# taz.de -- Die Wahl für Lastenradfahrer*innen: Der AfD ist das Rad egal
       
       > Eine Milliarde für den Kauf von Lastenrädern hatten die Grünen im August
       > vorgeschlagen. Sie ernteten Spott und Häme. Dabei ist der Vorschlag
       > sinnvoll.
       
 (IMG) Bild: Zu teuer und zu sperrig? Argumente, die wohl eher auf Autos denn auf Lastenräder zutreffen
       
       Berlin taz | „Eine Förderung für Lastenräder halte ich für sehr richtig“,
       erklärte Annalena Baerbock Ende August. Der Vorschlag der Grünen: den Kauf
       von bis zu einer Million solcher Räder [1][mit je tausend Euro
       bezuschussen.] Denn: „Lastenrädern kommt in der Verkehrswende eine
       wesentliche Bedeutung zu.“ Und [2][ein Orkan der Entrüstung entlud sich.]
       Nun, so hieß es in Kommentarspalten großer Medienportale, sollen unsere
       Steuergelder auch noch für dieses „lifestyle-Objekt hipper Großstädter“
       herhalten?
       
       Nur ist der Vorschlag, Transporträder zu bezuschussen, gar kein so ganz
       neuer. Es gibt dafür bereits seit Längerem Förderprogramme auf Bundes-,
       Landes- und kommunaler Ebene. Und es sind bei Weitem nicht nur die Grünen,
       die diese Programme aufgelegt haben. In Nordrhein-Westfalen wurde bereits
       2018 unter CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet eine Kaufprämie für
       E-Lastenräder eingeführt.
       
       Und auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bewarb immer wieder
       prominent die Potenziale von Lastenrädern im Wirtschaftsverkehr, zuletzt
       legte er im Juni einen Leitfaden für Lastenradtransporte in der
       City-Logistik vor. Und so gibt es gerade in Bayern rund 40 kommunale
       Förderprogramme.
       
       Bundesweit richten sich die meisten Programme allerdings an Unternehmen,
       manche auch an Selbstständige oder Vereine. Einige Programme fördern
       ausschließlich den Kauf von E-Lastenrädern, bei anderen gibt es aber auch
       für simple Fahrradanhänger Geld. Kurzum: Es ist unübersichtlich. Schon
       allein deshalb wäre eine einheitliche Regelung begrüßenswert. Ebenfalls
       gut: Der Vorschlag der Grünen wendet sich explizit auch an Privatpersonen,
       zum Beispiel an Familien.
       
       Damit die Verkehrswende gelingt, muss der motorisierte Individualverkehr
       reduziert werden. Das kann man mit Verboten oder Spritpreiserhöhungen
       erreichen. Oder man fördert die Alternativen zum Auto. Davon möchten
       Autofahrer*innen natürlich nichts wissen. Sie argumentieren lieber,
       dass Lastenräder vor allem viel Platz wegnehmen und viel kosten. Argumente,
       die wohl eher auf Autos zutreffen.
       
       Das Thema Fahrrad kommt in den Wahlprogrammen fast aller großen Parteien
       vor. Nur die AfD hat das Rad nicht auf dem Schirm und möchte „den
       motorisierten Verkehr“ schützen. FDP sowie CDU/CSU thematisieren vor allem
       sichere Radwege und den Ausbau von Radschnellwegen. Auch der SPD ist das
       Thema Sicherheit für Radfahrende im Programm wichtig. Eine explizite
       Kaufprämie für Lastenräder hat außer den Grünen jedoch nur die Linke im
       Programm. Die fordert im Unterschied zu den Grünen allerdings einen höheren
       Zuschuss für gemeinschaftlich angeschaffte Transporträder als für private.
       
       Einfache Lastenradmodelle gibt es aktuell für unter zweitausend Euro. Mit
       E-Antrieb legt man noch mal dreitausend drauf. Gerade bei jungen Familien
       ist das Geld knapp, der Bedarf an Dingen aber groß. Die Entscheidung fürs
       Rad würde sicher mit staatlichem Zuschuss befördert.
       
       Und profitieren dann wirklich nur Großstädter*innen? In dem
       10.000-Einwohner-Ort, in dem ich aufgewachsen bin, fährt man Auto. Zum
       Supermarkt, zum Sport, zu Bekannten. Man bringt damit auch die Kinder zur
       Schule. Sehr viele dieser Autofahrten könnten eingespart werden, wenn die
       Menschen eine Alternative hätten. Niemand will ihnen das Auto verbieten.
       Aber mit Lastenrädern könnte vielleicht schon der teure Zweitwagen
       wegfallen.
       
       Vor 15 Jahren habe ich in Amsterdam zum ersten Mal Lastenräder gesehen.
       Überall flitzten Menschen damit in der Stadt herum. Es schien ein absolut
       alltägliches Fortbewegungsmittel. Ich war sofort völlig angefixt: Das
       wollte ich auch. Zurück in Deutschland kauften wir dann ein dänisches
       Modell. Es kostete damals knapp zweieinhalbtausend Euro. Mit Förderung wäre
       uns der Kauf leichter gefallen.
       
       Wir haben mit dem Rad unser Kind nebst Freund*innen durch die Stadt
       bewegt. Wir haben Ikea-Einkäufe befördert, Wasserkisten, Blumenerde in
       80-l-Säcken, Sperrmüll, Bauschutt und einen überdimensionierten
       Echtholz-Schreibtisch aus der Kleinanzeige. Neben den Anschaffungskosten
       hatten wir in den letzten 15 Jahren noch Reparaturausgaben im dreistelligen
       Bereich. Ein Auto hatte ich übrigens noch nie. Ein Lastenrad ist nämlich
       eine super Alternative.
       
       24 Sep 2021
       
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