# taz.de -- Russland, Nato und Ukraine: Lasst uns miteinander reden
       
       > Moskau und der Westen sollten miteinander verhandeln. Dabei muss aber
       > auch die Ukraine einbezogen werden.
       
 (IMG) Bild: Nato-Generalsekretär Stoltenberg und der ukrainische Präsident Selenskyj am 16. Dezember im Nato-Hauptquartier
       
       Russland schlägt den USA Verhandlungen über eine neue Sicherheitsstruktur
       vor und die USA willigen ein. Eigentlich eine schöne Geste, sollte man
       meinen. Wäre da nicht dieser ultimative Unterton und die [1][Drohung mit
       Krieg]. Russland will nichts weniger als eine Garantie, die Ukraine und
       Georgien nicht in die Nato aufzunehmen. Dass die Nato diese russische
       Forderung nicht einfach so in ihre Programmatik übernehmen kann, dürfte
       auch der russischen Führung klar sein.
       
       Russlands Vorstellungen von einer neuen Sicherheitsstruktur gehen indes
       über die Frage eines Nato-Beitritts der Ukraine und Georgiens hinaus. Man
       will auch keine militärischen Aktivitäten des Bündnisses in der Nähe seiner
       Grenzen, eine Absage an Kurz- und Mittelstreckenraketen und einen Dialog
       zwischen Russland und der Nato auf ständiger Basis. Alles Forderungen, auf
       die sich die westlichen Staaten durchaus einlassen könnten, beruhten sie
       auf Gegenseitigkeit.
       
       Verhandlungen haben zwei Vorteile: Sie zielen auf Kompromisse ab und sie
       ziehen sich lange hin. Die Kontrahenten bleiben also im Gespräch. Dass
       [2][Gespräche mit Russland] erfolgreich sein können, zeigt das kaum
       beachtete Ergebnis der jüngsten Sitzung der trilateralen Kontaktgruppe, bei
       der sich die Konfliktparteien erneut, zur großen Freude der OSZE, geeinigt
       haben, den Waffenstillstand in der Ostukraine einzuhalten und auch Feuer
       der anderen Seite nicht zu erwidern.
       
       Es stellt sich jedoch die Frage, warum nur über die Sicherheitsbedürfnisse
       von Nato und Russland verhandelt werden soll. Die Ukraine hat schließlich
       ebenfalls sicherheitspolitische Bedürfnissen. Auch Selenski möchte mit
       Putin verhandeln.
       
       ## Der Ukraine droht eine Energiekrise
       
       Gefahr droht der Ukraine zudem von anderer Seite: Jüngst warnte der
       ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU vor einer Energiekrise. Angesichts
       [3][niedriger Kohlevorräte] könnten in ganzen Regionen die Heizungen
       ausfallen, auch Stromausfälle drohen.
       
       Sollte es so kommen, sind soziale Unruhen, aber auch technogene
       Katastrophen nicht mehr ausgeschlossen. Nicht auszumalen, welche Folgen
       Stromausfälle im großen Stil auf die hoch industrialisierte Ukraine hätten.
       Dann wäre das Land ohne einen einzigen Schuss destabilisiert.
       
       Solidarität mit der Ukraine bedeutet also nicht nur, ihre
       Sicherheitsbedürfnisse in die Verhandlungen zwischen Nato und Russland
       einzubringen. Der Ukraine, die derzeit täglich Strom aus Belarus
       importiert, muss geholfen werden, energietechnisch von Russland und Belarus
       unabhängig zu werden, auch mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und einem
       Umstieg ins europäische Stromleitungsnetz.
       
       23 Dec 2021
       
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