# taz.de -- Mit 860 Milliarden Euro bis 2030: Industrie will sich selbst retten
       
       > Der BDI legt einen Plan vor, wie Deutschland die Treibhausgasemissionen
       > mindern kann. Dabei geht es vor allem um sehr viel Geld.
       
 (IMG) Bild: Allein für die Infrastruktur sind fast eine Viertelbillion Euro nötig: Wasserstoffhersteller Sunfire
       
       Berlin taz | Die Industrie stemmt sich nicht mehr gegen den Klimaschutz,
       [1][sie warnt nicht mehr vor Jobverlusten und einer deindustrialisierten
       Republik] – im Gegenteil. Der Bundesverband der Deutschen Industrie, der
       BDI, ist einer der mächtigsten Interessenvertretungen der Republik. Am
       Donnerstag, dem Tag, an dem SPD, Grüne und FDP ihre [2][Verhandlungen für
       eine Ampelkoalition] gestartet haben, stellte er einen groß angelegten Plan
       vor, wie Deutschland die selbst gesteckten Klimaschutzziele erreichen kann.
       
       Die Ziele selbst würden die Unternehmen nicht mehr infrage stellen, meinte
       BDI-Chef Siegfried Russwurm, sie hätten „die politischen Vorgaben
       akzeptiert“. Die Industrie will damit auch sich selbst retten.
       
       VW-Chef Herbert Diess machte unlängst deutlich, worum es beim Umbau geht.
       Er twitterte: „Präsident Biden steigt auf E-Mobilität um, ist auch für die
       deutsche Politik 5 vor 12. Sonst fahren wir bald hinterher beim Kampf gegen
       den #Klimawandel.“ US-Präsident Joe Biden hatte schon in seinem Wahlkampf
       betont, dass Investitionen in Klimaschutz „Millionen gut bezahlter Jobs“
       schaffen könnten, neue Exportmärkte erschließen würden.
       
       Die Unternehmen stehen unter Druck. Biden verspricht, die Emissionen zu
       senken, [3][Staaten setzen sich Klimaziele. Und Europa plant den Green
       Deal]. Scheitere Deutschland, werde der Wohlstand des ganzen Landes
       gefährdet, warnte Russwurm. „Wir wollen Vorbild bleiben“, sagte er,
       „zeigen, dass Klimaschutz made in Germany funktioniert.
       
       ## Klare Vorgaben
       
       „Für einen überraschend großen Teil des Zielpfades ist ein Lösungsweg
       ersichtlich, und die meisten Technologien dafür sind bekannt“, heißt es in
       dem Plan, der von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG)
       begleitet und mit zahlreichen Firmen rückgekoppelt wurde. Der Titel lautet:
       „Klimapfade 2.0 – Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft“.
       
       So müssten etwa die Stahl-, Chemie-, Kalk- und Zementindustrien, die
       derzeit für über die Hälfte der deutschen Industrieemissionen
       verantwortlich sind, ihren Anlagenpark erneuern. Bis 2030 müsse fast jedes
       neue Auto einen alternativen Antrieb besitzen, auch neue Lkws sollen zu 70
       Prozent mit Batterie oder Brennstoffzelle fahren. Ab 2023 soll, wer seine
       Heizung erneuert, nicht wieder Öl- und Gaskessel einbauen, sondern auf
       Wärmepumpen oder Fernwärme umstellen. Außerdem sollen mehr Häuser
       energetisch saniert werden. Die Emissionen aus der Landwirtschaft sollen
       sinken, weniger Fleisch gegessen werden.
       
       ## Anspruch: Verdoppeln
       
       Da künftig viele Prozesse mit Strom liefen, verdoppele sich der
       Nettostromverbrauch bis 2045 im Vergleich zu 2019 – auf 993
       Terawattstunden. Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik müsse bis 2030
       verdoppelt, der von Stromleitungen beschleunigt werden. Gaskraftwerke
       sollen die erneuerbaren Energien in einer Übergangsphase ergänzen und
       später auf Wasserstoff umgestellt werden.
       
       Um das zu schaffen, müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren
       vereinfacht, die Verwaltung digitaler werden. Es stehe, so die
       Industrievertretenden, ein „Transformationsprojekt von historischer
       Tragweite“ bevor. Dabei geht es ihnen um Planungssicherheit – und Geld.
       
       Sie rechnen vor, was bis 2030 zusätzlich investiert werden müsste: 860
       Milliarden Euro, also etwa 100 Milliarden jedes Jahr. Mehr als die Hälfte
       entfalle auf die Bereiche Industrie und Energie. Dort seien vor allem
       Unternehmen gefragt, erklärte Jens Burchardt von BCG. In etwa die Hälfte
       der nötigen Investitionen seien schon angestoßen, für den Rest brauche es
       noch Anreize.
       
       21 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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