# taz.de -- Regierungskrise in Rumänien: Ein Exgeneral soll es richten
       
       > Wieder nimmt in Rumänien ein neuer Kandidat Anlauf für die Bildung einer
       > Regierung. Derweil explodieren die Neuinfektionen mit Sars-Cov-2.
       
 (IMG) Bild: Kein Bett für Covid-Patienten mehr frei: Das Bagdasar-Arseni-Krankenhaus in Bukarest
       
       Berlin taz | Das rumänische Parlament hat am Mittwoch mehrheitlich dem von
       Präsident Klaus Johannis vorgeschlagenen Regierungschef und Vorsitzenden
       der reformistisch-neoliberalen USR-PLUS Dacian Cioloş und seiner Regierung
       das Vertrauen verweigert. Jetzt soll es der Reservegeneral und frühere
       Generalstabschef der Armee Nicolae Ciucă richten, der mit der
       Regierungsbildung betraut wurde.
       
       Auslöser der jüngsten politischen Krise war [1][ein Misstrauensantrag vom
       5. Oktober], der die bis dahin amtierende Regierung unter dem
       Nationalliberalen Premier Florin Cîţu zu Fall brachte. Dem voraus gegangen
       war ein Rückzug der reformistisch-neoliberalen USR-PLUS, die einen Wechsel
       im Amt des Regierungschefs zu einer Bedingung für einen erneuten Eintritt
       in die Regierung gemacht hatte. Doch Staatschef Johannis hielt zunächst an
       Cîţu fest, schlug jedoch Cioloş als Ministerpräsidenten vor.
       
       Dass der am Mittwoch krachend durchfiel, war auch der erneuten Nominierung
       von Ioana Mihăilă für den Posten der Gesundheitsministerin geschuldet. Denn
       in dieser Eigenschaft hatte sie es versäumt, die notwendigen sanitären und
       administrativen Maßnahmen zur Eindämmung der angekündigten vierten
       Coronawelle vorzubereiten.
       
       Und die hat Rumänien voll erwischt. Bei einer Impfquote von derzeit nur 30
       Prozent erreichte die Zahl der Neuinfektionen am Mittwoch mit 18.863
       bestätigten Ansteckungen einen neuen Höchststand. Die Dunkelziffer dürfte
       um ein Vielfaches höher liegen. Gleichzeitig wurden 561 neue Todesfälle im
       Zusammenhang mit Corona gemeldet. Das heißt, alle fünf Minuten stirbt in
       Rumänien ein an Corona erkrankter Mensch. [2][Auf den überlasteten
       Intensivstationen] werden 1.805 schwerkranke Patienten behandelt. Es fehlt
       an Medikamenten, das Krankenhauspersonal ist völlig erschöpft.
       
       ## Flut von Vorwürfen
       
       Unzählige Krankenwagen warten stundenlang vor den Notaufnahmen bis ein
       Platz frei wird, um Patienten einliefern zu können. Ein Bukarester Arzt
       berichtete im rumänischen Fernsehen, dass Kranke auf den Fluren der
       Kliniken in Feldbetten untergebracht und notversorgt werden müssten.
       Inzwischen seien auch die Leichenschauhäuser mit den vielen Toten
       überfüllt.
       
       Die rumänische Presse spricht von einer nie dagewesenen „humanitären
       Katastrophe“ und überschüttet die Regierungsbehörden und den
       Staatspräsidenten mit einer Flut von Vorwürfen.
       
       Noch im Sommer hatten Johannis und sein damaliger Premier Cîţu vollmundig
       verkündet, die Epidemie sei in Rumänien besiegt, was zu Lockerungen und zu
       einem oberflächlichen Umgang mit der weiterhin bestehenden
       Ansteckungsgefahr führte. Widersprüchliche Erklärungen und Maßnahmen
       seitens der Regierung erhöhten die weit verbreitete Impfskepsis der
       Bevölkerung und die Zahl der Maskenverweigerer.
       
       Hinzu kam die Haltung einflussreicher orthodoxer Bischöfe und Priester, die
       sich als überzeugte Impfgegner in den Medien äußerten und auf diese Weise,
       maßgeblich zur Verbreitung des Virus beitrugen.
       
       ## Kommunion ohne Schutzmaßnahmen
       
       Anlässlich einer kürzlich in Iaşi stattgefundenen Wallfahrt, wurde eine
       Gläubige gefilmt, die Schutzmasken auf den Sarg einer Heiligen legte, um
       sich auf diese Weise vor einer eventuellen Infektion zu schützen. Der Sarg
       mit den Überresten der Heiligen wurde von Tausenden von Pilgern berührt und
       geküsst.
       
       Einer der einflussreichsten Impfgegner ist Metropolit Teodosie aus der am
       Schwarzen Meer gelegenen Hafenstadt Constanţa. Er spendet den Gläubigen die
       Kommunion, ohne jegliche Schutzmaßnahmen zu beachten. Den geweihten Wein
       teilt er mit dem gleichen Löffelchen aus und behauptet, eine
       Covid-19-Ansteckung sei auf diesem Wege ausgeschlossen.
       
       Doch jetzt schlägt Johannis ganz andere Töne an. In einer Fernsehansprache
       am Mittwoch nannte er die bisherige Tatenlosigkeit der zuständigen Behörden
       erschreckend und kündigte harte „restriktive Maßnahmen“ an, um die
       dramatische Ausbreitung der Infektionen zu stoppen.
       
       Doch um diese Maßnahmen durchzusetzen, braucht es eine stabile und
       funktionsfähige Regierung. Wann die jedoch kommen wird, ist derzeit nicht
       absehbar.
       
       21 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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