# taz.de -- Debütalbum von Laura Lee & The Jettes: Die Boys plattwalzen
       
       > Die Band Laura Lee & The Jettes empfiehlt sich auf ihrem Debütalbum
       > „Wasteland“ mit scharfen Texten und heavy Gitarren. Ihr Sound ist
       > detailliert.
       
 (IMG) Bild: Die Sängerin mit ihrer Band der „Weggeworfenen“: Laura Lee & The Jettes
       
       Schon mal beim Späti-Einkauf von einem Unbekannten nach der Handynummer
       gefragt worden? Oder direkt von einer Kleinanzeigen-Bekanntschaft zum Date
       gebeten worden? Nein? Dann bist du wohl ein Mann. Daher der dringende Rat:
       Sofort das Debütalbum „Wasteland“ von Laura Lee & The Jettes anhören.
       
       Konkret geht es um die Singleauskopplung „Craigslist Boy“, in der
       Bandleaderin Laura Lee genau solche übergriffigen Erfahrungen aus
       weiblicher Perspektive beschreibt. Warum „Boys“ hartnäckig bleiben, egal
       wie abweisend Frauen sie behandeln. Dabei ist es doch ganz einfach: „If I
       was into you / You’d know“, wie Laura Lee singt. Oder fordert. Oder brüllt.
       
       Laura Lee ist bekannt als eine Hälfte [1][des Berliner Indierock-Duos
       Gurr], das die 31-Jährige zusammen mit Andreya Casablanca betreibt.
       Momentan sind beide Künstlerinnen auf Solopfaden unterwegs, um eigene
       Projekte zu verfolgen: Laura Lee hat dazu eine Gruppe von „Weggeworfenen“
       um sich geschart: Ihre dreiköpfige Begleitband heißt The Jettes, entlehnt
       vom französischen Verb jeter.
       
       [2][„Wasteland“, das Laura Lee & The Jettes heute veröffentlichen], ist ein
       Statement: Ihre Texte sind deutlich, manchmal scharf und wütend formuliert,
       aber auch musikalisch drückt sie mit ihrer Band auf die Tube, sodass die
       Songs tief im Sound der 1990er landen! Die Musikerinnen arbeiten spannende
       Elemente aus diesem musikalisch mitunter ambivalenten Jahrzehnt heraus.
       
       Da ist zum einen ihr brachialer, aber nie zu ehrfürchtiger Rocksound, der
       manchmal an die Zeiten von Grunge erinnert, zum anderen sind da wohlige
       Gitarrenriffs, die die Hörenden umschmeicheln. Geradezu in Melancholie
       badet zum Beispiel der Song „Daylight“. Er weckt Erinnerungen an den Hit
       „1979“ der US-Band Smashing Pumpkins. Ähnlich deren Sänger Billy Corgan
       lullt Laura Lee die Hörenden mit ihrer sanften Stimme ein. Dazu probiert
       die Band die gleiche Kombination aus treibendem Beat und poppiger
       Rhythmusgitarre, klingt aber nicht so maskulin.
       
       ## Sie wissen, wann sie zurückstecken müssen
       
       Genauso drehen Laura Lee & The Jettes im Auftaktsong „Wasteland“, in dem
       die heavy Gitarrenriffs im Mittelpunkt stehen. Hier erinnert die Musik
       wiederum an die frühen Foo Fighters, wenn die bratzigen Gitarren und der
       gemächliche Rhythmus zum Kopfnicken animieren, und doch klingt es nie so
       selbstzufrieden. Denn The Jettes wissen auch, wann sie zurückstecken
       müssen, damit Laura Lee mit ihrer Stimme glänzen kann. Immer wieder
       verstummen die Heavy Riffs in „Wasteland“ abrupt und der Fokus liegt auf
       der Sängerin.
       
       Besonders im Song „Caterpillar“ packen Laura Lee & The Jettes wortwörtlich
       die Kettenraupe aus und walzen platt. Der repetitive Rhythmus, inspiriert
       vom frühen Krautrock, hat etwas Hypnotisches. Auf dem Höhepunkt des Songs
       kommen dazu sphärische Riffs, die langsam über dem Drumbeat schweben und
       zum Rhythmus die Antithese bilden. Diese Kombination lässt die Hörenden
       vollends wegschweben.
       
       „Caterpillar“ führt exemplarisch vor, was auf „Wasteland“ sehr gut gelungen
       ist: Die Musik ist dicht produziert, doch die aufeinander geschichteten
       Instrumente und Klangwände sorgen nicht für einen charakterlosen Soundbrei,
       stattdessen sind die Details kunstvoll arrangiert. Die Hörenden werden an
       die Hand genommen und durch die Spannungsbögen geführt, die jeder Song
       aufmacht. Dadurch herrscht Klarheit, auch wenn in der Songstruktur viel los
       ist.
       
       Mit dem Finale „Swirl in the Haze“ beschließen Laura Lee & The Jettes ihren
       Reigen mit einem verträumten Stück, das wie das gesamte Album noch länger
       im Ohr nachklingt. Zurück bleiben herrliche Ambivalenzen: klare Ansagen
       neben zweifelnden Zeilen, rockige Härte neben poppiger Melancholie.
       „Wasteland“ ist ein Debüt, das die musikalischen Bezüge auf Vergangenes
       nicht versteckt, aber trotzdem nicht zeitgenössischer sein könnte.
       
       3 Dec 2021
       
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