# taz.de -- Spannungen im Ukraine-Konflikt: Angst vor russischer Invasion
       
       > Laut Medienberichten könnte Russland schon Ende Januar in die Ukraine
       > einmarschieren. Der Verteidigungsminister hält dies jedoch für
       > vermeidbar.
       
 (IMG) Bild: Noch wirkt alles ganz entspannt: Ukrainische Soldatin in der Nähe der Donezk-Region
       
       Kiew taz | Längst haben die Nachrichten von einem möglicherweise
       bevorstehenden russischen Einmarsch andere Schlagzeilen von den
       ukrainischen Nachrichtenportalen verdrängt. Neben Nachrichten von
       US-amerikanischen Medien wie der Washington Post und der Nachrichtenagentur
       AP, die sich auf Quellen aus dem Umfeld der Geheimdienste berufen und denen
       zufolge Moskau 175.000 Soldaten in der Nähe der Grenze zur Ukraine
       stationieren wolle, wird nun ein Bericht der Bild-Zeitung über einen
       bevorstehenden Einmarsch russischer Truppen weitgehend unkommentiert in
       ukrainischer und russischer Sprache veröffentlicht.
       
       Ende Januar oder Anfang Februar, so ukrainische Medien unter Berufung auf
       die Bild-Zeitung, sei mit diesem Einmarsch zu rechnen. Dieser, so Bild,
       werde in einem ersten Schritt im Süden erfolgen. Damit wäre die Ukraine vom
       Meer abgeschnitten.
       
       „Meine Ernennung zum neuen Verteidigungsminister der Ukraine Anfang
       November stand im Zeichen einer Welle wachsender internationaler Besorgnis
       über Russlands jüngste militärische Aufrüstung entlang der ukrainischen
       Grenze“, reagiert Verteidigungsminister Alexei Resnikow auf der Plattform
       des [1][„Atlantic Council“] auf die Bedrohung aus dem Nachbarland. „Bei
       dieser Konzentration von Truppen und Panzern geht es um Vorbereitungen für
       eine groß angelegte Invasion in die Ukraine in den kommenden Monaten.“
       
       Resnikow geht davon aus, dass Russland aufgrund seiner militärischen
       Überlegenheit zwar die Ukraine militärisch ausmanövrieren und auch Gebiete
       erobern könne. Russland werde aber scheitern, weil es eroberte Gebiete
       nicht werde halten können. Letztlich wäre auch die Stabilität Europas, das
       mit 3 bis 5 Millionen ukrainischen Flüchtlingen rechnen müsse, von einem
       Angriff betroffen, so Resnikow. Auch betont der Verteidigungsminister, dass
       eine Invasion immer noch vermeidbar sei.
       
       „Ein Einmarsch in die Ukraine wäre das Ende für Russland“ 
       
       Auch Oleksiy Arestowitsch, Sprecher der ukrainischen Delegation in der
       Trilateralen Kontaktgruppe der OSZE, hat Hoffnung, dass es nicht zu einem
       Einmarsch kommen werde. „Russland droht mit einer groß angelegten Invasion
       in der Ukraine, aber in Wirklichkeit blufft Moskau nur. Der Kreml ist sich
       darüber im Klaren, dass ein direkter militärischer Einmarsch in der Ukraine
       das Ende sowohl der russischen Armee als auch Russlands bedeuten würde“,
       zitiert das Portal [2][slovoidilo.ua] den Berater des ukrainischen
       Präsidenten. Auch die [3][Ratingagentur Fitch] hält einen
       russisch-ukrainischen Krieg für wenig wahrscheinlich.
       
       Wenig hält man in der russischen Regierung von dem Bild-Artikel. „Der Plan
       von einem Einmarsch der Russischen Föderation in die Ukraine von der
       Bild-Zeitung ist absurd und offensichtlich unter Nutzung von Materialien
       aus dem Büro des ukrainischen Präsidenten und US-amerikanischer Medien
       verfasst worden“, kommentiert die Sprecherin des russischen
       Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Telegram den Bild-Artikel, der für
       sie nichts als „Propaganda“ sei.
       
       Auch die Ukraine bereitet sich militärisch auf eine Auseinandersetzung vor.
       Weitaus mehr als bisher angenommen, habe die Ukraine türkische Drohnen
       Bayraktar in der Türkei eingekauft, berichtet die Agentur [4][Bloomberg].
       Diese Drohnen werden von den von Russland unterstützten Aufständischen der
       Ostukraine besonders gefürchtet, hatten sie doch im
       armenisch-aserbaidschanischen Krieg im November 2020 eine für Aserbaidschan
       kriegsentscheidende Rolle gespielt. Inzwischen setzt die Ukraine auch die
       von den USA gelieferten Panzerabwehrwaffen Javelin ein. Im Internet
       kursiert ein Video, das die Vernichtung von zwei Panzern der „Volksmiliz
       von Luhansk“ durch Javelin-Waffen zeigt.
       
       Mittlerweile ist auch der zivile Flugverkehr von den jüngsten Spannungen
       betroffen. So musste ein Airbus A330-300 der russischen Airline Aeroflot,
       der von Tel Aviv nach Moskau unterwegs war, wegen eines Nato-Flugzeugs, das
       einen zivilen Luftkorridor kreuzte, den Kurs ändern, berichtet die
       russische Luftverkehrsagentur.
       
       Seit Februar 2014 kämpfen von Russland unterstützte Aufständische in den
       ostukrainischen „Volksrepubliken“ von Donezk und Luhansk gegen ukrainische
       Streitkräfte. Auslöser war die prowestliche Maidan-Revolte gegen den
       korrupten Präsidenten Wiktor Janukowitsch. 127 Menschen starben bei diesen
       Unruhen im Zentrum von Kiew.
       
       Wenige Wochen später hatten von Russland unterstützte Aufständische die
       Städte Luhansk und Donezk eingenommen. 13.000 Menschen kamen laut UNHCR ums
       Leben gekommen, 1,5 Millionen mussten fliehen, Aufnahme hatten sie vor
       allem in anderen Orten der Ukraine gefunden. Mit sehr viel mehr
       Geflüchteten müsste die EU im Falle einer Eskalation der jetzigen Lage
       rechnen.
       
       5 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/europes-future-will-be-decided-in-ukraine/
 (DIR) [2] https://www.slovoidilo.ua/2021/10/25/novyna/bezpeka/pryamyj-napad-rosijskyx-vijsk-ukrayinu-stane-kincem-rosiyi-arestovych
 (DIR) [3] https://www.fitchratings.com/research/sovereigns/fitch-affirms-russia-at-bbb-outlook-stable-03-12-2021
 (DIR) [4] https://www.bloomberg.com/news/articles/2021-12-03/ukraine-buys-more-armed-drones-from-turkey-than-disclosed-and-angers-russia
       
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 (DIR) Bernhard Clasen
       
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