander, Deutschland könnte die Kluft mit einer Impfpflicht weiter
       vergrößern. Am Freitag wollen sich die Gesundheitsminister*innen bei
       einer Sondersitzung um bessere Abstimmung bemühen. Mit Beschlüssen wird
       aber nicht gerechnet.
       
       20 Jan 2022
       
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